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(London, 6. Dezember 2004) – Human Rights Watch rief heute die Europäische Union dazu auf, der Forderung Chinas, das EU-Waffenembargo gegen China aufzuheben, nicht nachzugeben. Das Embargo wurde auferlegt, nachdem die Regierung am 4. Juni 1989 blutig und gewaltsam gegen Demonstranten am Tiananmen-Platz in Peking vorgegangen war. China erklärte, dass das Embargo nicht mit etwaigen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang stünde und diese deshalb von der EU auch nicht als Grund für die Aufrechterhaltung des Embargos in Betracht gezogen werden dürfe.

„Selbstverständlich steht das Embargo in diesem Zusammenhang,“ so Brad Adams, Direktor der Asienabteilung von Human Rights Watch. „China hat 1989 seine Armee auf unbewaffnete Demonstranten losgelassen. Viele sind getötet worden, Hunderte, wenn nicht Tausende andere wurden ins Gefängnis gesteckt, um die Allmacht der Partei zu sichern. In einem Land, in dem Menschen dafür eingesperrt werden, nur weil sie ihre Meinung sagen oder unzensiert über Ereignisse zu berichten versuchen, sind Menschenrechte immer ein wichtiger Zusammenhang.“

Human Rights Watch rief die EU dazu auf, sich nicht von geschäftlichen Interessen dazu verleiten zu lassen, bei ihrem jahrelangen Einsatz für die Verbesserung der Menschenrechtssituation in China klein beizugeben. „Frankreich und einige andere EU-Mitglieder haben schon deutlich ihre Ansichten zum Ausdruck gebracht: Man sei vor allem an Geschäftsbeziehungen interessiert und habe nicht vor, diese durch menschenrechtliche Bedenken zu behindern,“ erklärt Adams. „Dieser Ansatz ist gefährlich und falsch.“

Human Rights Watch lobte das Verhalten des deutschen Bundestags, der fest auf der Beibehaltung des Embargos besteht, obwohl Kanzler Schröder für eine Aufhebung der Verkaufssperre eingesetzt hatte, um deutschen Firmen bessere Aufträge in China zu sichern.

Human Rights Watch forderte, dass die EU auch im Austausch für die Freilassung von einigen Häftlingen, die ohnehin grundlos in Haft sitzen, auf keinen Fall Zugeständnisse machen dürfe. Stattdessen müsse die EU auf einer Generalamnestie für alle jenen Inhaftierten bestehen, die wegen friedlicher Proteste im Gefängnis säßen. Sie sollte sich für neue Verfahren für die Menschen einsetzen, die im Zusammenhang mit den Demonstrationen von 1989 festgenommen worden sind. Bei Wiederaufnahmeverfahren müssten dann auch internationale Beobachter zugelassen werden.

Außerdem rief Human Rights Watch die EU dazu auf, im Zusammenhang mit dem Massaker auf einer unabhängigen Untersuchung zu bestehen. Dieses ist nun 15 Jahre her und noch immer wurde niemand öffentlich dafür verantwortlich gemacht, dass die Armee richtiggehend auf die Einwohner von Peking gehetzt worden ist. Es ist nicht bekannt, wie viele Menschen bei diesem blutigen Vorfall ums Leben gekommen sind, verletzt oder verhaftete wurden. Auch gibt es keine Zahlen darüber, wie viele dieser Gefangenen sich noch heute in Haft befinden.

Wer versucht an solche Informationen heranzukommen, dem droht selbst Gefängnisstrafe, Überwachung und Belästigung. Die Lehrerin Ding Zilin, deren Sohn im Juni 1989 als unbeteiligter Zuschauer getötet worden war, ist zum Beispiel die treibende Kraft hinter einer Bewegung die Informationen über die Geschehnisse vor 15 Jahren sammeln möchte. Ding Zilin wurde mehrmals inhaftiert oder unter Hausarrest gesetzt. Ihren Beruf darf sie nicht mehr ausüben. Li Ha, 1989 ein Student der Philosophie, versuchte Erkundigungen über Menschen einzuziehen, die seit den Tiananmen-Ereignissen im Haft sitzen. Li Ha verbrachte wegen dem „Auskundschaften von Staatsgeheimnissen“ fast 9 Jahre im Gefängnis. Dr. Jiang Yanyong, der das volle Ausmaß der SARS-Epidemie in China aufdeckte, wandte sich in einem persönlichen Brief an die chinesische Regierung, in dem er darum bat, dass das offizielle Urteil widerrufen werden müsse, nachdem die Demonstranten von 1989 den gegenrevolutionären Aufstand geprobt hätten. Seitdem musste sich Dr. Jiang Yanyong strikten „Erziehungsmaßnahmen“ unterziehen, darf sein Haus nicht verlassen, keine Besucher empfangen und das Internet nur mit spezieller Genehmigung benutzen.

„Man darf nicht vergessen, warum das Embargo 1989 beschlossen wurde,“ erklärte Adams. „Die chinesische Armee hat die Waffen gegen die eigenen Bürger erhoben, nur weil die Regierung das so befohlen hat. Nichts deutet darauf hin, dass sich die Lage inzwischen verbessert hätte. Die EU könnte auf keinen Fall sicher sein, dass so etwas nicht noch mal passiert. Wenn die Verkaufssperre aufgehoben wird, wer weiß, vielleicht geschieht dann der nächste Angriff mit aus Europa gelieferten Waffen.“

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