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© 2017 Brian Stauffer for Human Rights Watch

(London) – Mehr Bekleidungs- und Schuhunternehmen sollen den 17 führenden Modemarken folgen, die ein wichtiges neues Transparenzversprechen abgegeben haben, so ein Bündnis aus Gewerkschaften, Menschenrechts- und Arbeitsrechtsorganisationen in einem heute veröffentlichten Bericht. Mit dem Versprechen sagen die Unternehmen zu, Informationen zu veröffentlichen, durch die Anwälte, Arbeitnehmer und Konsumenten erfahren können, wo ihre Produkte hergestellt werden.

Der 40-seitige Bericht „Follow the Thread: The Need for Supply Chain Transparency in the Garment and Footwear Industry“ erscheint, kurz bevor sich der katastrophale Einsturz des Rana Plaza-Fabrikkomplexes in Bangladesch zum vierten Mal jährt. Er fordert Unternehmen auf, sich dem Versprechen über transparente Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhproduktion (Apparel and Footwear Supply Chain Transparency Pledge) anzuschließen. Unternehmen, die dieses Versprechen abgeben, sagen zu, Informationen darüber zu veröffentlichen, in welchen Fabriken ihre Produkte hergestellt werden. Damit räumt das Versprechen ein wesentliches Hindernis im Kampf gegen menschenrechtswidrige Arbeitsbedingungen in der Textilbranche aus und trägt dazu bei, Tragödien wie den Rana Plaza-Einsturz zu verhindern.

Das Bündnis kontaktierte 72 Unternehmen mit der Bitte, sich dem Versprechen anzuschließen und dessen Bedingungen zu erfüllen. Der Bericht gibt die Reaktionen wieder und prüft, inwieweit die Unternehmen gemäß dem Versprechen Transparenz in die Lieferketten zu bringen.

„Ein gewisses Maß an Transparenz sollte die Norm in der Textilbranche des 21. Jahrhunderts sein“, so Aruna Kashyap, Frauenrechtsexpertin von Human Rights Watch. „Eine transparente Wertschöpfungskette ist besser für die Arbeitnehmer und die Menschenrechte. Und sie zeigt, dass die Unternehmen Missbrauch in ihrer Lieferkette wirklich verhindern wollen.“

Beim Einsturz des Rana Plaza-Komplexes am 24. April 2013 starben mehr als 1.100 Fabrikarbeiter, mehr als 2.000 wurden verletzt. Kurz zuvor kam es in zwei Fabriken – Ali Enterprises in Pakistan und Tazreen in Bangladesch – zu Großbränden, bei denen mehr als 350 Arbeitnehmer starben und viele andere schwer verletzt wurden. Im Nachgang dieser Katastrophen war es für Arbeitsorganisationen fast unmöglich festzustellen, welche Unternehmen in den betroffenen Fabriken fertigen ließen. Stattdessen mussten sie an den Unglücksstellen nach Marken-Labels suchen und überlebende Arbeiter befragen, um die Verantwortlichen zu identifizieren.

Bis Ende des Jahres 2016 veröffentlichten mindestens 29 weltweit operierende Bekleidungsunternehmen Informationen über die Fabriken, die ihre Produkte herstellen. Um diesen Trend weiter zu fördern, sprach sich im Jahr 2016 ein Bündnis aus neun Arbeits- und Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften für ein Transparenzversprechen aus. Es soll einheitliche Wettbewerbsbedingungen in der Branche schaffen und einen Minimalstandard etablieren, welche Informationen über Zulieferfabriken veröffentlicht werden.

Dem Bündnis gehören die Clean Clothes Campaign, Human Rights Watch, der weltweit agierende Gewerkschaftsverband IndustriALL, der International Corporate Accountability Roundtable, das International Labor Rights Forum, der Internationale Gewerkschaftsbund, das Maquila Solidarity Network, der internationale Gewerkschaftsdachverband UNI Global Union und das Worker Rights Consortium an.

Die Mitglieder des Bündnisses schrieben 72 Unternehmen an – darunter die 23 Branchenführer, die bereits Informationen über ihre Zulieferer veröffentlichen – und forderten sie auf, die Standards des Transparenzversprechens zu übernehmen und einzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichten zahlreiche Bekleidungsunternehmen, die ihre Produkte zum Teil aus Ländern mit notorischen Arbeitsrechtsproblemen beziehen, keinerlei Informationen über ihre Zulieferfabriken.

Das Transparenzversprechen greift bestehende, beispielhafte Praktiken weltweit operierender Bekleidungsunternehmen auf und setzt Minimal- und nicht Maximalstandards für transparente Lieferketten. Es fordert von Bekleidungsunternehmen, wichtige Informationen über ihre Lieferfabriken und deren Zulieferer und Subunternehmer zu veröffentlichen. Wenn Informationen über die Zulieferfabriken vorliegen, können die Menschenrechte der Arbeitnehmer besser geltend gemacht werden. Außerdem bringt eine Offenlegung ethische Geschäftspraktiken und die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in Lieferketten in der Bekleidungsbranche voran und stärkt das Vertrauen der Kunden. All das entspricht den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Viele bedeutende Investoren fordern inzwischen von Bekleidungsunternehmen, ihre Zulieferketten offenzulegen. Vor kurzem nahm das Corporate Human Rights Benchmark, dem 85 Investoren mit einem Gesamtvermögen von 5,3 Billionen US$ angehören, Lieferkettentransparenz in seine Wertungsliste auf und verpflichtete Bekleidungsunternehmen dazu, mindestens die Namen der Fabriken zu veröffentlichen, die für sie produzieren.

„Nach Rana Plaza und anderen Katastrophen haben Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und einige Unternehmen und Investoren erkannt, wie wichtig Transparenz ist, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und Verantwortlichkeiten festzustellen“, so Ben Vanpeperstraete, Koordinator für Lobbyarbeit im internationalen Büro der Clean Clothes Campaign. „Unternehmen müssen Transparenz praktizieren, wenn sie beweisen wollen, dass sie die Menschenrechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen respektieren.“

Transparenz ist ein starkes Mittel, um die Verantwortung von Unternehmen für die Rechte von Arbeitnehmern in der Textilbranche weltweit zu fördern. Durch sie können Arbeitnehmer, Arbeits- und Menschenrechtsorganisationen die Unternehmen auf Rechtsverletzungen in ihren Lieferfabriken aufmerksam machen. Informationen über die Zulieferfabriken von Modemarken ermöglichen im Fall von Menschenrechtsverletzungen schnelleren Zugang zu Wiedergutmachungsmechanismen.

Von den 72 Unternehmen, die das Bündnis angesprochen hat, werden 17 die Standards des Transparenzversprechens bis Dezember 2017 vollständig einhalten.

Zahlreiche andere Unternehmen erfüllen diese Standards nicht oder nicht vollständig: fünf erfüllen sie fast, 18 bewegen sich in die richtige Richtung, indem sie zumindest die Namen und die Adressen von Fabriken veröffentlichen, die ihre Produkte weiterverarbeiten, und sieben sagten zu, bis Dezember 2017 in kleinem Umfang Informationen über ihre Lieferfabriken zu veröffentlichen - zum Beispiel einen Teil der Fabriken oder zumindest die Namen der Fabriken nach Land oder Produktion.

Weitere 25 Bekleidungsunternehmen veröffentlichen keinerlei Informationen über die Fabriken, die ihre Waren produzieren. Diese Unternehmen haben auf die Anfrage entweder nicht reagiert oder nicht zugesagt, irgendeine der angefragten Informationen zu veröffentlichen.

Das Bündnis fordert die Unternehmen, die das Versprechen nicht abgegeben haben, auf, dies bis Dezember zu tun und so dazu beizutragen, in der Bekleidungsindustrie einen Minimalstandard für transparente Lieferketten zu etablieren.

„Hinsichtlich der Lieferketten ein Mindestmaß an Transparenz zu praktizieren, wie es das Versprechen vorsieht, ist wichtig, um Verantwortlichkeiten offen zu legen“, so Judy Gearhart, stellvertretende Direktorin des International Labor Rights Forum. „Unternehmen könnten noch mehr tun, aber sie sollen zumindest diese grundlegenden Schritte gehen.“

Einige Unternehmen behaupten, dass es ihnen einen Wettbewerbsnachteil einbringen würde, wenn sie ihre Zulieferfabriken offen legen. Aber dieses Argument widerlegen eindeutig die Marken, die solche Informationen veröffentlichen. Esprit, eines der Unternehmen, die das Versprechen abgegeben haben, formulierte es so: „Diese Informationen zu veröffentlichen, ist für viele Unternehmen nicht angenehm, aber es ist an der Zeit, es zu tun.“

Bekleidungsunternehmen, die das Versprechen vollständig oder fast vollständig umsetzen
Bekleidungsunternehmen, die bereits zuvor Informationen über ihre Lieferketten veröffentlicht und zugesagt haben, bis Dezember 2017 weiterführende Informationen über ihre Zulieferbetriebe gemäß dem Transparenzversprechen zu veröffentlichen: adidas, C&A, Cotton On Group, Esprit, G-Star RAW, die H&M-Gruppe, Hanesbrands, Levis, Lindex, Nike und Patagonia.

Bekleidungsunternehmen, die bislang keine Informationen über ihre Zulieferbetriebe veröffentlichen und zugesagt haben, Informationen zu veröffentlichen, die vollständig das Transparenzversprechen erfüllen: ASICS, ASOS, Clarks, New Look, Next und die Pentland Brands. Diese weltweit operierenden Bekleidungsunternehmen ebnen den Weg hin zu einem branchenweiten Minimalstandard für transparente Lieferketten.

John Lewis, Marks and Spencer, Tesco, Gap und Mountain Equipment Co-op haben eigene Transparenzstandards, die mit denen des Versprechens fast übereinstimmen.

In die richtige Richtung
Coles, Columbia Sportswear, Disney, Hudson’s Bay Company, Kmart and Target Australia und Woolworths Australia veröffentlichen bereits die Namen und Adressen von Zulieferbetrieben und haben nicht zugesagt, weitere Standards aus dem Versprechen zu erfüllen. Puma und New Balance veröffentlichen bereits die Namen und Adressen von Zulieferfabriken und haben zugesagt, entsprechend der Standards des Versprechens zukünftig weitere Details offenzulegen.

ALDI Nord und ALDI Süd, Arcadia Group, Benetton, Debenhams, LIDL, Tchibo, Under Armour und VF Corporation unternehmen Schritte in die richtige Richtung. Sie haben damit begonnen oder werden im Jahr 2017 damit beginnen, die Namen und Adressen der Fabriken zu veröffentlichen, die ihre Waren weiterverarbeiten. Fast Retailing veröffentlicht im Jahr 2017 die Namen und die Adressen der „Hauptfabriken“, die für die Marke UNIQLO produzieren.

Kleine Schritte hin zur Veröffentlichung von Informationen über Zulieferfabriken
Target USA veröffentlicht bereits die Namen der Zulieferfabriken nach Produktionsland, wollte sich aber nicht zu weiteren Schritten verpflichten. Im Jahr 2017 unternahmen Mizuno, Abercrombie & Fitch, Loblaw und PVH Corporation erste Schritte, die Namen ihrer Zulieferer zu veröffentlichen, aber nur unter Angabe des Produktionslandes.

BESTSELLER und Decathlon sagten zu, dass sie im Jahr 2017 Informationen über Zulieferfabriken veröffentlichen werden, spezifizierten dies aber nicht
weiter.

Keine Zusage, Informationen über Zulieferfabriken zu veröffentlichen
American Eagle Outfitters, Canadian Tire, Carrefour, Desigual, DICK’S Sporting Goods, Foot Locker, Hugo Boss, KiK, MANGO, Morrison’s, Primark, Sainsbury’s, The Children’s Place, und Walmart sagten nicht zu, Informationen über ihre Zulieferfabriken zu veröffentlichen. Inditex lehnt es ab, diese Informationen zu veröffentlichen, stellt sie aber IndustriALL und dessen Partnern im Rahmen der Berichterstattung unter einer globalen Rahmenvereinbarung zur Verfügung.

Armani, Carter’s, Forever 21, Matalan, Ralph Lauren Corporation, Rip Curl, River Island, Shop Direct, Sports Direct und Urban Outfitters reagierten nicht auf die Anfrage des Bündnisses und veröffentlichen keine Informationen über ihre Lieferkette.

Firmen, die eine globale Rahmenvereinbarung mit IndustriALL abgeschlossen haben und begrenzt Informationen über ihre Zulieferfabriken veröffentlichen:
H&M Group und Mizuno; Tchibo beginnt im Jahr 2017 mit der Veröffentlichung.

Firmen, die dem Übereinkommen über Feuer- und Gebäudesicherheit in Bangladesch (Bangladesh Accord on Fire and Building Safety) beigetreten sind und Informationen über ihre Zulieferfabriken veröffentlichen:
Mitglieder des Übereinkommens, die Informationen über Zulieferfabriken veröffentlichen, sind adidas, C&A, Cotton On Group, Esprit, G-Star RAW, die H&M-Gruppe, Kmart Australia, Lindex, Marks and Spencer, Puma, Target Australia und Woolworths.

Mitglieder des Übereinkommens, die gerade damit begonnen haben oder im Jahr 2017 damit beginnen werden, Informationen über ihre Zulieferfabriken zu veröffentlichen, sind Abercrombie & Fitch, ALDI Nord und ALDI Süd, BESTSELLER, Debenhams, Fast Retailing, John Lewis, New Look, Next, LIDL, Loblaw, PVH Corporation, Tchibo und Tesco.

Firmen, die dem deutschen Bündnis für nachhaltige Textilien (Textilbündnis) angehören und Informationen über ihre Zulieferfabriken veröffentlichen:
Adidas, C&A, Esprit, H&M und Puma; andere wie ALDI Nord und ALDI Süd, LIDL und Tchibo haben gerade damit begonnen oder werden im Jahr 2017 damit beginnen, Informationen über ihre Zulieferfabriken zu veröffentlichen.

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