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Deutschland: Neues Lieferkettengesetz ein Schritt in die richtige Richtung

Nächste Bundesregierung sollte Mängel im Gesetz beheben

Jungen bei der Arbeit in einem Kalksteinbruch im Moroto District, Uganda. © 2021 Joseph Byomuhangyi for ISER

(Berlin) – Das heute vom Bundestag verabschiedete neue Lieferkettengesetz leitet einen lang erwarteten Paradigmenwechsel zu verbindlichen Regeln für Unternehmen in Deutschland ein, so Human Rights Watch. Der Deutsche Bundestag verabschiedete das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten in den letzten Tagen der laufenden Legislaturperiode, nach monatelangen Verhandlungen.

„Die Bundesregierung hat einen entscheidenden Schritt unternommen, um sicherzustellen, dass Unternehmen verantwortungsvoll handeln“, sagte Juliane Kippenberg, Expertin für Lieferketten bei Human Rights Watch. „Die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten sollte nicht freiwillig sein.“

Das Gesetz ist verbesserungsbedürftig. Es wird aber Großunternehmen dazu verpflichten, regelmäßig und systematisch Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihren direkten Lieferketten zu ermitteln, und auf die Risiken zu reagieren. Die Unternehmen müssen jährlich einen Bericht veröffentlichen, in dem sie darlegen, welche Schritte sie unternommen haben, um Menschenrechtsrisiken zu prüfen und abzuwenden. Eine zuständige Behörde kann Geldstrafen oder andere Maßnahmen gegen Unternehmen verhängen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.

Das Gesetz gilt ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden und ab 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden.

Die Gesetzgebung ist ein Kompromiss nach Wochen harter Verhandlungen zwischen Politiker*innen, die eine robuste Regulierung durchsetzen wollten, und denen, die möglichst wenig regulieren wollten. Industrieverbände hatten sich lautstark gegen ein stringenteres Gesetz gewandt. Während das Gesetz ein wichtiger Schritt in Richtung echter Unternehmensverantwortung ist, entspricht es nicht in den höchsten internationalen Standards, so Human Rights Watch.

 Unternehmen müssen nur dann Maßnahmen bei bestimmten Vorfällen ergreifen, wenn sie „substantiierte Kenntnis“ über mögliche Menschenrechtsverletzungen haben, und die Maßnahmen können allgemeiner, präventiver Natur sein. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen nicht zu einer gründlichen und systematischen Sorgfaltsprüfung von indirekten Zulieferern, die weiter unten in der Lieferkette angesiedelt sind – genau dort, wo es oft die schwersten Missstände gibt.

Nach internationalen Normen sind Unternehmen verpflichtet, in ihrer gesamten Lieferkette menschenrechtliche Sorgfalt walten zu lassen, d.h. Missstände zu ermitteln, zu beseitigen und zu verhindern - unabhängig davon, ob sie von den Problemen Kenntnis haben.

Das Gesetz schafft keine zivilrechtliche Haftungsregel, nach der Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen haften, die sie durch Missachtung ihrer Sorgfaltspflichten verursacht haben. Auch verlangt es von Unternehmen nicht, die Einhaltung wichtiger internationaler Standards in bestimmten Verträgen wie der UN-Kinderrechtskonvention oder dem Pariser Abkommen zum Klimawandel in ihrer Lieferkette zu überprüfen.

„Das Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, hat aber einige gravierende Schwächen, die in Zukunft behoben werden sollten“, sagte Kippenberg. „Es besteht immer noch das Risiko, dass Menschenrechtsverletzungen weiter unten in den globalen Lieferketten zugelassen werden, weil die Unternehmen keine Sorgfaltsprüfung für ihre gesamte Lieferkette durchführen müssen.  Und Missstände können auch in Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern vorkommen.“

Die nächste Bundesregierung, die im September 2021 gewählt wird, sollte das Gesetz stärken, so Human Rights Watch. Auch sollten die von der Europäischen Union und andere von europäischen Regierungen geplanten Lieferkettengesetze über das deutsche Gesetz hinausgehen.

Ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter Human Rights Watch, hat sich für ein robustes Lieferkettengesetz in Deutschland eingesetzt. Einige Unternehmen sowie eine Gruppe von 130 Wirtschaftswissenschaftler*innen hatten sich ebenfalls für ein solches Gesetz eingesetzt.

"Das neue Lieferkettengesetz ist ein guter Anfang, aber mehr muss getan werden, um dafür zu sorgen, dass die Produkte, die wir kaufen, nicht unter und dass Menschen nicht für ihre Herstellung leiden müssen", sagte Kippenberg.

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