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Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen – Warum ein starkes Lieferkettengesetz wichtig ist

Veröffentlicht in: Private Equity Magazine
 Victims of the 2013 Rana Plaza building collapse and their families demonstrating at the site of the disaster demanding full compensation.  © 2014 G.M.B. Akash/Panos

Am 12. Februar haben die Bundesminister für Arbeit, Wirtschaft und wirtschaftliche Zusammenarbeit einen Gesetzentwurf zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen in Lieferketten vorgelegt. Am 3. März beschloss das Bundeskabinett den Entwurf, der nun im Bundestag debattiert wird. Am 8. März forderte auch das Europäische Parlament, in der EU „dringend verbindliche Anforderungen“ zu verabschieden, um negative Auswirkungen auf Menschenrechte, Umwelt und gute Unternehmensführung in den Lieferketten von Unternehmen zu verhindern und zu bekämpfen. Wenn diese Bemühungen zum Tragen kommen, wird erstmalig gesetzlich festgelegt, was Unternehmen und ihre Investoren tun müssen, um die Menschenrechte zu respektieren.

Klare, verbindliche Regeln für menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten sind überfällig und würden die EU-Vorschriften zur Offenlegung von Informationen, auch im Bereich der Finanzdienstleistungen, ergänzen. Personen, die in globalen Lieferketten arbeiten, leiden oft unter schwerwiegenden Arbeitsrechtsverletzungen, einschließlich Kinderarbeit. Umweltschäden durch Bergbau oder industrielle Landwirtschaft bergen ebenfalls ein Menschenrechtsproblem und wirken sich direkt auf die Menschen in umliegenden Gemeinden aus. Besonders betroffen von einer Vielzahl von Verstößen sind Kinder, auch weil sich gesundheitliche Risiken noch stärker auf sie auswirken.

Wenn Unternehmen die Menschenrechte vernachlässigen, können die Folgen für diejenigen, die am untersten Ende der globalen Lieferkette stehen, katastrophal sein. Im Jahr 2013 starben über 1.100 Arbeiter und 2.000 wurden verletzt, als das Rana-Plaza-Gebäude in Dhaka/Bangladesch, in dem fünf Bekleidungsfabriken untergebracht waren, einstürzte. Im Jahr 2019 brach ein Rückhaltebecken einer Eisenerzmine in Brumadinho/Brasilien, wobei mindestens 250 Menschen starben und eine Welle von giftigem Schlamm freigesetzt wurde.

Unternehmen können das Risiko, zu Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten beizutragen, erheblich reduzieren, indem sie menschenrechtliche Risiken identifizieren, Schritte zu deren Beseitigung und Vermeidung ergreifen und öffentlich über ihre Bemühungen berichten. Nach internationalen Normen und dem deutschen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte sind Unternehmen verpflichtet, genau das zu tun.  Würden Unternehmen diese Normen umsetzen, würde es auch der Öffentlichkeit und Investoren viel einfacher machen, verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zu erkennen.

Und es ist möglich. Einige Unternehmen haben die Überwachung von Menschenrechten bereits in ihre Geschäftspraktiken integriert. Die deutsche Regierung fand heraus, dass zwischen 13 und 17 Prozent der Unternehmen bereits eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen. In unserer eigenen Arbeit haben wir die positiven Schritte dokumentiert, die einige Schmuck– und Bekleidungsmarken ergriffen haben. Dennoch führt die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland keine angemessene menschenrechtliche Sorgfaltspflicht durch.

Ob ein Gesetz Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in globalen Lieferketten wirklich verhindern wird, hängt von seinem genauen Inhalt ab. Der von der deutschen Regierung vorgeschlagene Gesetzentwurf hat neben einigen starken Punkten – zum Beispiel eine Berichtspflicht und eine relativ starke behördliche Aufsicht – auch schwerwiegende Defizite. Er verpflichtet Unternehmen nur zu einer systematischen, fortlaufenden menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung ihrer direkten, aber nicht ihrer indirekten Zulieferer. Nach den internationalen Normen für Wirtschaft und Menschenrechte sind Unternehmen verpflichtet, die gesamte Lieferkette einer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht zu unterziehen. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass Unternehmen nur dann eine „anlassbezogene“ menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen müssen, wenn sie „substantiierte Kenntnis“ von potenziellen Verstößen durch Lieferanten weiter unten in der Lieferkette haben – dort wo die meisten Verstöße stattfinden. Wenn Unternehmen nicht dazu verpflichtet werden, potenzielle Risiken entlang ihrer gesamten Lieferkette zu untersuchen, werden schwerwiegende Verstöße auch weiterhin stattfinden können.

Das Gesetz sollte dahingehend geändert werden, dass Unternehmen zu einer kontinuierlichen, systematischen menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung aller direkten und indirekten Zulieferer verpflichtet werden. Es sollte auch Strafen für Unternehmen vorsehen, die dies nicht tun, auf wichtige Verträge wie die UN-Kinderrechtskonvention und das Pariser Abkommen zum Klimawandel verweisen und die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht in Bezug auf den Klimawandel und andere Umweltaspekte vollständig definieren.

Ein starkes deutsches Gesetz ist notwendig, um die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten, unabhängig davon, wo Unternehmen tätig sind oder woher sie ihre Waren beziehen. Es läge auch im Interesse der Unternehmen, die verantwortungsvoll handeln wollen, da es ein Level-Playing-Field schafft, indem es verantwortungsvolles Geschäftsverhalten von jedem verlangt. Als das Land mit der stärksten Wirtschaft in der EU sollte Deutschland bestrebt sein, in einem Bereich, in dem die EU und andere Länder Standards entwickeln, mit gutem Beispiel voranzugehen. Die von der EU-Kommission angekündigten und vom Europäischen Parlament unterbreiteten Vorschläge für ein EU-Gesetz sind deutlich strenger. Sie enthalten Empfehlungen zur zivilrechtlichen Haftung und sehen klare Regelungen zum Umweltschutz vor.

Im April und Mai wird der Bundestag über den Vorschlag debattieren und anschließend darüber abstimmen. Unternehmen sollten ein Gesetz unterstützen, das Schutzmaßnahmen für die gesamte Lieferkette vorschreibt, um sicherzustellen, dass die Rechte der Schwächsten – der Menschen am unteren Ende der globalen Lieferketten – respektiert werden.

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