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Vereinte Nationen: Staatschefs sollten sich klar zu Menschenrechten und internationaler Justiz bekennen

Maßnahmen zur Beendigung eskalierender Verbrechen Israels gegen Palästinenser*innen ergreifen

Der Saal der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York City, New York, USA, 21. April 2025. © 2025 UN Photo/Loey Felipe

(New York, 17. September 2025) – Die Staats- und Regierungschefs der Welt, die vom 22. bis 30. September 2025 zur UN-Generalversammlung zusammenkommen, sollten sich dazu verpflichten, die Vereinten Nationen vor jenen mächtigen Regierungen zu schützen, die versuchen, die Organisation finanziell auszutrocknen und ihre Fähigkeit zur Förderung der Menschenrechte und der internationalen Justiz zu untergraben, erklärte Human Rights Watch heute.

Am Vorabend der jährlichen Generaldebatte der Generalversammlung werden die Staats- und Regierungschefs der Welt eine Konferenz zur Lage in Palästina abhalten. Den Vorsitz werden voraussichtlich der französische Präsident Emmanuel Macron und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman übernehmen. 

„Die Menschenrechte und die UN werden in einem noch nie dagewesenen Ausmaß von mächtigen Regierungen bedroht“, sagte Federico Borello, Interims-Geschäftsführer von Human Rights Watch. „Die Staats- und Regierungschefs der Welt sollten sich dafür einsetzen, dass die Weltorganisation über die nötigen Ressourcen und den politischen Rückhalt verfügt, um ihre lebensrettende humanitäre und Menschenrechtsarbeit auf der ganzen Welt zu leisten – in Gazader Ukraine, im Sudan, in Haiti und überall dort, wo Menschen in Not sind.“

Die Regierungen sollten zudem Maßnahmen ergreifen, um Israels eskalierende Gräueltaten gegen die Palästinenser*innen in Gaza und im Westjordanland zu stoppen, so Human Rights Watch. Sie sollten die Sanktionen der USA gegen Personal des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), namhafte palästinensische Organisationen und einer UN-Expertin verurteilen und konkrete Schritte zur Beendigung der Gräueltaten unternehmen. Ferner sollten sie sich geschlossen hinter Institutionen wie den IStGH stellen, der gegen die Straflosigkeit von Kriegsverbrechen und anderen Gräueltaten in Myanmar, Israel/Palästina, im Sudan, in der Ukraine und in anderen Teilen der Welt kämpft.

Die Staats- und Regierungschefs der Welt sollten die Palästina-Konferenz am 22. September nutzen, um sich öffentlich zu Maßnahmen zu verpflichten, die darauf abzielen, die jahrzehntelange Straflosigkeit für Verstöße der israelischen Behörden gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte gegenüber Palästinenser*innen zu beenden. Diese Konferenz, eine Reaktion auf das wegweisende Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom Juli 2024 zur Besetzung der palästinensischen Gebiete durch Israel, ist die Fortsetzung einer hochrangigen Konferenz im Juli

In dem Gutachten hat der IGH festgestellt, dass die jahrzehntelange Besetzung durch Israel rechtswidrig ist, das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser*innen verletzt und durch schwere Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Apartheid, gekennzeichnet ist. Frankreich, das Vereinigte Königreich, Australien, Kanada und andere Länder haben angekündigt, auf der Konferenz am 22. September einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen

Solche Erklärungen laufen jedoch Gefahr, wirkungslos zu bleiben, wenn sich die Staaten nicht zu konkreten Maßnahmen verpflichten, um Israels Ausrottung der Palästinenser*innen und die Ausweitung der rechtswidrigen Siedlungen zu stoppen. Die Regierungen sollten Waffenlieferungen an Israel aussetzen, den Handel mit illegalen Siedlungen verbieten und gezielte Sanktionen gegen israelische Amtsträger*innen verhängen, die für die anhaltenden Verbrechen gegen Palästinenser*innen verantwortlich sind, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermordhandlungen, so Human Rights Watch. Die Staaten sollten auch die Hamas und palästinensische bewaffnete Gruppen dazu drängen, alle zivilen Geiseln freizulassen.

Die Vereinten Nationen befinden sich in einer existenziellen Finanzkrise, die vor allem darauf zurückzuführen ist, dass die Vereinigten Staaten sich weigern, ihre festgesetzten Beiträge – zu deren Zahlung die Länder verpflichtet sind – zu entrichten, und dass sie praktisch alle ihre freiwilligen Zahlungen an eine Vielzahl von UN-Organisationen und -Gremien eingestellt haben. Dies untergräbt die humanitäre Arbeit der Vereinten Nationen sowie die Untersuchungen der Menschenrechtslage u.a. in der Ukraine, Russland, im Sudan, in Syrien, Israel/Palästina, der Demokratischen Republik Kongo, in AfghanistanMyanmar, Nordkorea und in weiteren Ländern. 

Die USA sind nicht das einzige Land, das seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen nicht nachkommt. China, der zweitgrößte Beitragszahler der UN, hat seine Zahlungen für den regulären Haushalt und die Friedenssicherungseinsätze der Organisation verzögert. Viele weitere Regierungen sind ebenfalls im Zahlungsrückstand. Wohlhabende Regierungen in der Europäischen Union, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, die Schweiz, die Niederlande, Schweden und weitere Länder sind dem Beispiel der USA gefolgt, die ihr nationales Budget für Entwicklungshilfe drastisch gekürzt haben, was sich massiv auf die Finanzierung internationaler Hilfsprogramme auswirkt. Dies verschärft die finanziellen Probleme der Vereinten Nationen zusätzlich.

Regierungen, denen die Menschenrechte am Herzen liegen, sollten ihre festgesetzten Beiträge vollständig und pünktlich zahlen und ihre freiwilligen Beiträge an die UN erhöhen, wobei Programme zum Schutz der Menschenrechte und zur Rettung von Menschenleben oberste Priorität haben sollten. 

Im Jahr 2023 leisteten die USA fast 13 Milliarden US-Dollar an Pflicht- und freiwilligen Beiträgen an die Vereinten Nationen. Diese Zahl ist in diesem Jahr auf fast null gesunken, nachdem US-Präsident Trump eine „Überprüfung” der US-Beiträge an die UN angeordnet hatte. Es bleibt unklar, ob, wann und in welchem Umfang die USA die Finanzierung der Organisation wieder aufnehmen werden. 

Die Führung der Vereinten Nationen sollte nach Wegen suchen, um Kosten zu senken, ohne dabei pauschale Kürzungen vorzunehmen, die sich unverhältnismäßig stark auf die Menschenrechtsarbeit auswirken würden, die ohnehin schon chronisch unterfinanziert ist. Während die Führung der Vereinten Nationen im Rahmen ihrer „UN80”-Initiative ein Paket von Kostensenkungsvorschlägen vorantreibt, sollte sie sicherstellen, dass unabhängige Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen über die notwendigen Ressourcen verfügen, um fortgesetzt werden zu können.  

„Die Überwachung und Untersuchungen durch die Vereinten Nationen können Regierungen, die die Menschenrechte nicht achten, davon abhalten, Gräueltaten gegen Zivilist*innen zu begehen”, sagte Borello. „Mächtige Regierungen, die versuchen, die humanitären und Menschenrechtsprogramme der Vereinten Nationen zu untergraben, sollten verurteilt werden und nicht als Vorbild dienen. Das Leben von Millionen Menschen auf der ganzen Welt hängt davon ab.”

Die Staats- und Regierungschefs sollten auf sinnvolle Maßnahmen zur Bewältigung der schweren Krisen im Sudan und in Haiti drängen. Im Sudan werden Zivilist*innen Opfer von Hungersnot, sexualisierter Gewalt und anderen Gräueltaten. In Haiti weiten kriminelle Gruppen ihre Kontrolle aus, eskalieren Morde und sexualisierte Gewalt, einschließlich Gruppenvergewaltigungen. Millionen Menschen sind zur Flucht gezwungen und es herrscht akute Ernährungsunsicherheit. Unterdessen hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres es abgelehnt, Forderungen von Menschenrechtsverteidiger*innen und Mitgliedstaaten bezüglich der Entsendung einer Schutzmission in den Sudan und nach Haiti zu unterstützen.

Am 6. Februar erließ US-Präsident Trump ein Dekret, welches das Einfrieren von Vermögenswerten und Einreiseverbote für IStGH-Personal und andere Personen, welche die Arbeit des Gerichtshofs unterstützen, genehmigt. Die US-Regierung hat bisher Sanktionen gegen den Ankläger des Gerichtshofs, seine beiden Stellvertreter*innen, sechs Richter*innen, die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete Francesca Albanese, sowie drei führende palästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen verhängt. Diese Sanktionen sind ein eklatanter Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit und das internationale Justizsystem. Sie zielen in erster Linie darauf ab, die laufenden Ermittlungen des IStGH in Palästina zu vereiteln, darunter die ausstehenden Haftbefehle des Gerichtshofs gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Gaza. 

Die UN-Mitgliedstaaten sollten ihre Unterstützung für das globale Mandat des IStGH und die wichtige Arbeit der Zivilgesellschaft bekräftigen und die US-Regierung auffordern, die Sanktionen aufzuheben. Die Mitgliedstaaten sollten sich außerdem zu konkreten Maßnahmen zum Schutz des Gerichtshofs vor solchen Sanktionen verpflichten, unter anderem durch Gesetze wie das EU-Blocking-Statut, das europäische Unternehmen vor den Auswirkungen extraterritorialer Sanktionen schützen soll.  

Die Mitgliedstaaten sollten sich weiter für internationale Gerechtigkeit einsetzen, indem sie alle Gutachten des Internationalen Gerichtshofs umsetzen, darunter auch jenes vom Juli, in dem der Klimawandel als existenzielle Bedrohung für den Planeten benannt und in dem argumentiert wird, dass das Versäumnis der Staaten, das Klima zu schützen, rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird.

Die Delegierten sollten die Mitgliedstaaten dazu auffordern, die Verhandlungen über ein internationales Abkommen zur Verhütung und Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit voranzutreiben. Das Abkommen wird eine Lücke im Völkerrecht schließen, die zur Straflosigkeit bei schwerwiegenden Verbrechen wie Mord, Folter, Verschleppung, sexualisierter Gewalt und Verfolgung von Zivilist*innen weltweit beiträgt.

Die schrecklichen, systematischen Menschenrechtsverletzungen, welche die Taliban seit ihrer Machtübernahme im Jahr 2021 weiterhin gegen Frauen und Mädchen in Afghanistan begehen, veranschaulichen, warum Geschlechterapartheid in jedes künftige Abkommen über Verbrechen gegen die Menschlichkeit als ein solches Verbrechen aufgenommen werden sollte, so Human Rights Watch. 

„Die Vereinten Nationen und das internationale Menschenrechtssystem werden auf die Probe gestellt“, sagte Borello. „Um auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, ist es entscheidend, sich gegen mächtige Regierungen zu wehren, die versuchen, internationale Normen zu untergraben und Wege zur Rechenschaftspflicht zu zerstören.“

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