Am 26. September hat der Prozess gegen Mahamat Said Abdel Kani, einen ehemaligen Seleka-Befehlshaber in der Zentralafrikanischen Republik, vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) begonnen. Said ist wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Viele dieser Verbrechen sollen sich zwischen April und November 2013 im Zentralbüro für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (Office Central de Répression du Banditisme, OCRB) in der Hauptstadt Bangui ereignet haben.
Im April 2013 war Bangui ein Kriegsgebiet. Die Stadt war weniger als einen Monat zuvor von einer Allianz von Rebellengruppen, der sogenannten „Seleka-Koalition“, eingenommen worden, um die Regierung des damaligen Präsidenten François Bozizé zu stürzen.
Nach der Machtübernahme begab sich die Seleka auf einen mörderischen Streifzug durch das Land, plünderte, tötete und vergewaltigte Menschen, die ihr im Weg waren. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit zwei Schwestern, die am 25. März 2013 von Seleka-Kämpfern in ihrem Haus vergewaltigt wurden. Eine der Schwestern, die im achten Monat schwanger war, verlor ihr Kind am nächsten Tag. Ich traf Männer, die Massenhinrichtungen nur durch pures Glück überlebt hatten, und sprach mit Bewohnern des Viertels Boy-Rabe in Bangui, wo Dutzende von Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, bei einem Angriff im April 2013 von Seleka-Kämpfern getötet wurden.
Fast zehn Jahre später wurde noch immer kein hochrangiger Seleka-Anführer zur Rechenschaft gezogen. Said gesellt sich zu prominenten Anführern der Anti-Balaka-Miliz - den Gegnern der Seleka -, die sich ebenfalls vor dem IStGH verantworten müssen. Letzten Monat veröffentlichte das Gericht einen Haftbefehl für Noureddine Adam, die ehemalige Nummer zwei der Seleka, dem Said nach Angaben des IStGH „unmittelbar unterstellt“ war. Das ist eine positive Entwicklung. Adam beaufsichtigte die Seleka-Kämpfer und Human Rights Watch dokumentierte, wie Soldaten unter seinem Kommando sehr wahrscheinlich Gräueltaten in Bangui und den umliegenden Gebieten begingen. Nachdem er aus Bangui geflohen war, übernahm Adam das Kommando über andere bewaffnete Gruppen und wurde so zu einem Paradebeispiel dafür, wie Straffreiheit es gewalttätigen Anführern erlaubt, weiterhin an Verbrechen beteiligt zu sein.
Der Prozess gegen Said sollte der Beginn der Rechenschaftspflicht für die Verbrechen dieser Gruppe sein, die die Zentralafrikanische Republik so sehr verwüstet hat. Der Sudan, in dem sich Adam Berichten zufolge versteckt hält, sollte ihn unverzüglich an den IStGH ausliefern und der IStGH sollte weiterhin gegen andere hochrangige Seleka-Kommandeure, oder die "großen Fische", wie sie in Bangui genannt werden, ermitteln.