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Bosnien: Geldgeber müssen Gerechtigkeit für Opfer von Kriegsverbrechen sichern

Die neue Kammer für Kriegsverbrechen benötigt ausreichend finanzielle Hilfe und Unterstützung

Nachdem der Internationale Gerichtshof in Den Haag seine Tätigkeit einstellt, soll nun die neue Kammer für Kriegsverbrechen in Sarajevo die letzten Fälle von schweren Kriegsverbrechen übernehmen.

Im März vorigen Jahres begann die Kammer für Kriegsverbrechen ihre Tätigkeit innerhalb des bosnischen Landesgerichts, um schwerwiegende Kriegsverbrechen in Bosnien und Herzegowina zu behandeln, die nicht innerhalb des Mandats oder Zeitrahmens des Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) belangt werden konnten. Die Kammer behandelt auch schwere Kriegsverbrechen, die regional eingeleitet wurden.

Die internationale Kammer ist die letzte Initiative in einer Reihe von "hybriden" Justizmechanismen, die unter nationalem Gesetz fungieren, ähnlich wie früher in Osttimor und im Kosovo. Trotz der internationalen Komponente ist die Kammer in Sarajevo eine inländische Einrichtung, die weiterhin Kriegsverbrechen behandelt, nachdem internationale Beteiligungen eingestellt wurden.

Der 44-seitige Bericht "Looking for Justice: The War Crimes Chamber in Bosnia and Herzegovina" bewertet die erste Phase der Kammer, identifiziert Ergebnisse und gibt Empfehlungen, wie die Arbeitsweise der Kammer verbessert werden kann.

"Die Kammer für Kriegsverbrechen wurde gegründet, damit die Verantwortlichen für die Gräueltaten in Bosnien sich nicht der juristischen Verantwortung entziehen können", meinte Param-Preet Singh, Anwalt des Internationalen Justizprogramms von Human Rights Watch. "Diese Kammer bietet den Opfern schwerwiegendster Kriegsverbrechen eine Chance auf Gerechtigkeit."

Der Krieg in Bosnien (1992 bis 1995) war gekennzeichnet von Massenhinrichtungen, Vergewaltigungen, umfassender Zerstörung und Vertreibung der Bevölkerung. Es war der erste Völkermord in Europa seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Obwohl die Kammer für Kriegsverbrechen eine relativ neue Einrichtung ist, so zeigt ihre bisherige Arbeitsweise, dass faire Verfahren für Angeklagte möglich sind. Der ICTY hat bereits zwei Fälle an die Kammer für Kriegsverbrechen zur Verhandlung weitergeleitet, und weitere sollen folgen.

"Da nun die Kammer funktionstüchtig ist, muss die ganze Energie auf die Durchführung von fairen und effektiven Verfahren gerichtet werden", berichtet Singh. "Die internationale Gemeinschaft kann es sich nicht leisten, dass die Kammer für Kriegsverbrechen versagt. Deswegen ist eine finanzielle Unterstützung lebenswichtig."

Human Rights Watch befürchtet, dass die Arbeitsweise der Kammer für Kriegsverbrechen durch mangelnde finanzielle Mittel untergraben werden könnte. Es gibt nicht genügend Verteidiger und Ermittler, die die gegenwärtige Flut von Fällen effektiv behandeln können. Die Wirksamkeit der Verfahren vor der Kammer für Kriegsverbrechen ist somit gefährdet.

Der Bericht greift weitere Mängel auf, wie etwa die ungesichert Bezahlung von bestellten Verteidigungsanwälten und das Fehlen von Honoraren für Ermittler. Beides könnte die Qualität der Verteidigung bei Kriegsverbrechen vor der Kammer beeinträchtigen und das Recht für bedürftige Angeklagte auf faire Verfahren gefährden.

Die Kammer für Kriegsverbrechen:
Die Kammer für Kriegsverbrechen in Sarajevo ist die jüngste Initiative einer Reihe von juristischen Unternehmungen, die von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden - mit dem Ziel, die Verantwortlichen der schlimmsten Verbrechen gerichtlich belangen zu können. Weitere Beispiele sind das „Regulation 64 Panel“ im Kosovo und das Spezialgremium für schwere Verbrechen in Osttimor.

Auch wenn die bosnische Kammer im Augenblick noch internationale Mitarbeiter zur Bearbeitung der Kriegsverbrechen beschäftigt, so werden diese in Kürze ausgegliedert.

Zusätzlich zu den vom ICTY weitergeleiteten Fällen behandelt das Mandat der Kammer vorwiegend regional eingeleitete Fälle. Die Kammer für Kriegsverbrechen sowie die Kammer für organisiertes Verbrechen und die Kammer für allgemeine Verbrechen arbeiten unter der Kriminalabteilung des Landesgerichts von Bosnien und Herzegowina.

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