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Technologieaustausch entscheidend für die Eindämmung von Covid-19

Kommerzialisierung medizinischer Produkte untergräbt Pandemiebekämpfung

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Covid-19 vaccines should be available to everyone who wants them.

Three-quarters of the world’s vaccines have gone to just ten countries.

In places with little access to vaccines, the virus is spreading unchecked leading to many deaths.

While some rich governments move to give out third booster shots, many people in pooere countries are still waiting for their first dose.

A proposal at the World Trade Organization would temporarily waive some intellectual property rules for vaccines and other health products.

That could enable more factories around the world to make Covid—19 vaccines and other lifesaving health care.

But the European Union, the United Kingdom, Switzerland and Japan are blocking the waiver.

The global vaccines shortage is an urgent human rights crisis.

The world will not emerge from this pandemic until everyone has access to Covid-19 vaccines.

(New York) - Regierungen in wohlhabenden Ländern und Pharmaunternehmen untergraben einen schnellen und gerechten Einsatz von Covid-19-Impfstoffen, Medikamenten und Tests, so Human Rights Watch in einem Positionspapier, das im Vorfeld eines Treffens der Welthandelsorganisation (WTO) diese Woche veröffentlicht wurde. Human Rights Watch hat auch ein Video zu diesem Thema veröffentlicht. Regierungen und Unternehmen sollten dringend ihr Wissen und ihre Technologien teilen, um Leben zu retten, das Recht auf Gesundheit zu schützen und sicherzustellen, dass alle Menschen von der wissenschaftlichen Forschung profitieren, insbesondere angesichts der hoch ansteckenden Delta-Variante.

Der Artikel „COVID-19 Exposes Warped Global Health Power: The System Needs a Course Correction”, der am 31. August 2021 im Business and Human Rights Journal veröffentlicht wurde, beschreibt, wie eine Handvoll einkommensstarker Länder, die von mächtigen Pharmakonzernen beeinflusst wurden, einen Vorschlag zur vorübergehenden Aussetzung globaler Handels- und Patentregeln abgewürgt haben. Eine solche Aussetzung hätte den Zugang zu lebensrettenden Impfstoffen und anderen medizinischen Produkten erleichtert. Der Bericht stützt sich auf Recherchen und Analysen von Human Rights Watch zu Fragen der Versorgung mit Covid-19-Impfstoffen und zeigt, wie die Regierungen sich ihrer Verantwortung entziehen, die Pharmaunternehmen zu regulieren. Regierungen, die die Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen mit öffentlichen Geldern finanzieren, haben es versäumt, diese Gelder an die Erschwinglichkeit und die gemeinsame Nutzung von Technologien zu knüpfen, so dass es den Unternehmen überlassen bleibt, wie, wann und wo sie die Impfstoffe herstellen, vertreiben und welche Preise sie festlegen, so Human Rights Watch. Anstatt Wissen und Technologien zu teilen, verteilen einige Regierungen eine unzureichende Menge an Impfstoffen an ärmere Länder und überlassen den Unternehmen die Preisgestaltung.

„Das Warten auf das Wohlwollen reicher Regierungen und Pharmaunternehmen hat den Grundrechten extrem geschadet“, sagte Aruna Kashyap, stellvertretende Direktorin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Human Rights Watch und Mitverfasserin des Dokuments. „Es ist skrupellos, dass reiche Regierungen die lebensrettende Gesundheitsversorgung auf eine Handelsware reduzieren und ihre Macht in der WTO nutzen, um das Recht auf Gesundheit den Interessen der Pharmaindustrie und des Handels unterzuordnen.”

Der Zugang zu Covid-19-Impfstoffen ist nach wie vor alles andere als gerecht. Drei Viertel der mehr als 5 Milliarden weltweit verabreichten Impfstoffdosen wurden nach Angaben der WHO in lediglich 10 Ländern verimpft. Während einige reiche Regierungen damit begonnen haben, dritte Auffrischungsimpfungen zu verabreichen, haben bislang nur zwei Prozent der Bevölkerung Afrikas eine zweite Impfung erhalten. Die Generaldirektorin der WHO hat ein Moratorium für Auffrischungsimpfungen gefordert, damit auch Menschen geimpft werden können, die noch nicht einmal die erste Dosis erhalten haben.

Die Pandemie hat gezeigt, wie gefährlich es ist, wenn die Produktionskapazitäten für lebensrettende Impfstoffe in einigen wenigen Ländern konzentriert sind und sich die Regierungen dieser Länder weigern, die Aussetzung des Patentschutzes und einen Technologietransfer zu veranlassen, um eine rasche, diversifizierte und weltweite Produktion zu ermöglichen. Dies hat zu großen Ungleichheiten beim Zugang zu lebensrettenden medizinischen Produkten geführt.

Monatelange Debatten in der WTO haben die WHO und Gesundheitsbehörden in aller Welt in der Schwebe gehalten. Im Mai signalisierten die USA, dass sie die Verhandlungen über den Text zur Patentschutzaussetzung unterstützen würden. Doch die Europäische Kommission, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertritt, die Schweiz und mehrere andere einkommensstarke Regierungen haben die Bemühungen um eine rasche Verabschiedung der Ausnahmeregelung immer wieder verzögert und blockiert. Die Verhandlungen wurden am 14. September in Genf wieder aufgenommen.

In der Zwischenzeit haben Versorgungsengpässe und eine ungerechte Verteilung von Impfstoffen in einer Reihe von Ländern auf der ganzen Welt, darunter Indien, Australien, Libanon, Syrien, Jemen und Brasilien, zu einem ungleichen Impfstand geführt.
Würde die WTO den Vorschlag annehmen, der von mehr als 100 Regierungen unterstützt wird, die Regeln für den Welthandel und das geistige Eigentum vorübergehend außer Kraft zu setzen, wäre das ein Signal, dass angesichts der aktuellen Pandemie die Bereitstellung lebensrettender medizinischer Versorgung Vorrang hat.

Das Völkerrecht erkennt das Recht eines jeden Menschen an, vom wissenschaftlichen Fortschritt zu profitieren. Seit Beginn der Pandemie haben Menschenrechtsorganisationen der Vereinten Nationen wiederholt darauf hingewiesen, dass die Staaten verpflichtet sind, den Nutzen der wissenschaftlichen Forschung zu teilen. Die Regierungen sind zur internationalen Zusammenarbeit verpflichtet. Sie sollten Maßnahmen unterlassen, die direkt oder indirekt die Wahrnehmung der Rechte in anderen Ländern beeinträchtigen. Diese Verpflichtung gilt auch für ihr Handeln in zwischenstaatlichen Organisationen wie der WTO.

Die meisten Regierungen haben auch die WHO-Pools für die gemeinsame Nutzung von Technologien ausgebremst. Die WHO hat im Mai 2020 erstmals einen freiwilligen Technologieaustauschpool für Covid-19-Medizinprodukte eingerichtet, der die gemeinsame Nutzung von Impfstofftechnologien zur Beschleunigung von Produktion und Vertrieb ermöglicht hätte. Allerdings haben nur 41 Regierungen dem Pool zugestimmt. Die meisten anderen, darunter die USA, Großbritannien, Deutschland und viele andere EU-Mitgliedstaaten sowie die Europäische Kommission, haben noch keine entsprechende Bereitschaft signalisiert. Keine dieser Regierungen hat ihre Einflussmöglichkeiten genutzt, um eines der Pharmaunternehmen, deren Impfstoffe sie finanziert haben, davon zu überzeugen, dem Technologiepool beizutreten.

Die WTO ist eine zwischenstaatliche Organisation, die den internationalen Handel zwischen Nationen regelt und erleichtert. Die Förderung des Handels und der Schutz des geistigen Eigentums hatten in der Vergangenheit Vorrang vor Gesundheit, Umwelt und menschlichem Wohlergehen. Dieses Verhalten hat bei einer Pandemie tödliche Folgen, da es die öffentliche Reaktion verlangsamt, obwohl bereits mindestens 4,5 Millionen Menschen gestorben sind.

„Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass das System eine längst überfällige Kurskorrektur braucht, damit die WHO von der WTO gestärkt und nicht untergraben wird“, sagte Margaret Wurth, leitende Forscherin bei Human Rights Watch und Koautorin des Positionspapiers. „Die Teilnahme an WHO-Plattformen zur gemeinsamen Nutzung von Technologien und der vorübergehende Verzicht auf Regeln zum Patentschutz sind wichtige Schritte in diese Richtung.”

Staaten sollten die Bemühungen anderer Länder, ihren Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen, nicht behindern. Auch nicht bei der Aushandlung internationaler Abkommen oder der Beteiligung an Entscheidungen als Mitglieder internationaler Organisationen, indem sie sich beispielsweise auf den Schutz geistigen Eigentums berufen, um die Verteilung oder Produktion von Impfstoffen zu verlangsamen. Neben der Verletzung ihrer menschenrechtlichen Pflichten bedeutet die Behinderung einer raschen Reaktion im Gesundheitsbereich auch einen enormen Rückschlag für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf dem Weg die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen.

Die Covid-19-Pandemie hat Diskussionen über ein internationales Pandemieabkommen ausgelöst, über das in den kommenden Monaten beraten werden soll. Ein solches Abkommen sollte den Schutz der Menschenrechte beinhalten. Es sollte eine automatische Aussetzung des Patentschutzes vorsehen, ebenso wie mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der globalen Beschaffung.

„Wir brauchen dringend durchsetzbare globale Gesundheitsnormen, die die Kommerzialisierung lebensrettender medizinischer Produkte aufheben und die Gesundheit und Sicherheit der Menschen in den Vordergrund stellen. Wir können uns kein Zögern und Verschleppen mehr leisten“, sagte Kyle Knight, leitender Forscher bei Human Rights Watch und Koautor Mitautor des Positionspapiers. „Eine mächtige Minderheit reicher Regierungen stellt auf zynische Weise ihre eigenen Interessen und die ihrer Unternehmen in den Vordergrund, während die Zahlen der Infektionen und Todesfälle weltweit in die Höhe schnellen.”

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