(New York) – Bei den Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen soll sichergestellt werden, dass die Menschenrechte während des gesamten Lebenszyklus von Plastik geschützt sind. Human Rights Watch veröffentlicht zudem ein Frage-und-Antwort-Dokument über die menschenrechtlichen Auswirkungen der Produktion, Verwendung und Entsorgung von Plastik. Die erste Gesprächsrunde von Regierungen über das Abkommen wird ab November 2022 in Punta del Este, Uruguay, stattfinden.
Obwohl die Produktion, Verwendung und Entsorgung von Kunststoffen oft als Umweltverschmutzung dargestellt werden, hat Plastik erhebliche Auswirkungen auf die Menschenrechte. „Das globale Plastikabkommen ist eine wichtige Gelegenheit, die ökologischen und menschlichen Kosten von Plastik anzugehen“, sagte Katharina Rall, Expertin für Menschenrechte und Umwelt bei Human Rights Watch. „Regierungen sollten diese Chance nutzen, um die Rechte von Gemeinschaften rund um den Globus zu schützen, die durch die Plastikverschmutzung zu Schaden kommen.“
In ihrem Frage-und-Antwort-Dokument beschreibt Human Rights Watch, wie die Produktion, Verwendung und Entsorgung von Plastik schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat. Internationale Menschenrechtsstandards verpflichten Regierungen, Schäden zu beheben. Zudem müssen sie die Rechte auf Gesundheit, Wasser, Zugang zu Informationen und eine gesunde Umwelt respektieren, schützen und erfüllen.
Jedes Jahr werden mehr als 300 Millionen Tonnen Kunststoff erzeugt. Viele Kunststoffprodukte werden nur einmal verwendet, können nicht recycelt werden und verbleiben über Jahrzehnte oder Jahrhunderte in der Umwelt. Nur 9 Prozent allen bisher produzierten Kunststoffs wurde recycelt, die meisten Kunststoffabfälle landen auf Deponien, Müllhalden oder in der Natur.
Da sie aus fossilen Brennstoffen hergestellt werden, tragen Kunststoffe zur Klimakrise bei, die wiederum die Menschenrechte gefährdet. Außerdem enthalten sie giftige chemische Zusätze, die insbesondere für Kinder, Frauen und ältere Menschen eine erhebliche gesundheitliche Bedrohung darstellen können. Es kann Jahrhunderte dauern, bis Plastik abgebaut ist, was auch künftigen Generationen noch schaden kann. Die Plastikproduktion, die in den letzten Jahrzehnten schon erheblich zugenommen hat, wird sich den Prognosen zufolge von 2015 bis 2060 noch verdreifachen.
Human Rights Watch hat dokumentiert, dass das Kunststoffrecycling das Recht auf Gesundheit von Arbeiter*innen und Anwohner*innen in der Türkei bedroht. Darüber hinaus zeigen andere Untersuchungen, dass die Verschiffung von Kunststoffabfällen aus Ländern des globalen Nordens in Länder mit schwachen oder nicht vorhandenen Umweltvorschriften, niedrigen Arbeitskosten und geringer staatlicher Kontrolle über Umwelt- und Arbeitsrechtsverletzungen zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen führen kann.
Am 22. März beschloss die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) die Einrichtung eines Ausschusses, der ein Abkommen zur Bewältigung der globalen Plastikkrise ausarbeiten soll. Ziel ist es, bis Ende 2024 in vier weiteren Verhandlungsrunden eine Einigung zu erzielen und das Abkommen 2025 zur Annahme freizugeben.
Regierungen in der UNEA sollen einen rechtsverbindlichen Vertrag aushandeln, der sich mit Menschenrechtsverletzungen befasst, die Produktion von unnötigem Neuplastik beendet, Giftstoffe aus Plastikprodukten entfernt und spezifische Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte enthält. Außerdem sollen die Regierungen eine sinnvolle Beteiligung der Öffentlichkeit an den Vertragsverhandlungen sicherstellen, einschließlich der von der globalen Kunststoffkrise am stärksten betroffenen Gruppen.
„Ohne eine Eindämmung der Plastikproduktion wird sich die Plastikkrise nur verschlimmern, weiter die Rechte von Menschen auf der ganzen Welt bedrohen und das Klima schädigen“, sagte Rall. „Die Regierungen, die den neuen Vertrag aushandeln, sollen sich für ein Abkommen einsetzen, das konkrete Schritte für Produktionstopp von unnötigem Plastik verlangt.“