Skip to main content

Ukraine: Ein Neuanfang für die Menschenrechte

Der frisch gewählte Präsident muss sein Versprechen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation halten

Mit der Amtseinführung von Vikor Juschtschenko am kommenden Sonntag, so erinnert Human Rights Watch heute in einem offenen Brief an den zukünftigen Präsidenten, bietet sich der Ukraine die große Chance den Menschenrechten zukünftig einen größeren Stellenwert einzuräumen.

„Juschtschenkos Wahl ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie weit man kommt, wenn man den Menschen ihre Grundrechte zugesteht“, erklärt Rachel Denber, Direktorin der Europa- und Zentralasienabteilung von Human Rights Wach. „Die Ukrainer hatten die Möglichkeit ihren Präsidenten frei zu wählen, weil die Regierung ihnen das Recht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit gewährt hat, und weil sie damit letztendlich die Rechtsstaatlichkeit im Lande geschützt hat.“

Während des Streites um die Wahlergebnisse im November, rief Juschtschenko selbst immer wieder dazu auf, die Grundrechte zu gewährleisten. In seinem Wahlkampf konzentrierte er sich vor allem auf die Notwendigkeit einer Regierungsreform in der Ukraine. Human Rights Watch fordert den neugewählten Präsident nun dazu auf, seinen Versprechungen auf gewissenhafte Weise Taten folgen zu lassen, damit die Ukraine sich zu einem Land rechtsstaatlichen und verantwortungsbewussten Staat entwickeln kann. Der offene Brief äußert sich in vier konkreten Punkten zu wichtigen Menschenrechtsfragen, die das alltägliche Leben von Millionen von Ukrainern bestimmen: Schleichende Verminderung der Pressefreiheit, Folter und Misshandlung, Diskriminierung von HIV-Infizierten/ AIDS-Kranken, sowie Benachteiligung von Frauen im Berufleben.

„Wir erwarten, dass Präsident Juschtschenko für echte Pressefreiheit sorgt und die Journalisten von nun an ohne Einschränkungen ihrer Arbeit nachgehen können,“ erklärte Denber.

Der Brief forderte Juschtschenko dazu auf, die Steine zu beseitigen, die den Medien immer wieder in den Weg gelegt werden – so gibt es zum Beispiel viele unnötige Verwaltungshürden zu überwinden oder es hagelt willkürliche Gerichtsklagen. Auch verlangt Human Rights Watch die vollständige und unabhängige Aufklärung des Mordes an dem Journalisten Georgiy Gongadze, der im Jahre 2000 gewaltsam zu Tode kam.

Der Menschenrechtsbeauftrage der Ukraine erhält zahlreiche Beschwerden über Folter an Tatverdächtigen. Seinen Schätzungen zu Folge werden bis zu 30 Prozent aller Inhaftierten von Polizei- und Strafvollzugsbeamten gefoltert oder misshandelt. Human Rights Watch fordert, dass den Gefängnisinsassen während der Untersuchungshaft alle Rechte gewährt werden, vor allem das Recht auf sofortigen Rechtsbeistand. Außerdem, so das Schreiben weiter, müsse man sich viel strenger an die rechtliche Bestimmung halten, die besagt, dass Untersuchungshaft nur im Notfall und nicht routinemäßig anzuordnen ist.

Ein weiteres, sehr ernstes Problem ist AIDS. Die Ukraine gehört zu den Ländern mit der am schnellsten anwachsenden Zahl von HIV-Infizierten/ AIDS-Kranken – und Menschenrechtsverletzungen tun das ihre, um diese Quote in die Höhe zu treiben.

„Juschtschenkos Regierung muss schnellstens einen Aktionsplan ausarbeiten, mit dem die weitverbreitete Diskriminierung von Risikogruppen eingedämmt werden kann. Im Moment werden Angehörige solcher Risikogruppen sehr häufig von HIV-Präventionsmaßnahmen ausgeschlossen,“ erklärt Denber. „Natürlich muss auch für einen effektiveren Einsatz von anti-retroviralen Medikamenten bei HIV-Infizierten gesorgt werden.“

Schon mehrfach hat Human Rights Watch auf die grassierende Frauendiskriminierung am Arbeitsplatz in der Ukraine aufmerksam gemacht. Diese führt dazu, dass viele arbeitslose Frauen in die Hände von Menschenhändlern fallen, die ihre Opfer in andere Länder bringen und dort zur Arbeit zwingen – sehr oft als Prostituierte. Das Schreiben an Juschtschenko erinnert den Präsidenten daran, dass die neugebildete Regierung dafür verantwortlich ist, zumindest die Benachteiligung von Frauen durch staatliche Arbeitsvermittlungen zu beenden. Aber auch für Privatbetriebe müssten Mechanismen entwickelt werden, die für Chancengleichheit am Arbeitsplatz sorgen.

Your tax deductible gift can help stop human rights violations and save lives around the world.