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Seenotretter*innen warten noch immer auf Gerechtigkeit in Griechenland

Verfahren gegen den Großteil der Angeklagten wird eingestellt, ein zweites Verfahren läuft noch

Sarah Mardini und Sean Binder saßen aufgrund unbegründeter Anschuldigungen in Haft, weil sie im August 2018 bei der Rettung von Migranten und Asylsuchenden im Mittelmeer geholfen hatten. Vier Jahre und vier Monate später wurden sie und 22 weitere Angeklagte in dem „größten Fall von Kriminalisierung der Solidarität in Europa“ endlich vor Gericht gestellt. Obwohl das Berufungsgericht von Mytilini auf Lesbos den Fall vor allem aus verfahrenstechnischen Gründen abgewiesen hat, liegt noch ein langer Weg vor den Menschenrechtler*innen.

Sean Binder und Sarah Mardini, freiwillige Seenotretter*innen, die Migrant*innen und Asylsuchende auf dem Meer geholfen haben, wurden festgenommen und mussten sich in Griechenland wegen unbegründeter Anschuldigungen vor Gericht verantworten. © Private, 2018

Aufgrund der fehlenden Übersetzung der Anklageschrift für die nicht griechischen Angeklagten, sowie der vagen Beweislage hinsichtlich des Vorwurfes der Spionage, verwies das Gericht den Fall zurück an die Staatsanwaltschaft. Da es sich hier um ein geringfügiges Vergehen handelt, das nach fünf Jahren verjährt, wurde das Verfahren faktisch eingestellt. Eine Ausnahme bilden zwei griechische Angeklagte, die an eine untere Instanz verwiesen wurden und dort unter dem Vorwurf der Urkundenfälschung und Unterstützung einer „kriminellen Organisation“ vor Gericht stehen. Bei der Organisation handelt es sich in Wirklichkeit um eine Such- und Rettungsgruppe, die in Griechenland registriert war und mit der griechischen Küstenwache zusammenarbeitete.

In der Verfügung wurden einige grundlegende Verfahrensfehler eingeräumt, aber nicht anerkannt, dass die Rettung von Leben und die Solidarität mit Asylbewerber*innen kein Verbrechen ist. Damit droht den Angeklagten noch immer ein damit verbundenes Ermittlungsverfahren wegen schwerer Straftaten. Dieses hatte die Staatsanwaltschaft von den Anklagen wegen geringfügiger Vergehen abgekoppelt, damit es noch vor Ablauf der Frist verhandelt werden konnte.

In dem Verfahren wegen schwerer Straftaten wurde bisher noch keine Anklage erhoben. Nach den veröffentlichten Informationen werden die humanitären Operationen der Such- und Rettungsgruppe offenbar fälschlicherweise als Menschenschmuggel durch eine kriminelle Organisation dargestellt. Auch die legalen Fundraising-Aktivitäten der Gruppe, einer eingetragenen gemeinnützigen Organisation, werden fälschlicherweise als Geldwäsche bezeichnet.

Auf jede schwere Straftat stehen fünf bis zehn Jahre Haft. Auf die Beihilfe zur illegalen Einreise von Ausländer*innen – ein dritter Anklagepunkt – stehen zehn bis 15 Jahre Haft für jede Person, der die Einreise erleichtert wurde.

Während die griechischen Behörden das Justizsystem nutzen, um diejenigen, die Menschen auf See und an Land helfen, als kriminell darzustellen, führen sie weiterhin illegale und bisweilen tödliche Pushbacks von Migrant*innen an der griechischen Grenze durch. Sie versuchen diejenigen zu bestrafen, die darauf aufmerksam machen.

Es ist höchste Zeit, dass die griechische Regierung aufhört, Menschenrechtsaktivist*innen zu kriminalisieren und die eigene illegale Politik, die Menschen das Recht auf Asyl verweigert, beendet.

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