Unsere Kleidung, unser Essen, unsere Handys – unzählige Produkte unseres Alltags werden von Unternehmen in globalen Lieferketten hergestellt. Die Arbeitsbedingungen sind dabei oft extrem schlecht.
Beauty ist eine junge Arbeiterin aus Dakha, Bangladesch. Eines Tages gab es in der Nähfabrik, in der beschäftigt sie war, einen Stromausfall. Dann merkte sie, wie das Gebäude zu wackeln begann. „Teile eines Pfeilers trafen mein Bein”, erzählt sie. “Ich schrie auf und bewegte mich zur Tür”. Beauty überlebte knapp—aber über 1100 Arbeiterinnen starben, und mehr als 2000 wurden verletzt, als das Rana-Plaza-Gebäude einstürzte.
Die Tragödie von Rana Plaza ist nun acht Jahre her. Doch grundlegend verbessert haben sich die Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten nicht. Freiwillige Maßnahmen reichen nicht aus: Laut einer Untersuchung der Bundesregierung tun über 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland nicht genug, um Menschenrechte in ihren Lieferketten zu respektieren. Trotzdem waren Unternehmen bisher nicht dazu verpflichtet, für die Einhaltung von menschenrechtlichen Mindeststandards zu sorgen.
Das ändert sich nun. Das neue Lieferkettengesetz hat zum Ziel, menschenrechtliche Mindeststandards in den Lieferketten von Großunternehmen einzuführen. Deutschland folgt damit dem Trend hin zu verbindlicher unternehmerischer Sorgfaltspflicht, wie es sie bereits in unterschiedlicher Weise in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien gilt. Ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen, auch Human Rights Watch, drängt seit Jahren auf ein Gesetz.
Obwohl dies eine gute Nachricht ist, wird das Gesetz wahrscheinlich nicht so effektiv sein wie erhofft. Denn es verlangt eine Sorgfaltsprüfung nur bei direkten Zulieferern—und nicht bei solchen, die weiter unten in der Lieferkette angesiedelt sind, wo oft die gravierendsten Verstöße stattfinden. Bei solchen mittelbaren Zulieferern sieht das Gesetz vor, dass Unternehmen lediglich eine „anlassbezogene“ menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen müssen, wenn sie Kenntnis von Missständen erlangen. Auch wird es nur für Großunternehmen ab 1000 Mitarbeitenden gelten und sieht keine Haftung bei Verstößen vor.
Das Lieferkettengesetz ist ein wichtiger und längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Es macht klar: Konzerne werden zur Verantwortung gezogen. Aber es ist hoffentlich nicht der letzte Schritt. Ein robustes Gesetz sollte Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette verbindlich machen, eine Haftungsregelung vorsehen und bereits für Firmen ab 250 Mitarbeitenden gelten. Nachbesserungen sind also nötig, damit Frauen wie Beauty in Zukunft sicher an ihrem Arbeitsort sein können.