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Assads Opfer warten auf Gerechtigkeit

Syriens Regierung lehnt jede Verantwortung für die Giftgas-Attacke auf die Stadt Ghouta ab. Doch das Verbrechen darf nicht straflos bleiben.

Veröffentlicht in: Mittelbayerische Zeitung

Ein Jahr danach gibt es noch immer keine Gerechtigkeit für die Opfer der chemischen Angriffe auf Ghouta nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus – und sie bleibt in weiter Ferne. Hunderte starben, doch niemand wurde bisher dafür zur Rechenschaft gezogen. Es war die weltweit tödlichste Giftgasattacke seit 25 Jahren, seitdem 1988 die irakische Regierung unter Saddam Hussein irakische Kurden mit Chemiewaffen angegriffen hatte.

Obwohl verfügbare Beweise stark darauf hin deuten, dass die syrischen Streitkräfte die Angriffe durchgeführt haben, lehnt die Regierung in Damaskus jede Verantwortung dafür ab. Erst unter erheblichem internationalen Druck trat sie schließlich der Chemiewaffenkonvention bei und erklärte, ihre chemischen Waffen zu beseitigen.

So wichtig die Entfernung von chemischen Waffen aus Syriens Arsenal auch ist, den Hunderten von Verletzungsopfern und den Angehörigen der Toten bringt das nichts. Dieses Kapitel kann erst dann abgeschlossen werden, wenn diejenigen, die die Angriffe auf Ghouta befohlen und ausgeführt haben, zur Rechenschaft gezogen werden und hinter Gitter kommen.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am 27. September 2013 einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der Syrien aufgefordert wurde, seine Chemiewaffen zu beseitigen und Waffeninspektoren den Zugang zu ermöglichen. Am 23. Juni dieses Jahres haben die Organisation für das Verbot chemischer Waffen und die Vereinten Nationen, die gemeinsam damit beauftragt waren, Syriens chemisches Waffenmaterial zu vernichten, verkündet, dass ihre Aufgabe erledigt ist.

Doch internationale Bemühungen um glaubwürdige Gerechtigkeit für dieses und andere schwere laufende Menschenrechtsverbrechen in Syrien haben sich als schwer realisierbar erwiesen. Am 22. Mai blockierten Russland und China eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die die Situation in Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verwiesen hätte.

Über hundert Nicht-Regierungsorganisationen hatten den Rat aufgefordert, der Resolution zuzustimmen. Mehr als 60 Staaten unterstützten das Bemühen, und 13 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates stimmten dafür.

Die breite Unterstützung für die Resolution von Regierungen und Nicht-Regierungsorganisationen gleichermaßen spiegelt die weitgehende internationale Entschlossenheit wider, Gerechtigkeit für schwere Verbrechen in Syrien zu erreichen. Die Regierungen, die damals hinter diesen Bemühungen standen, sollten der Suche nach Gerechtigkeit für die Opfer in Syrien weiterhin verpflichtet bleiben, sei es im Sicherheitsrat, in der UN-Generalversammlung, dem UN-Menschenrechtsrat oder auf anderen Wegen der universellen Gerichtsbarkeit – damit das Verbrechen von Ghouta nicht straflos bleibt.

Wenzel Michalski ist Deutschland-Direktor von Human Rights Watch.

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