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Australiens Flüchtlingspolitik kein Vorbild für Europa

Die Flüchtlingspolitik Australiens sollte kein Vorbild für Europa sein

Veröffentlicht in: Die Presse

Wenn Europa seine Grenzen nicht schließe, so heißt es derzeit in vielen Kommentaren, würden die Wähler sich jenen Kräften zuwenden, die die Migranten um jeden Preis draußen halten wollen, also den Rechtspopulisten. Erst vor Kurzem forderte deshalb Österreichs Außenminister, Sebastian Kurz, „die EU sollte sich Teile des australischen Modells als Vorbild nehmen“ – also Flüchtlingsboote abfangen, ihre Insassen noch auf See registrieren und in Verwahrungszentren auf Inseln schaffen. Zudem solle die irreguläre Einreise einen anschließenden Asylantrag ausschließen. Dänische Politiker äußerten ähnliche Absichten.

Australiens Flüchtlingspolitik ist jedoch kein Vorbild für Europa. Fangen wir bei den Kosten an: Australiens Vereinbarungen mit Nauru und Papua-Neuguinea sind teuer. Obwohl die Regierung keine regelmäßigen Berichte vorgelegt hat, geht aus den veröffentlichten Zahlen hervor, dass der Preis pro Person und Jahr im Bereich von umgerechnet 240.000 Euro liegt.

Hinzu kommen die Kosten der Abfangoperationen der Küstenwache, die angeblichen Zahlungen an Schlepper im Gegenzug für ihre Rückkehr nach Indonesien und die 38 Millionen Euro, die Australien für die Aufnahme einer Handvoll Flüchtlinge aus Nauru an Kambodscha überwiesen hat.

Der menschliche Preis

Die Insel-Deals sind zudem nur eine Zwischenlösung. So erklärte Nauru, man erwarte, dass die Flüchtlinge früher oder später verlegt würden. Papua-Neuguineas Regierung ist durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs verpflichtet, die Einrichtung auf der Insel Manus rasch wieder zu schließen.

Der menschliche Preis dieser Politik ist enorm und hat Australien zu Recht Kritik eingetragen.

Ich war selbst auf der winzigen Pazifikinsel Nauru und auf Manus, um Kinder und Erwachsene zu befragen, die dort festgehalten werden. Das Zwangsexil auf den abgelegenen Inseln und die Unsicherheit über das eigene Schicksal haben düstere Konsequenzen für die psychische Gesundheit der Flüchtlinge und Asylsuchenden.

Auslagerung ist keine Lösung

Fast alle Befragten schilderten Angstzustände, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Apathie und Verzweiflung seit der Zwangsüberstellung auf die Insel. Viele Kinder hatten Albträume, nässten ihr Bett ein oder zeigten selbstzerstörerisches Verhalten.

Mit diesen Problemen würden auch EU-Staaten zu kämpfen haben, wenn sie versuchen, das fehlgeleitete australische Modell zu kopieren. Freilich sind die Migrationsströme nach Europa um ein Vielfaches größer als jene nach Australien, wo 2013 rund 20.000 Menschen auf Booten ankamen.

Österreich und andere EU-Staaten sollten einen anderen Weg einschlagen: Sie sollten Flüchtlingen sichere und legale Kanäle in die EU eröffnen und die systematischen Mängel im europäischen Asylsystem sowie seine uneinheitlichen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten auszuräumen.

Die EU sollte ihre Bemühungen beenden, die Verantwortung für Flüchtlinge und Asylsuchende auszulagern – etwa durch das opportunistische Flüchtlingsabkommen mit der Türkei oder die problematische Kooperation mit den libyschen Behörden. An deren Stelle sollten Initiativen treten, die auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon, in der Türkei und anderswo abzielen.

Wenn Migranten in diesen Ländern Zugang zu Bildung und Arbeit erhielten, wäre dies eine enorme und unmittelbare Verbesserung. Mit diplomatischer und finanzieller Unterstützung durch die EU ließe sich das schaffen.

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