Italien steht nach den Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende vor einer neuen rechtsradikalen Regierung unter der Führung von Georgia Meloni und ihrer Partei Fratelli d‘Italia. Meloni hat zwar versprochen, „für alle zu regieren“. Aber der Wahlkampf und das politische Programm ihrer Partei geben Anlass zur Sorge, dass die neue Regierung nicht erkennt, dass Regieren für alle bedeutet, allen in Italien lebenden Menschen den gleichen Schutz ihrer grundlegenden Menschenrechte zu garantieren.
Meloni hat sich einer Anti-Migrations-Rhetorik bedient, insbesondere gegen diejenigen, denen sie unterstellt, sich nicht „besser zu integrieren“. Damit sendet sie eine unheilvolle Botschaft, nicht nur an Einwander*innen, sondern auch an Muslim*innen und andere religiöse und ethnische Minderheiten. Sie hat zivilgesellschaftliche Gruppen, die Menschen im Mittelmeer retten, als "Menschenhändler" bezeichnet und eine Seeblockade vorgeschlagen, um Boote mit vor Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und Not fliehenden Menschen rechtswidrig zurückzudrängen. Die Vereinten Nationen stellten fest, dass Migrant*innen, die beispielsweise nach Libyen zurückgeschickt werden, willkürlicher Haft, Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind, die wahrscheinlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.
Das Parteiprogramm schlägt außerdem vor, Asylbewerber*innen, die es nach Italien schaffen, zur Registrierung in Länder außerhalb der Europäischen Union abzuschieben, obwohl diese Politik nachweislich zu schweren Menschenrechtsverletzungen beiträgt.
Frauenrechtsgruppen zeigen sich zudem besorgt über den Schutz ihrer reproduktiven Rechte, da sich Meloni im Wahlkampf gegen Abtreibung ausgesprochen hat und die Partei einen Schwerpunkt auf die „Verhinderung“ von legalen Schwangerschaftsabbrüchen und die Erhöhung der italienischen Geburtenrate legt. Melonis Partei hat den gesetzlich geschützten Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen für Frauen untergraben, seit sie 2020 in den italienischen Regionen Abruzzo und Marche an die Macht gekommen ist.
Während des Wahlkampfs berief sich Meloni auch auf den alten Slogan aus der Zeit des Faschismus „Gott, Vaterland und Familie“, um anzugreifen, was sie als „LGBT-Lobby“ bezeichnet. Meloni ist nicht nur gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und die Adoption durch homosexuelle Paare, sondern forderte auch ein Verbot der „Sexualerziehung“ in Schulprogrammen und einen Ausschluss von LGBT-Familien aus Zeichentrickfilmen für Kinder. Im Jahr 2021 widersprachen die Fratelli d‘Italia Vorschlägen des Parlaments, bestehende Gesetze gegen Hassverbrechen auf Vorurteile aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität auszuweiten.
Wenn Meloni wirklich „für alle“ regieren will, kann ihre Koalition nicht bestimmen, welche Gruppen Schutz verdienen und welche nicht. Die neue Regierung hat die Pflicht, die Rechte aller Menschen in der Gesellschaft zu schützen.