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Mali: Lebenslange Sperre für Mädchentrainer wegen sexuellen Missbrauchs

FIBA bestraft 5 Funktionäre, muss aber Täter ausschließen und Zeug*innen schützen

Malische Nationalspielerinnen vor ihrem Basketball-WM-Spiel in der Gruppe B gegen Serbien in Sydney, Australien, 26. September 2022. © 2022 BRENDON THORNE/AFP via Getty Images

(New York) - Die Sanktionen des Internationalen Basketball-Verbandes (FIBA) gegen Spitzenfunktionär*innen des Frauenbasketballs in Mali bestätigen die Notwendigkeit, den systematischen Missbrauch junger Sportler*innen zu beenden, so Human Rights Watch heute. Die Ernennung eines weiteren Funktionärs, der des Missbrauchs verdächtigt wird, zum Chef des malischen Basketballverbands (FMBB) gibt Anlass zur Sorge und zeigt, dass eine kontinuierliche Überwachung durch die FIBA und das Internationale Olympische Komitee dringend erforderlich ist.

Am 21. Juni 2023 verhängte die FIBA eine lebenslange Sperre gegen Amadou Bamba, den ehemaligen Trainer der malischen Frauen-Basketball-Nationalmannschaft, sowie Sanktionen gegen vier weitere Spitzenfunktionäre. Zu diesen gehört auch der ehemalige Präsident des nationalen Verbandes, Harouna Maiga. Im Juni 2021 hatte Human Rights Watch einen Bericht über sexuelle Nötigung von Kindern und Vertuschung von Missbrauch in der FMBB veröffentlicht.

„Der Bericht der FIBA bestätigt den jahrelangen systematischen Missbrauch von jugendlichen Basketballspielerinnen in Mali“, sagte Minky Worden, Direktorin für globale Initiativen bei Human Rights Watch. „Es ist zwar wichtig, dass einige Spitzenfunktionäre bestraft wurden, aber es gab keine Form der Abhilfe oder Entschädigung für die jugendlichen Sportlerinnen, die Missbrauch gemeldet hatten und Repressalien ausgesetzt waren. Stattdessen steht ein involvierter Funktionär nun an der Spitze des Basketballs in Mali.“

Nachdem Human Rights Watch und die New York Times sexuellen Missbrauch im malischen Basketball dokumentiert hatten, beauftragte die FIBA den kanadischen Anwalt und FIBA-Integritätsbeauftragten Richard McLaren mit einer unabhängigen Untersuchung. McLarens 149-seitiger Bericht, der im September 2021 veröffentlicht wurde, bestätigte Berichte über sexuelle Ausbeutung, Nötigung und Vergeltungsmaßnahmen innerhalb der FMBB und enthüllte eine „institutionalisierte Akzeptanz von sexuellem Missbrauch“.

Doch der ehemalige FMBB-Präsident Jean-Claude Sidibé, dem der McLaren-Bericht vorwarf, Zeug*innen bedroht und gegen die angebliche „Null-Toleranz“-Politik der FIBA bei sexuellem Missbrauch verstoßen zu haben, wurde im Dezember 2022 erneut zum Präsidenten des malischen Basketballverbands ernannt.

Die Empfehlung des McLaren-Berichts, die FIBA-Disziplinarkommission solle die gegen Sidibé zusammengetragenen Beweise untersuchen und seine Eignung als Kandidat für ein offizielles Amt prüfen, wurde offenbar ignoriert.

Im Juli 2021 verhafteten die malischen Behörden Bamba, den damaligen Cheftrainer der malischen U18-Basketball-Nationalmannschaft der Frauen, und klagten ihn wegen „Pädophilie, versuchter Vergewaltigung und Belästigungan. Darüber hinaus wurde der ehemalige Verbandspräsident Harouna Maiga mit einem achtjährigen Verbot der Beteiligung am Basketball belegt, der ehemalige Generalsekretär Seydou Maiga erhielt eine sechsjährige Sperre, der ehemalige FMBB-Vizepräsident Amadou Traore und die ehemalige Assistenztrainerin Fatoumata Diallo wurden für vier bzw. Jahre gesperrt.

Die Sanktionen der FIBA erfolgten fast zwei Jahre nach den ersten Vorwürfen durch jugendliche Basketballspielerinnen. Wie Human Rights Watch und die Sport & Rights Alliance dokumentiert haben, wurden die Meldungen der Betroffenen nicht vertraulich behandelt. Zudem erhielten diese Spielerinnen weder psychologische Unterstützung noch Zeugenschutz.

„Ohne einen auf die Betroffenen ausgerichteten Ansatz und einen traumainformierten Prozess ist es unwahrscheinlich, dass Kinder, Eltern und Athlet*innen sexuellen Missbrauch und seine Vertuschung melden“, sagte Worden.

Der McLaren-Bericht der FIBA bestätigte, dass Funktionär*innen des Basketballverbands und andere Personen 22 Betroffene eingeschüchtert haben, damit diese McLaren gegenüber nicht aussagten. Die wenigen Spielerinnen, die sich zu einem Interview bereit erklärten, berichteten zudem, dass sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen hatten. Eine Spielerin gab an, dass die FMBB zu solchen Maßnahmen griff, indem sie aus dem Kader der Weltcup-Nationalmannschaft gestrichen wurde, nachdem sie und ihre Familie über sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung durch den damaligen Präsidenten des Nationalverbands berichtet hatten.

Im März 2023 forderten Spielerinnen der Women‘s National Basketball Association (WNBA) in einem Video Gerechtigkeit und forderten die FIBA auf, sexuellen Missbrauch im Basketball zu beenden und junge Spielerinnen in Afrika zu schützen.

Doch zwei Jahre nach der Veröffentlichung des McLaren-Berichts werden Betroffene und Whistleblower*innen immer noch bedroht und können nicht sicher spielen. Eine jugendliche Whistleblowerin etwa wurde bedroht und verlor ihre Karrierechancen, nachdem sie sexuellen Missbrauch gemeldet hatte. Sie verklagte anschließend den Verband, weil dieser sie nicht vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt hatte.

Hamane Niang, der ehemalige Präsident der FMBB, der den Verband im Zeitraum der Missbrauchsfälle leitete, ist in sein Amt als FIBA-Präsident zurückgekehrt.

Alle malischen Regierungsinstitutionen, die für diese Angelegenheit zuständig sind, so etwa die Justiz, das Ministerium für Jugend und Sport, der FMBB und der FIBA, sollten den Missbrauch und die Vertuschung untersuchen, nun da die FIBA-Sanktionen angekündigt wurden. Das Ministerium für Jugend und Sport sollte eine staatliche Untersuchungskommission einrichten, um den systematischen sexuellen Missbrauch im Mädchenbasketball und anderen Mädchensportarten in Mali unparteiisch zu untersuchen.

Das Ministerium sollte zudem dafür sorgen, dass Spielerinnen keine Vergeltungsmaßnahmen fürchten müssen, wenn sie sich melden, und mit Frauenrechtsorganisationen und Gesundheitsdienstleistern zusammenarbeiten, die im Umgang mit sexuellem Missbrauch und Traumata vertraut sind, damit die Betroffenen Zugang zu langfristigen, qualitativ hochwertigen Hilfsdiensten erhalten.

Obwohl die FIBA Schritte unternommen hat, um eine neue Schutzpolitik zu entwickeln und einen Schutzrat eingerichtet hat, gibt es für die Athlet*innen keine konkrete Möglichkeit, diesen Gremien Missbrauch in einem sicheren Rahmen zu melden, so Human Rights Watch.

Die Versäumnisse im FIBA-Prozess, einschließlich der Gefährdung von Betroffenen durch die McLaren-Untersuchung, sind symptomatisch für grundlegende Mängel in der Führung, Struktur und Verantwortung der FIBA gegenüber Basketballspieler*innen.

Im Hinblick auf die Olympischen Jugendspiele 2026 in Dakar, Senegal, hat die FIBA die Möglichkeit, die Menschenrechte bei ihren Aktivitäten zu priorisieren und eine Schutzpolitik in den vielen Verbänden, die sie beaufsichtigt, durchzusetzen. Zudem sollten Verbandschef*innen vorab überprüft werden, um Missbrauchstäter*innen in diesen Funktionen auszuschließen. Frauen und Mädchen, die sich gemeldet hatten, um Missbrauch zu melden, sollten entschädigt werden.

„Die von der FIBA verhängten Sanktionen sind von großer Bedeutung für die ehemaligen und heutigen Spielerinnen, Betroffene, Whistleblower*innen und Aktivist*innen, die enorme Risiken eingegangen sind, um diesen Missbrauch ans Licht zu bringen“, sagte Worden. „Allerdings muss mehr getan werden, um die jungen Spielerinnen zu schützen, die weiterhin Drohungen und Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt sind.“

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