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(Juba) – Sowohl die Regierung als auch oppositionelle Kräfte und ihre Verbündeten im Südsudan haben seit dem Beginn der Kämpfe im Dezember 2013 schreckliche Gräueltaten begangen, die Kriegsverbrechen gleichkommen, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. In einigen Fällen handelt es sich potentiell um Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Der 92-seitige Bericht “South Sudan’s New War: Abuses by Government and Opposition Forces,” dokumentiert, dass der Konflikt geprägt ist von weitverbreiteten Tötungen von Zivilisten, häufig aufgrund ihrer Ethnizität, sowie von weitreichender Zerstörungund Plünderung von Zivilbesitz.

Die Regierung des Südsudans und die Kräfte der Sudanesischen Befreiungsbewegung/„Armee-in-Opposition“ und ihre Verbündeten sollen sicherstellen, dass sämtlichen Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten ein Ende gesetzt wird. Auch sollen sie sich bezüglich der schwerwiegendsten Verbrechen auf ein Strafrechtsverfahren verständigen, das den internationalen Standards entspricht. Das Ausmaß und die Schwere der Menschenrechtsverletzungen rechtfertigen ein umfassendes Waffenembargo gegen den Südsudan sowie gezielte Sanktionen gegen jene, die für die gravierenden Verstöße gegen internationales Recht verantwortlich sind.

„Die Verbrechen an Zivilisten im Südsudan während der letzten Monate, darunter ethnisch motivierte Morde, werden noch jahrzehntelang nachhallen”, so Daniel Bekele, Direktor der Afrika-Abteilung bei Human Rights Watch. „Beide Seiten müssen diese Spirale der Gewalt gegen Zivilisten unverzüglich durchbrechen und die Notwendigkeit von Gerechtigkeit erkennen und unterstützen.“

Der Krieg im Südsudan begann in der Hauptstadt Juba. Auslöser waren politische Auseinandersetzungen zwischen Präsident Salva Kiir, Angehöriger der Bevölkerungsgruppe der Dinker, und dem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar, der den Nuer angehört. Die Kämpfe breiteten sich schnell über große Teile des Ostens des Landes aus.

Human Rights Watch führte Interviews mit mehr als 400 Überlebenden und Zeugen durch und dokumentierte zahlreiche, ethnisch motivierte Angriffe auf Mitglieder der Nuer-Zivilbevölkerung in Juba während der ersten Tage des Konflikts, einschließlich eines Massakers, illegalen Tötungen, Razzien, Festnahmen und Folterungen. Nachdem die Gewalt um sich griff und Tausende Angehörige der Nuer sich den Oppositionskräften anschlossen und Angehörige der Dinka angriffen, dokumentierte Human Rights Watch die Ermordung Hunderter Zivilisten durch beide Konfliktparteien in den Städten Bor, Bentiu und Malakal. Diese Städte waren die Hauptschauplätze des Konflikts während der ersten Monate und die Kontrolle über sie wechselte mehrfach zwischen den Parteien im Verlauf des Konflikts. Sowohl die Regierung als auch die Oppositionskräfte sind verantwortlich für umfangreiche Plünderungen und die Zerstörung von Eigentum der Zivilbevölkerung, darunter Häuser, Märkte und Hilfs-Infrastruktur. 


Nachbarschaft südöstlich der Stadt Malakal, Südsudan

Before: Nachbarschaft südöstlich der Stadt Malakal, Südsudan.
After: Nachbarschaft südöstlich der Stadt Malakal, Südsudan

Nachbarschaft nahe des Zentrums der Stadt Malakal

Before: Nachbarschaft nahe des Zentrums der Stadt Malakal
After: Nachbarschaft nahe des Zentrums der Stadt Malakal

 

„Bei der Gewalt in Städten wie Bentiu, Bor und Malakal handelt es sich weniger um direkte Kämpfe zwischen den Konfliktparteien als vielmehr um gezielte Tötungen von Zivilpersonen, die nicht fliehen konnten. Ebenso gab es massive Plünderungen und Verwüstungen.”, so Bekele. „Die Angriffe hinterließen zerstörte, großenteils verlassene Städte, in deren Straßen die Leichen von Kindern, Frauen und Männern liegen. Massenvertreibung und Hunger waren die Folgen.“

Der Konflikt und die Menschenrechtsverletzungen haben geschätzte 1,5 Millionen Menschen dazu gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Es gibt über eine Million Binnenflüchtlinge im Südsudan, darunter 100.000, die Zuflucht in Lagern der UN-Friedenstruppen gesucht haben, wo sie nun unter beklagenswerten Bedingungen leben. Mehr als 400.000 Menschen sind in Nachbarländer wie Äthiopien oder Uganda geflüchtet. Eine unbekannte Anzahl an Menschen musste sich an Orten niederlassen, wo sie nur ungenügenden Zugang zu Lebensmitteln und anderen Bedarfsgütern haben. Entwicklungshelfer und Forscher aus dem Bereich Lebensmittelsicherheit warnen vor einer drohenden Hungersnot in einigen der vom Konflikt betroffenen Regionen im Südsudan.

Der UN-Sicherheitsrat, der diese Woche den Südsudan und einige Nachbarländer besucht, soll unverzüglich ein Waffenembargo gegen das Land sowie gezielte Sanktionen gegen die Personen verhängen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Der Südsudan hat seit Beginn des Konflikts große Mengen an Waffen gekauft, unter anderem von China, die höchstwahrscheinlich in den Kämpfen zum Einsatz kommen.

Die Regierung des Südsudans, die sich zurzeit für Verhandlungen in Addis Abeba aufhält, soll zusichern, dass schwere Verbrechen nicht straffrei bleiben und sich verpflichten, ein effektives Strefrechtsverfahren einzuführen. Die lang gewährte Straffreiheit für im Südsudan begangene Menschenrechtsverletzungen hat weitere Verbrechen provoziert. Ein gerechtes, effektives Strafverfolgungssystem kann längerfristig dabei helfen, den Weg für mehr Respekt vor dem Gesetz sowie für einen stabilen Frieden zu ebnen.

Noch hat die Regierung die Ergebnisse der verschiedenen Ermittlungsverfahren in den Mordfällen nicht veröffentlicht. Auch die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen steht noch aus. Laut den Recherchen von Human Rights Watch haben auch die Oppositionskräfte aus ihren eigenen Reihen niemanden für begangene Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen. Aufgrund des mangelnden politischen Willens Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen sowie der Schwächen des Rechtssystems im Südsudan, haben nationale Strafermittlungen nur wenig Aussicht auf Erfolg.

Zu den Optionen, die die südsudanesischen Führer in Betracht ziehen könnten, gehört ein Strafverfolgungsmechanismus, der nationale und internationale Elemente verbindet und in dem internationale Unterstützung und Teilnahme vorgesehen sind. So könnten internationale Ermittler, Strafverfolger und Richter eingesetzt werden. Auch könnten Ermittlungen durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) erfolgen. Da der Südsudan nicht Mitglied des IStGH ist, könnte ein Einsatz hier nur erfolgen, wenn die Regierung des Südsudans dies beantragt oder der UN-Sicherheitsrat die Situation im Land an den IStGH verweist.

Sorgfältige, kontinuierliche Berichte über von beiden Seiten begangene Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen sind ein erster Schritt hin zu einem Strafverfolgungsverfahren. Die Untersuchungskommission zum Südsudan der Afrikanischen Union (AU), die kurz nach Beginn des Konflikts eingesetzt wurde, kommt mit ihren Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen nur schleppend voran. Die Kommission soll sich auf Ermittlungen gegen Individuen konzentrieren, die mutmaßlich verantwortlich für Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind, die während des Konflikts begangen wurden. Zudem sollen forensische und andere Beweise sichergestellt werden, einschließlich von mutmaßlichen Massengräbern in Juba und an anderen Orten.

Menschenrechtsbeauftragte der UN-Mission im Südsudan sollen die von beiden Konfliktparteien begangenen Verbrechen weiterhin untersuchen und regelmäßig öffentlich darüber berichten. Zu diesen Verbrechen zählen auch solche, die eine Hungersnot begünstigt haben. Zudem sollen die UN-Beauftragten mit der AU-Untersuchungskommission zusammenarbeiten.

„Die Brutalität in diesem Konflikt ist das Ergebnis von Jahrzehnten geprägt von Menschenrechtsverletzungen, in denen der Verlust von Besitz oder Menschenleben nicht geahndet wurde”, so Bekele. „Die Welt kann und soll dem Südsudan dabei helfen, die aktuellen Verbrechen zu beendenund die durch Straffreiheit seit Langem geschürte Gewaltspirale zu durchbrechen.”

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