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Deutschland: Usbekischer Vize-Außenminister soll zur Verbesserung der Menschenrechtslage aufgefordert werden

Engere Beziehungen sollen an konkrete Verbesserungen geknüpft werden

(Berlin, 20. May 2011) - Deutschland soll den Besuch des stellvertretenden usbekischen Außenministers vom 24. bis 26. Mai 2011 in Berlin nutzen, um konkrete Verbesserungen bei den Menschenrechten einzufordern, so Human Right Watch.

Trotz der katastrophalen Menschenrechtsbilanz der usbekischen Regierung und der Missachtung von Forderungen der Europäischen Union, die Lage zu verbessern, hat Deutschland seine Zusammenarbeit mit Usbekistan vertieft, ohne daran Bedingungen zu knüpfen. In den letzten Wochen wurden neue Informationen über die Zahlung von Millionen von Euro bekannt, die Deutschland an Usbekistan geleistet hat, um den Flughafen Termez für den Einsatz in Afghanistan zu benutzen - selbst während der Zeit, als die EU Sanktionen und Bedingungen zum Menschenrechtsschutz gegen die usbekische Regierung verhängt hatte.

„Wenn ein hochrangiger Vertreter Usbekistans empfangen wird, so ist damit die Pflicht verbunden, die katastrophale Menschenrechtsbilanz der Regierung anzusprechen", so Steve Swerdlow, Usbekistan-Experte von Human Rights Watch. „Deutschland soll Usbekistan klar machen, dass nicht alles wie gewohnt weiter geht."

Der stellvertretende Außenminister Wladimir Norow ist eine zentrale Figur in der Regierung von Präsident Islam Karimow. Er ist ehemaliger Außenminister des Landes und war Botschafter in Deutschland. Norow soll mit Vertretern des Außenministeriums und des Bundeskanzleramts zusammentreffen. Zudem sind Treffen mit dem Menschenrechtsbeauftragten und mit Abgeordneten des Bundestags geplant.

Die EU-Sanktionen wurden infolge des Massakers gegen weitgehend unbewaffnete Zivilisten am 13. Mai 2005 in der Stadt Andischan und der darauf folgenden massiven Verletzung von Menschenrechten verhängt. Nach Medienberichten zahlte Deutschland insgesamt 67.9 Millionen Euro von 2005 bis 2009 für die Benutzung von Termez: Die Zahlung stiegen jährlich, während die Sanktionen weiterhin in Kraft waren; 2008 verringerten sie sich, als die Sanktionen vollständig aufgehoben wurden. Im Jahr 2010 zahlte Deutschland insgesamt 25.9 Millionen Euro, und diese Zahlungen werden voraussichtlich fortgesetzt, solange Deutschland den Luftwaffenstützpunkt nutzt.

Während Deutschland im Stillen strategische Interessen verfolgte, die für die usbekische Regierung mit Millionen von Euro verbunden sind,  kritisierte Deutschland die EU-Sanktionen sowie die Menschenrechtskriterien und versuchte, diese abzuschwächen mit dem Hinweis, diese Mittel wären politisch wirkungslos. Die deutsche Regierung soll klarstellen, ob sie Alternativen zu Termez in Betracht gezogen hat. Falls dies der Fall war, soll sie erklären, warum sie sich dagegen entschieden hat, zugunsten der Unterstützung einer Regierung, die weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen begeht.

Am 19. Mai haben vier Bundestagsabgeordnete Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, die Fälle von verhafteten Menschenrechtsverteidigern mit Usbekistan anzusprechen. Unter der Leitung von Viola von Cramon betonten die Abgeordneten, dass die usbekische Regierung für Verstöße gegen die Grundrechte ihrer Bürger berüchtigt ist und der Dialog der Bundesregierung mit der usbekischen Regierung auch einen konsequenten und offenen Dialog über fortwährende Menschenrechtsverletzungen beinhalten muss.


Mindestens 13 Menschenrechtsverteidiger und zahlreiche Journalisten und politische Aktivisten sitzen als Vergeltung für ihre Arbeit in usbekischen Gefängnissen. Viele sind Opfer von Folter und Misshandlung. Folter und Misshandlung sind sowohl in der Untersuchungshaft als auch in Gefängnissen in ganz Usbekistan weit verbreitet. Die usbekische Regierung weigert sich nachdrücklich, inländische oder internationale Nichtregierungsorganisationen, einschließlich Human Rights Watch, in dem Land arbeiten zu lassen.

Muslime werden wegen ihrer Religion verfolgt, wenn sie diese außerhalb staatlicher Kontrolle praktizieren. Hunderte Gläubige werden jedes Jahr wegen religiösen Extremismus verurteilt, und viele werden wegen fingierter Vorwürfe, die Gefängnisregeln verletzt zu haben, ein weiteres Mal angeklagt, um sie weiter in Haft halten zu können, nachdem ihre ursprüngliche Strafe schon seit Jahren abgegolten war. Der weiterverbreitete Einsatz von Zwangsarbeit bei der jährlichen Baumwollernte, einschließlich Kinderarbeit, die von der Regierung unterstützt wird, ist eine weitere typische Form der Verletzung von Menschenrechten in Usbekistan.

Deutschland soll den Besuch des stellvertretenden Außenministers Norow nutzen, um eine konkrete Verbesserung der Menschenrechtslage einzufordern, einschließlich der Kriterien, die vom EU-Außenministerrat gesetzt worden sind:

  • Freilassung aller inhaftierten Menschenrechtsverteidiger und politischer Gefangener;
  • Uneingeschränkte Arbeitsmöglichkeit für Nichtregierungsorganisationen im Land;
  • Uneingeschränkte Zusammenarbeit mit allen relevanten UN-Sonderberichterstattern;
  • Gewährung von Meinungs- und Medienfreiheit;
  • Fortsetzung der praktischen Umsetzung der Kinderrechtskonvention;
  • Vollständige Anpassung des Wahlverfahrens an internationale Standards.

„Die jüngsten Ereignisse im Nahen Osten und Nordafrika haben gezeigt, dass bedingungslose Unterstützung für verhärtete Autokratien weder Stabilität garantieren noch die Menschenrechtslage verbessert", so Swerdlow. „Deutschland soll seinen großen Einfluss in Zentralasien und als Mitglied der EU nutzen, um der usbekischen Regierung deutlich zu machen, dass der Ausbau der Beziehungen mit einer Verbesserung der Menschenrechtslage verbunden sein muss."

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