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Brasilianische indigene Anführer protestieren vor dem Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes, 5. November 2019.  © 2019 REUTERS/Francois Lenoir

(Brüssel) – Das bahnbrechende Gesetz der Europäischen Union zur Bekämpfung der Abholzung von Wäldern sollte Unternehmen dazu verpflichten, die Landrechte traditioneller Gemeinschaften zu respektieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Ziele des Gesetzes nicht erreicht werden, so mehr als 191 indigene, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen aus 62 Ländern in einem offenen Brief an die politischen Entscheidungsträger der EU. Die Gebiete dieser Gemeinschaften beherbergen viele der am besten erhaltenen Wälder der Welt. Sie geraten jedoch zunehmend unter Druck durch Sojaanbau, Viehzucht, Holzfäller und andere Industrien, deren Produkte auf den europäischen Märkten verkauft werden.

Der EU-Verordnungsentwurf über entwaldungsfreie Produkte sieht vor, die Einfuhr wichtiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse - Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz - zu beschränken, die auf Flächen angebaut werden, die nach 2020 abgeholzt wurden. Weltweit ist die industrielle Landwirtschaft die Hauptursache für den Verlust von Wäldern, und die Umweltzerstörung ist oft mit der Verletzung von Rechten der vom Wald abhängigen Gemeinschaften verbunden. Viele der einflussreichsten Unternehmen, welche die Entwaldung vorantreiben, haben jedoch keine Maßnahmen ergriffen, um diese aus ihren Lieferketten zu verbannen, und diejenigen, die sie ergriffen haben, setzen sie nicht durch.

„Die entscheidende Schwachstelle des EU-Vorschlags ist, dass er die Unternehmen nicht dazu zwingt, die internationalen Standards in Bezug auf unsere Landrechte einzuhalten“, sagte Puyr Tembé, Exekutivkoordinatorin der Föderation der indigenen Völker von Pará (FEPIPA). „Alle Welt weiß, dass dies eine Katastrophe für das Amazonasgebiet war und indigene Gemeindeführer der Gewalt von Viehzüchtern, Holzfällern und anderen Eindringlingen ausgesetzt waren.“

Zu den Unterzeichnenden des Schreibens gehören 33 indigene Organisationen aus 22 Ländern, darunter bedeutende EU-Handelspartner wie Brasilien, Indonesien und Malaysia, die wichtigsten Importeure von Soja, Palmöl und Kautschuk in die EU. Die Organisationen vertreten Hunderttausende Menschen indigener Völker.

„Überall in Indonesien stehen indigene Völker unter enormem Druck durch Unternehmen, die unsere Wälder ausbeuten wollen, unter anderem für den Anbau von Nutzpflanzen, die für europäische Verbraucher bestimmt sind“, sagte Rukka Sombolinggi, Generalsekretärin der Allianz indigener Völker des Archipels in Indonesien. „Es ist wichtig, dass die EU Maßnahmen ergreift, um ihre Beteiligung an der weltweiten Entwaldung zu beenden. Zudem sollten die politischen Entscheidungsträger der EU sicherstellen, dass sie die Vertreibung indigener Völker von ihrem Land nicht noch weiter vorantreibt.“

In den kommenden Monaten werden das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte anpassen und darüber abstimmen. Die Organisationen fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Verordnung von den Unternehmen verlangt, die Eigentums- und Landrechte der Gemeinschaften zu respektieren. Im Rahmen dieser Verpflichtung sollten die Unternehmen auch die Risiken identifizieren und angehen, die ihre Tätigkeiten oder die ihrer Zulieferer für die Verteidiger der Wälder darstellen.

„Europa ist seit Jahrhunderten dafür verantwortlich, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften ihres Landes beraubt werden, und die postkolonialen Rechtssysteme haben ihre Landrechte nie vollständig anerkannt“, sagte Julia Christian, Forests Campaigner bei der Wald- und Menschenrechtsorganisation Fern. „Die EU muss sicherstellen, dass die vorgeschlagene Verordnung diese Rechte schützt, indem sie sich an internationale Standards hält.“

Zahlreiche Studien belegen, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften die besten Naturschützer sind. Indigene Völker bewirtschaften die Hälfte der großen Wälder der Welt, die mehr Kohlenstoff speichern und im Vergleich zu anderen Gebieten geringere Abholzungs- und Degradierungsraten aufweisen. Doch weltweit werden indigene Völker und lokale Gemeinschaften mit Gewohnheitsrechten enteignet oder ihnen werden die Rechte an ihrem Land versagt. Sie werden angegriffen, bedroht und getötet, weil sie ihre Gebiete verteidigen, oft vor wirtschaftlicher Ausbeutung.

„Die EU hat endlich eingesehen, dass nur verbindliche Rechtsvorschriften die Lieferketten verändern können, um die Entwaldung zu unterbinden. Aber sie untergräbt die Wirksamkeit ihres eigenen Gesetzesvorschlags, indem sie die besten Beschützer der Wälder nicht anerkennt“, sagte Luciana Téllez, Umweltforscherin bei Human Rights Watch. „Um sicherzustellen, dass die EU-Märkte sich nicht länger an der Enteignung indigener Völker von ihrem Land mitschuldig machen, sollte die Verordnung vorschreiben, dass die Unternehmen deren Rechte im Einklang mit internationalen Standards respektieren.“

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