(Bangkok, 17. November 2025) – Regierungen sollten die Pläne der Junta in Myanmar, zwischen Ende Dezember 2025 und Januar 2026 Wahlen abzuhalten, ablehnen, da diese weder frei noch fair oder inklusiv sein werden, erklärte Human Rights Watch heute. Seit dem Militärputsch im Februar 2021 hat die Junta systematisch die Rechtsstaatlichkeit und die noch jungen demokratischen Strukturen des Landes zerschlagen. Im Vorfeld der Wahlen hat sie die Repression und Gewalt weiter verschärft.
Die Junta kündigte an, dass die ersten beiden Phasen der mehrstufigen Wahlen am 28. Dezember und 11. Januar stattfinden sollen. Seit dem Putsch hat die Junta Dutzende politische Parteien verboten und schätzungsweise 30.000 politische Gegner inhaftiert, darunter fast 100 Personen, die nach einem drakonischen Wahlgesetz aus dem Juli dieses Jahres festgenommen wurden. Der Anführer der Junta, Generaloberst Min Aung Hlaing, räumte ein, dass die Wahlen nicht in allen Gemeinden stattfinden werden – angesichts der weit verbreiteten Kämpfe mit oppositionellen bewaffneten Gruppen, die von Kriegsverbrechen des Militärs geprägt sind.
„Die Scheinwahlen der Myanmar-Junta sind ein verzweifelter Versuch, nach fast fünf Jahren brutaler militärischer Repression internationale Legitimität zu erlangen“, sagte Elaine Pearson, Asien-Direktorin bei Human Rights Watch. „Regierungen, die diesen Wahlen irgendeine Glaubwürdigkeit verleihen, würden damit ein völliges Fehlen von Unterstützung für eine zivile, demokratische Ordnung in Myanmar signalisieren.“
Am 29. Juli verabschiedete die Junta das „Gesetz zur Verhinderung von Behinderung, Störung und Sabotage der allgemeinen Mehrparteien-Demokratie-Wahl“, das Kritik an der Wahl kriminalisiert, indem es jegliche Äußerungen, Organisationen oder Proteste verbietet, die irgendeinen Teil des Wahlprozesses stören. Zuwiderhandlungen können mit bis zu 20 Jahren Haft und der Todesstrafe bestraft werden.
Unter dem neuen Gesetz haben Behörden der Junta seit August 94 Personen wegen Aktivitäten in sozialen Medien, dem Verteilen von Aufklebern und Flugblättern, dem Halten von Reden und anderen angeblichen Handlungen der „Einmischung“ und „Störung“ der Wahl festgenommen. Darunter auch mindestens vier Kinder. Am 9. September wurde ein Mann in Taunggyi, Shan-Staat, wegen eines Junta-kritischen Facebook-Posts zu sieben Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Am 29. Oktober wurden die Filmemacher Zambu Htun Thet Lwin und Aung Chan Lu festgenommen, weil sie einen Facebook-Post „geliked“ hatten, der einen Wahlpropagandafilm kritisierte.
Seit Februar 2022 haben die Behörden fast 2.000 Menschen wegen Online-Aktivitäten festgenommen, die die Opposition unterstützen oder das Militär kritisieren. Dies ist Teil der systematischen Zerschlagung der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit durch die Junta.
Das Militär verfügt nicht über ausreichende territoriale Kontrolle, um glaubwürdige Wahlen abzuhalten. Ein Großteil des Landes ist umkämpft oder von der Opposition kontrolliert, erklärte Human Rights Watch. Die landesweite Volkszählung, die im Oktober 2024 zur Erstellung von Wählerlisten versucht wurde, fand nur in 145 der 330 Gemeinden des Landes statt – weniger als die Hälfte. Die Wahlkommission erklärte im September, dass in 56 Gemeinden, die als „nicht geeignet“ gelten, keine Abstimmung stattfinden werde, während die bisher angekündigten zwei Phasen nur 202 Gemeinden abdecken.
Teil der Bemühungen der Junta, vor den Wahlen Gebiete von der bewaffneten Widerstandsbewegung zurückzuerobern, beinhalten wiederholte Luftangriffe auf Zivilist*innen und zivile Infrastruktur, die mögliche Kriegsverbrechen darstellen. Sowohl China als auch Russland, die Hauptlieferanten von Flugzeugen und Waffen für die Junta, unterstützen die Wahlen. Die beiden Länder haben die Junta seit Langem unterstützt und internationale Maßnahmen gegen militärische Gräueltaten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen blockiert.
Militärische Übergriffe und eskalierende Konflikte haben über 3,5 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben und etwa 20 Millionen in humanitäre Not gestürzt. Unabhängige Medien und zivilgesellschaftliche Gruppen berichten, dass die Behörden der Junta vertriebene Menschen und Gefangene unter Druck setzen, ihre Stimme abzugeben, sowie die Zahl der Kontrollpunkte und die digitale Überwachung erhöhen.
Der Putsch von 2021 beendete faktisch den schleppenden und begrenzten demokratischen Übergangsprozess unter der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi. Bei den Parlamentswahlen im November 2020 gewann die NLD 82 Prozent der umkämpften Sitze und besiegte damit deutlich die militärnahe „Union Solidarity and Development Party“ (USDP). Als Reaktion sprach das Militär von weit verbreiteten Wahlbetrug – ein unbegründeter Vorwurf, der von der Wahlkommission der Union sowie internationalen und nationalen Wahlbeobachter*innen zurückgewiesen wurde.
Am frühen Morgen des 1. Februar 2021, als das neue Parlament erstmals zusammentreten sollte, nahm das Militär Präsident Win Myint, Aung San Suu Kyi und zahlreiche andere NLD-Minister*innen, Parlamentsmitglieder und regionale Verwaltungsbeamte fest und beraubte damit die Bevölkerung Myanmars ihres in internationalen Rechtsnormen verankerten Rechts, ihre Regierung frei zu wählen.
In den Monaten nach dem Putsch verhaftete die Junta mindestens 197 Minister*innen und Parlamentsmitglieder sowie 154 Mitglieder der Wahlkommission der Union. Suu Kyi und Win Myint verbüßen Haftstrafen von 27 bzw. 8 Jahren aufgrund einer Reihe konstruierter Anklagen.
Im Januar 2023 verabschiedete die Junta ein neues Gesetz zur Registrierung politischer Parteien, das darauf abzielt, führende Mitglieder der NLD von der Teilnahme an Wahlen auszuschließen und damit internationale Standards zu verletzen, die das Recht politischer Parteien auf Organisation und Kandidatur garantieren. Im März desselben Jahres kündigte die Junta die Auflösung der NLD und 40 weiterer politischen Parteien und anderen Gruppen an, weil sie sich nicht nach dem neuen Gesetz registriert hatten. Im September 2025 löste die Junta vier weitere Parteien auf, weil sie die Anforderungen des Gesetzes nicht erfüllten.
Zuvor hatte die Junta die oppositionelle Nationale Einheitsregierung und deren parlamentarisches Gremium, das Komitee zur Vertretung des Pyidaungsu Hluttaw, als „terroristische Organisationen“ eingestuft. Oppositionsgruppen haben deutlich gemacht, dass sie jede Wahl unter der Junta ablehnen.
Nach dem Putsch ersetzte die Junta die zivile Wahlkommission der Union durch ein vom Militär eingesetztes Gremium. Die Europäische Union hat den am 31. Juli 2025 ernannten Vorsitzenden, Than Soe, sowie andere Mitglieder der Junta-Kommission sanktioniert, weil sie „direkt an Handlungen beteiligt sind, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Myanmar untergraben“. Vor dem Putsch leitete Than Soe den Militärblock im Oberhaus des Parlaments. Nach der Verfassung von 2008 ernennt das Militär 25 Prozent der Parlamentssitze.
Am 31. Juli kündigte die Junta zur Vorbereitung der Wahlen die Bildung der „Kommission für Staatssicherheit und Frieden“ an, die den seit dem Putsch bestehenden „Staatsverwaltungsrat“ ersetzt. Außerdem erklärte sie einen neuen Ausnahmezustand und verhängte Kriegsrecht für 63 Gemeinden in den Staaten Chin, Kachin, Karen (Kayin), Karenni (Kayah), Rakhine und Shan sowie in den Regionen Magway, Mandalay und Sagaing. Diese Anordnungen, die sich hauptsächlich auf Gemeinden unter Oppositionskontrolle beziehen, wurden am 31. Oktober um weitere 90 Tage verlängert. Die Anordnungen übertragen die „Befugnisse und Verantwortlichkeiten der genannten Gemeinden an den Oberbefehlshaber“.
Im November 2024 beantragte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs einen Haftbefehl gegen den Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die 2017 begangen wurden.
Die Junta versucht, jegliche politische Opposition zu zerschlagen, die mögliche Einrichtung einer demokratischen Zivilregierung zu verhindern und Legitimität für einen militärisch kontrollierten Staat zu erlangen, erklärte Human Rights Watch. Sie hat die Voraussetzungen für Wahlen geschaffen, die von der militärnahen USDP dominiert werden. Während die offizielle 60-tägige Wahlkampagne am 28. Oktober begann, war die Kampagne der Militärpartei bereits in vollem Gange. Berichten zufolge hat die Junta Wahlkampfveranstaltungen verboten.
Beim Gipfeltreffen der Vereinigung Südostasiatischer Nationen (ASEAN) im Oktober forderte UN-Generalsekretär António Guterres einen „glaubwürdigen Weg zurück zur zivilen Herrschaft“ in Myanmar und erklärte: „Ich glaube nicht, dass irgendjemand denkt, diese Wahlen werden frei und fair sein.“ Volker Türk, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, bezeichnete die Durchführung der Wahlen im Dezember als „unvorstellbar“.
Während ASEAN betonte, dass Frieden und politischer Dialog „den Wahlen vorausgehen müssen“, fehlt dem regionalen Bündnis die Möglichkeit, einzelne Mitgliedsstaaten daran zu hindern, technische Hilfe oder bilaterale Unterstützung zu leisten.
„Malaysia, Japan und andere asiatische Regierungen, die deutlich gemacht haben, dass diese Wahlen der Bevölkerung Myanmars schaden, sollten ihre Nachbarn auffordern, dasselbe zu tun“, sagte Pearson. „Um jede Unterstützung aus China, Russland und anderen Ländern, die die Wahlen befürworten, auszugleichen, ist eine klare, unmissverständliche Botschaft erforderlich: Diese illegitimen Wahlen werden Myanmars Abstieg in Gewalt, Repression und autokratische Herrschaft nur weiter verfestigen.“