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Usbekistan: Kranker Menschenrechtsaktivist in Gefängnis misshandelt

Folter in Gefängnissen soll gestoppt und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden

(Moskau, 4. Februar 2009) - Usbekische Behörden sollen umgehend und bedingungslos den inhaftierten Menschenrechtsverteidiger Alisher Karamatow freilassen. Karamatow wurde gezwungen, mehrere Stunden in eisiger Kälte zu verbringen, um die Verletzung eines Disziplinarvergehens zu gestehen. Human Rights Watch rief die Behörden auf, den Fall zu untersuchen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen.

Am 30. Dezember 2008 wollten Gefängnisbeamte Karamatow zwingen, eine Erklärung zu unterschreiben, in der er ein Disziplinarvergehen gestehen sollte, das er nach eigenen Angaben nicht begangen hat, so seine Frau, die ihn im Januar besuchte. Er weigerte sich und teilte den Angestellten mit, dass er sich bei der Staatsanwaltschaft beschweren werde. Daraufhin befahlen die Beamten, dass Karamatow seinen Hut und seine Kleidung ablegen und ins Freie gehen solle, nur mit seiner dünnen Gefängnisuniform bekleidet. Die Temperatur war unter dem Gefrierpunkt und es schneite. Nach drei Stunden in der Kälte willigte Karamatow ein, die Erklärung zu unterschreiben.

„Trotz des Aufrufs europäischer Regierungen und der USA, Karamatow Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, werden ihm nicht nur Gerechtigkeit, sondern grundlegende Menschrechte verwehrt“, so Igor Vorontsov, Usbekistan-Researcher von Human Rights Watch. „Es ist überflüssig anzumerken, dass Karamatow überhaupt nicht hätte verhaftet werden sollen.“

Human Rights Watch rief die Europäische Union und die US-Behörden auf, sich stärker für den Menschenrechtsschutz in Usbekistan einzusetzen. Zudem soll auf die usbekische Regierung Druck ausgeübt werden, damit diese inhaftierte Menschenrechtsverteidiger freilässt.

Bei dem Vorfall am 30. Dezember beschuldigte ein Gefängnismitarbeiter Karamatow, er habe muslimische Gebete aufgesagt und einen zu langen Bart getragen, Zeichen eines gläubigen Muslim. Karamatows Frau sagt hingegen, dass er keinen Bart trage und niemals laut im Gefängnis gebetet habe. Das Beten, vor allem in größeren Gruppen, ist für Gefangene in Usbekistan meist verboten. Die Regierung unter Präsident Karimow ist seit Jahren für ihr Vorgehen gegen die angebliche islamische Bedrohung bekannt, meist durch die Verfolgung von unabhängigen Muslimen, die außerhalb offizieller Richtlinien und Institutionen beten und ihre Religion ausüben.

Karamatow ist aktives Mitglied der „Menschenrechtsvereinigung von Usbekistan“ in der Stadt Gulistan, Provinz Syrdaryo, und wurde am 29. April 2006 verhaftet. Er wurde zu neun Jahren Haft wegen politisch motivierter Erpressung verurteilt, nach einem Gerichtsverfahren im Juni 2006, das nach Meinung unabhängiger Beobachter internationalen Standards nicht genügte. Nach Angaben seines Verteidigers gestand Karamatow seine Verbrechen, nachdem er gefoltert worden war. Der Anwalt teilte mit, dass die Ermittler Karamatow auf seine Fußsohlen schlugen, ihn auf den Boden warfen und ihm mit einer Gasmaske den Erstickungstod vortäuschten, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen.

Karamatow erkrankte im Gefängnis schwer an Tuberkulose und wurde im Oktober 2006 in das Gefängniskrankenhaus eingeliefert. Human Rights Watch hat Usbekistan aufgefordert, ihn aus gesundheitlichen Gründen freizulassen, und auch Karamatows Anwalt hat ein Freilassungsgesuch aus gesundheitlichen Gründen eingereicht. Am 27. Januar 2009 wiesen die Behörden den Antrag zurück, unter der Behauptung sein Zustand habe sich deutlich gebessert.

Human Rights Watch hat schwere Bedenken über den Gesundheitszustand von zahlreichen Menschenrechtsverteidigern in Usbekistan geäußert. Es sind Fälle dokumentiert, in denen die Behörden die Gefangene nicht nur unzureichend medizinisch versorgt haben, sondern ihren Gesundheitszustand bewusst durch Folter, Misshandlung und psychische Drogen verschlechtert haben (Pressemittleitung auf Englisch).
Human Rights Watch hat am 3. Dezember einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan im Rahmen des UPR-Verfahrens vor dem UN-Menschenrechtsrat eingereicht (Zum Bericht auf Englisch).

In einer äußerst enttäuschenden Entscheidung am 13 Oktober hoben die EU-Außenminister das Einreiseverbot gegen acht ehemalige und amtierende usbekische Regierungsmitglieder auf, die für die Angriffe der Polizei auf meist unbewaffnete Demonstranten im Mai 2005 in der Stadt Andischan verantwortlich waren, bei denen Hunderte ums Leben kamen.

Die Europäische Union versprach, die Situation weiter zu beobachten, und rief die usbekischen Behörden auf, alle inhaftierten Menschenrechtsverteidiger freizulassen und ihre Verfolgung einzustellen. Die EU begründet die Lockerung der Sanktionen damit, dass Fortschritte beim Menschenrechtsschutz zu erkennen seien. Doch weiterhin sind mindestens elf Menschenrechtsaktivisten inhaftiert, neben Dutzenden weiteren politischen Gefangenen und Tausenden „religiösen Gefangenen“, die die usbekische Regierung als „Extremisten“ bezeichnet.

Human Rights Watch forderte die EU auf, die usbekische Regierung dazu zu drängen, alle Menschenrechtsverteidiger freizulassen, die sich immer noch in usbekischer Gefangenschaft befinden.

„Die internationale Gemeinschaft, besonders die EU und die USA, sollen die Freilassung von Karamatow und anderen Menschrechtsaktivisten zu einer Vorbedingung für die weitere Zusammenarbeit mit Usbekistan machen“, so Vorontsov. „Das ist eine Möglichkeit für die neue US-Regierung, eine stärkere Position bezüglich der Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan einzunehmen. Ein starkes internationales Signal wird von der usbekischen Führung nicht unbemerkt bleiben.“

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