In den letzten Wochen gab es ein paar Anzeichen dafür, dass westliche Regierungen endlich ihre Haltung zu Israel und Palästina überdenken. Aber da die Gräueltaten in den besetzten palästinensischen Gebieten weitergehen und kein Ende in Sicht ist, gibt es noch viel zu tun.
In einer koordinierten Aktion haben Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und das Vereinigte Königreich diese Woche individuelle Sanktionen gegen zwei israelische Minister angekündigt: den Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, und den Finanzminister, Bezalel Smotrich.
Diese Maßnahmen stehen nicht im Zusammenhang mit Gaza. Die fünf Regierungen sanktionierten die beiden Minister wegen ihrer Rolle bei der Anstiftung zu Gewalt gegen Palästinenser*innen im Westjordanland. Was im Westjordanland passiert, wird wegen der Zerstörung in Gaza manchmal übersehen, ist aber ebenso entsetzlich.
Seit Oktober 2023 wurden durch israelische Militäraktionen und Gewalt von Siedlern mehr als 6.400 Palästinenser*innen im Westjordanland vertrieben. Indem sie die Gewalt der Siedler schüren oder nicht unterbinden, geben die israelischen Behörden ihr praktisch grünes Licht. Berichten eines israelischen Investigativjournalisten zufolge hat Ben-Gvir die Polizei sogar angewiesen, das Gesetz gegen gewalttätige Siedler nicht anzuwenden.
Die neuen Sanktionen werden den Druck auf die israelische Regierung erhöhen, diese Übergriffe einzudämmen. Sie reihen sich ein in andere jüngste Maßnahmen des Westens und lassen hoffentlich einen dringend notwendigen Wandel insgesamt erkennen, insbesondere bei einigen Regierungen, die oft versucht haben, die israelische Regierung vor internationaler Kritik oder Konsequenzen für ihre Verbrechen in Gaza zu schützen.
So hat beispielsweise die britische Regierung im vergangenen Monat als Reaktion auf die ihrer Meinung nach anhaltenden „schwerwiegenden Handlungen und Rhetorik“ der israelischen Regierung in Gaza ihre bisher härteste Linie verabschiedet. Der britische Außenminister David Lammy kündigte unter anderem die Aussetzung der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Israel an.
Die EU hat ebenfalls eine Überprüfung ihres Wirtschaftsabkommens mit Israel angekündigt, weil sie die Lage in Gaza als „katastrophal“ bezeichnet.
All diese Maßnahmen sind zu begrüßen. Sie deuten auf eine längst notwendige Neuausrichtung der westlichen Politik gegenüber der israelischen Regierung, ihren Menschenrechtsverletzungen und ihren Gräueltaten hin. Es muss jedoch weitaus mehr getan werden, um den Druck weiter zu erhöhen.
Seit mehr als anderthalb Jahren begehen die israelischen Behörden in Gaza Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit – darunter Zwangsvertreibung und Vernichtung – und Akte des Völkermords. Seit Oktober 2023 wurden Zehntausende Palästinenser*innen getötet. Die israelischen Behörden setzen weiterhin Hunger als Kriegswaffe ein.
Israelische Regierungsvertreter haben Pläne angekündigt, die einer Verschärfung der Vernichtung in Gaza gleichkommen würden. Im Namen der Menschenwürde und aufgrund ihrer rechtlichen Verpflichtung – ihrer „Verhinderungspflicht“ gemäß der Völkermordkonvention von 1948 – müssen die Regierungen viel mehr tun.
Einige westliche Regierungen, die jetzt ihre Politik ändern, liefern Israel weiterhin Waffen, obwohl die Gräueltaten des israelischen Militärs unbestreitbar sind. Wenn es eine Sache gibt, die alle Regierungen jetzt tun sollten, dann ist es, die Waffenlieferungen an Israel zu stoppen.