Kinder werden im Strafjustizsystem Burundis Opfer schwerer Misshandlungen, erklärte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Häufig werden sie wie Erwachsene behandelt.
„Bisweilen foltert man Kinder, um von ihnen Geständnisse zu erhalten. Sie haben meist keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand oder einem Vertreter vor Gericht“, sagte Alison Des Forges aus der Afrika-Abteilung von Human Rights Watch. „Kinder werden gemeinsam mit Erwachsenen über Monate oder sogar Jahre unter schrecklichen Bedingungen in überfüllten Gefängnissen inhaftiert, während sie auf ihr Verfahren warten.“
Der 62-seitige Bericht “Paying the Price: Violations of the Rights of Children in Detention in Burundi” dokumentiert, wie die Menschenrechte von Kindern in Untersuchungshaft, während der Ermittlungen, des Prozesses und der Haft verletzt werden.
Basierend auf Interviews mit mehr als 100 Kindern, mit Staatsanwälten und mit Gefängniswärtern, schildert der Bericht, wie Kinder in den Gefängnissen von Mitgefangenen körperlich und sexuell misshandelt werden, unter Nahrungsmangel, schlechten hygienischen Bedingungen leiden und keinerlei Schulbildung erhalten. Bei ihren Untersuchungen besuchten die Mitarbeiter von Human Rights Watch zehn der insgesamt elf Gefängnisse in Burundi.
Ende 2006 waren mehr als 400 Kinder zwischen 13 und 18 Jahren in den Gefängnissen Burundis, viele weitere wurden in kommunalen Hafteinrichtungen oder in Polizeigewahrsam festgehalten.
In Burundi gibt es kein Jugendstrafrecht. Nach geltendem Recht liegt die Strafmündigkeit bei 13 Jahren. Minderjährige zwischen 13 und 18 Jahren, die einer Straftat schuldig gesprochen werden, können nur jene Hafterleichterungen erhalten, die auch Erwachsenen bei dem gleichen Tatbestand zukommen. Es gibt zurzeit keine Alternativen zur Inhaftierung von Kindern, und es existieren keine Hilfsangebote für die Zeit nach der Entlassung.
Burundis Parlament berät derzeit über Vorschläge zur Änderung des Strafrechts. Diese würden die Behandlung straffälliger Kinder verbessern, wenn sie verabschiedet, finanziert und vollständig umgesetzt würden. Sie würden das Alter der Strafmündigkeit auf 15 Jahre erhöhen und Alternativen zur Gefängnishaft schaffen.
„Burundis Parlament sollte das Strafrecht ändern, um die Rechte der Kinder besser zu schützen”, so Des Forges. „Geberländer sollten auf die Durchsetzung dieser Reformen drängen, damit Kinder im burundischen Rechtssystem nicht mehr wie Erwachsene behandelt werden.“
Human Rights Watch forderte die Regierung Burundis und Geldgeber im Justizsektor, wie das Departement for International Development in Großbritannien (DFID) und die Europäische Kommission, auf, sich für ein Jugendstrafsystem einzusetzen, das auf den internationalen Standards für Kinderrechte beruht. Es sollte in erster Linie auf Rehabilitierung, soziale Wiedereingliederung und auf Alternativen zur Gefängnishaft setzen.
Aussagen minderjähriger Häftlinge
„Einige Erwachsene hier waren sehr gemein zu uns. Den Schwerverbrechern muss man so gut wie möglich aus dem Weg gehen. Die zum Tode verurteilten bedrohen uns manchmal. Sie tun uns nicht jeden Tag weh, aber sie schlagen uns.“
- Gaspar N., 15 Jahre, angeklagt wegen Diebstahls, Ruyigi-Gefängnis, 25. Mai 2006.
„Das erste Mal war ich unter der Dusche, die sehr klein war. Ein Erwachsener kam herein. Er drückte sich gegen mich und drang in mich ein. Er war sehr viel größer als ich, deshalb konnte ich nichts machen. Ich hatte Schmerzen. Ich hatte zu viel Angst, jemandem davon zu erzählen. Er belästigte mich immer wieder. Ich habe den Wärtern nie davon erzählt. Meine Nieren und mein Magen tun mir immer noch weh. Ich habe oft Durchfall.“
- Adolph M., 17 Jahre, angeklagt wegen Diebstahls, Gitega-Gefängnis, 2. Mai 2006.
„Es fällt mir schwer zu schlafen, da wir ungefähr 27 in einem Zimmer sind. Einige von uns müssen die ganze Nacht sitzen. Es gibt keine speziellen Duschen und Toiletten für uns Kinder. Es ist schlimm für die Kinder, wenn die Erwachsenen in den Badezimmern sind. Ich kontrolliere immer, wer dort ist, bevor ich duschen gehe.“
- Jean-Bosco S., 14 Jahre, angeklagt wegen Diebstahls, Ruyigi-Gefängnis, 25. Mai 2006.
„Mein Problem hier ist, dass ich mich sehr einsam fühle. Ich bin die ganze Zeit einsam. Ich komme von weit weg; niemand kommt mich besuchen. Vor einem Jahr habe ich das letzte Mal jemanden gesehen, den ich kannte.“
- Donatien C., 14 Jahre, sitzt eine 10-jährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung ab, Gitega-Gefängnis, 23. Mai 2006.