Viele autokratische Regierungen haben, wenn es um Menschenrechte und demokratische Freiheiten geht, einen schlechten internationalen Ruf. Eine Möglichkeit, dies zu ändern, ist es, ehemalige Spitzenpolitiker aus demokratischen Ländern als „Berater" anzuwerben.
Damit verknüpft sich die Hoffnung, dass das Ansehen eines Landes verbessert wird, wenn es eine Verbindung zu glaubwürdigen Persönlichkeiten gibt.
Kasachstan ist dafür ein gutes Beispiel - besonders als das Land 2011 den früheren britischen Premierminister Tony Blair anwarb, der die Regierung bei wirtschaftlichen und sozialen Reformen beraten sollte. Neue Recherchen des Magazins Der Spiegel zeigen nun, dass die Bemühungen der Regierung noch weit darüber hinaus gehen.
In Dokumenten, die dem Spiegel zugänglich sind, wird deutlich: Frühere europäische Spitzenpolitiker, darunter der italienische Ministerpräsident Romano Prodi und der ehemalige österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, haben von Kasachstan bis zu 400.000 Euro jährlich erhalten, weil sie Mitglieder eines „Independent International Advisory Council" (IIAC) waren.
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder und der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler nahmen als „Special Guests" an Treffen teil.
Menschenrechtslage in Kasachstan miserabel
Warum ist all dies wichtig? Weil die Menschenrechtslage in Kasachstan schlecht ist und sich seit den gewaltsamen Zusammenstößen im Dezember 2011 weiter verschlechtert hat, als zwölf Personen während eines Ölarbeiter-Streiks durch die Polizei getötet wurden.
Seitdem ist die Regierung immer härter gegen die Opposition und unabhängige Medien vorgegangen. Die Behörden haben regelmäßig friedliche Demonstranten mit Geldstrafen belegt und verhaftet.
Wenn Politiker aus Ländern kommen, in denen die Menschenrechte geachtet werden, dann haben sie eine besondere Verantwortung Menschenrechtsfragen anzusprechen, sobald sie autokratische Regierungen beraten. Im Fall Kasachstan gibt es kaum Hinweise, dass dies passiert ist.
Human Rights Watch war deshalb mit Tony Blair in Kontakt, auch über Briefverkehr. Zwar gab Tony Blair zu, dass es „kritische Aspekte" bei den Menschenrechten in Kasachstan gibt.
Doch finden sich keine Belege, dass er seine Rolle genutzt hat, um sich für eine Verbesserung der Menschenrechtslage einzusetzen. Die Enthüllungen des Spiegel sind erdrückend.
Europäische Politiker bieten Beratung an
Bei einem IAAC-Treffen 2010 haben europäische Politiker ihre Beratungsdienste angeboten, um zu verhindern, dass Kritik von Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Human Rights Watch, den OSZE-Gipfel in Astana überschattet.
Äußerst zynisch ist auch, worauf das Magazin weiter hinweist: Obwohl der IAAC als „unabhängig" bezeichnet wird, verbot eine Klausel in den Beraterverträgen den unterzeichnenden Politikern, Kasachstan überhaupt zu kritisieren.
Um ihren eigenen Ruf nicht zu beschädigen, behaupten Politiker wie Tony Blair, sie seien nicht von Geld getrieben.
Es gehe ihnen vielmehr darum, den Menschen zu helfen. Wenn dies wirklich so ist, dann sollten sie ihren Einfluss nutzen, um Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie Kasachstan zu beenden.
Sind sie dazu nicht in der Lage, weil sie von der entsprechenden Regierung bezahlt werden, so müssen sie dies zugeben.
Sie können dann nicht mehr behaupten, ihr Einsatz diene dem öffentlichen Interesse. Dadurch wird auch vermieden, dass Regierungen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, reingewaschen werden.