(Beirut) – Bahrain hat im Jahr 2016 die Repressionen gegen Aktivisten und Regierungskritiker verschärft, so Human Rights Watch im heute veröffentlichten World Report 2017. Die Regierung löste die wichtigste Oppositionsgruppe auf und ermittelte gegen führende Menschenrechtsaktivisten und schiitische Geistliche.
Darüber hinaus hielten die Behörden zahlreiche Aktivisten davon ab, das Land zu verlassen, und schoben sechs Bahrainer ab, darunter einen Menschenrechtsanwalt, nachdem sie ihnen willkürlich ihre Staatsangehörigkeit entzogen hatten. Dieser koordinierte Angriff auf die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unterstreicht, dass sich die Menschenrechtslage deutlich verschlechtert hat. Eine politische Lösung der inneren Unruhen in Bahrain erscheint immer unwahrscheinlicher.
„Die bahrainischen Behörden halten der Zivilgesellschaft schon seit Jahren das Messer an den Hals. Aber 2016 deutete sich an, dass sie tatsächlich einen Schnitt machen wollen“, so Joe Stork, stellvertretender Leiter der Nahost-Abteilung von Human Rights Watch. „Dass sich Bahrain langfristig stabilisiert, hängt von einem politischen Reformprozess ab, in dessen Zentrum ein verbesserter Schutz grundlegender Menschenrechte stehen. Aber leider entwickelt sich das Land in eine andere Richtung.“
In dem 687-seitigen World Report, der in diesem Jahr zum 27. Mal erscheint, fasst Human Rights Watch die wichtigsten Menschenrechtsentwicklungen in mehr als 90 Ländern weltweit zusammen. In seinem einleitenden Essay schreibt Executive Director Kenneth Roth, dass eine neue Generation autokratischer Populisten versucht, das Konzept des Menschenrechtsschutzes auszuhebeln. Menschenrechte werden von ihnen als ein Hindernis auf dem Weg gesehen, den Mehrheitswillen umzusetzen. Da viele Menschen sich durch die Globalisierung abgehängt fühlen und zunehmend Angst vor Gewaltverbrechen haben, müssen Zivilgesellschaft, Medien und Öffentlichkeit sich ihrer Aufgabe stellen und die Werte verteidigen, auf denen die rechtsstaatliche Demokratie beruht.
Im November 2016 bezichtigten die Behörden Ebrahim Sharif, einen bekannten politischen Aktivisten, „zum Hass auf das politische System aufgerufen“ zu haben, nachdem er die Regierung sowie den Bahrain-Besuch des britischen Prinzen Charles kritisiert hatte. Nabeel Rajab befindet sich seit Juni in Haft und soll eine 15-jährige Gefängnisstrafe absitzen, unter anderem wegen Kritik daran, dass sich Bahrain an der von Saudi-Arbaien geführten Militäroperation im Jemen beteiligt. Zainab al-Khawaja, eine andere Aktivistin, war ab März drei Monate lang in Haft, auf der Grundlage von vier Verurteilungen, die ihre Meinungsfreiheit verletzten und nach unfairen Prozessen ausgesprochen wurden. Nach ihrer Entlassung verließ sie das Land und lebt nun in Dänemark, da sie auch die dänische Staatsangehörigkeit hat.
Im Mai erhöhte das Berufungsgericht die Gefängnisstrafe von Scheich Ali Salman auf neun Jahre, mehr als doppelt so lang wie zunächst vorgesehen. Salman ist der Generalsekretär von al-Wifaq, der größten Oppositionsgruppe des Landes. Ein erstinstanzliches Gericht hatte ihn von dem Vorwurf freigesprochen, für den gewaltsamen Sturz der Regierung geworben zu haben, und es liegen deutliche Hinweise darauf vor, dass der erste Prozess unfair war.
Im Juni ordnete ein Gericht an, die Zentrale von al-Wifaq zu schließen und die Aktivitäten der Organisation einzustellen, und beschlagnahmte ihr Vermögen. Im gleichen Monat entzogen die Behörden dem geistlichen Oberhaupt von al-Wifaq, Scheich Isa Qassim, willkürlich seine Staatsbürgerschaft. In Reaktion auf Proteste gegen dieses Vorgehen begannen die Behörden, schiitische Geistliche gezielt zu belästigen.
Der im Juni veröffentlichte dritte Jahresbericht des Ombudsmanns des Innenministeriums enthält weitere Beweise dafür, dass die Behörden Polizisten und Angehörige der Sicherheitskräfte kaum zur Verantwortung ziehen, die während der Demonstrationen gegen die Regierung im Jahr 2011 Gefangene gefoltert und misshandelt haben.
Die Behörden belegten Dutzende Personen, die Menschenrechtsverletzungen kritisiert haben, willkürlich mit Reiseverboten. Davon betroffen ist unter anderen Nedal al-Salman vom bahrainischen Menschenrechtszentrum, die im September nicht nach Genf reisen konnte, um an einem Treffen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen teilzunehmen.
Die bahrainischen Behörden sollen den stagnierenden Reformprozess wiederbeleben, indem sie die Auflösung von al-Wifaq rückgängig machen, prominente politische Gefangene freilassen und damit aufhören, Aktivisten zu belästigen.