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Deutschlands Regierungskoalition: Beunruhigende Pläne für die soziale Sicherheit

Sanktionierendes, leistungsärmeres Sozialsystem schadet Menschenrechten

Menschen bei der Auswahl von Lebensmitteln in einer Tafel in Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland, 21. Juli 2022. © 2022 Bernd Weißbrod/AP Photo

Der Koalitionsvertrag vom 9. April zwischen der Christlich Demokratischen Union/Christlich Sozialen Union (CSU/CDU) und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) stellt leider eine Rückkehr zu einem als „Reform“ und „Vereinfachung“ getarnten, aber harten Sozialsystem dar. Anstatt sich mit der wachsenden Zahl von Menschen im Land zu befassen, die von Armut betroffen sind, kürzt der Vertrag die Unterstützung für Langzeitarbeitslose und bestraft sie mit dem Einbehalt von Leistungen wegen „mangelnder Kooperationsbereitschaft“.

Human Rights Watch hat kürzlich dokumentiert, dass die Sozialleistungen in Deutschland bereits jetzt den Anforderungen zum Schutz des Rechts der Menschen auf soziale Sicherheit und einen angemessenen Lebensstandard nicht genügen und wohl auch nicht das nach deutschem Verfassungsrecht geforderte Existenzminimum erreichen. Vor allem Frauen, darunter Alleinerziehende und ältere alleinstehende Frauen, müssen auf alltägliche Dinge wie Lebensmittel oder Heizungswärme verzichten.

Im Koalitionsvertrag wird das erst 2023 eingeführte Bürgergeld durch die „Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende“ ersetzt, die sich bei der Berechnung der Ansprüche auf Sozialleistungen auf eine ältere jährliche Inflationsindexierungsmethode stützt, was zu realen Kürzungen der Leistungen führen wird. Die Indexierungsmethode wird auch für andere sogenannte „grundlegende“ Sozialleistungen für Menschen über 65 oder Menschen, die als dauerhaft erwerbsunfähig gelten, Anwendung finden. Diese bittere Realität steht im Widerspruch zum erklärten Ziel des Koalitionsvertrags, „das Niveau des Sozialschutzes zu halten“.

Heike aus Köln, erhält aufgrund ihres Gesundheitszustands eine Grundsicherung, da sie vom Staat als dauerhaft erwerbsunfähig eingestuft wurde. Sie sagte uns: „Was mir am meisten Angst macht, ist, dass die Sozialleistungen wieder nach der alten Inflationstabelle berechnet werden. Wenn die Anpassungen erst einmal vorgenommen wurden, werden wir weiterhin unter dem Existenzminimum dahinvegetieren.“

Die Koalition plant einige positive Maßnahmen, darunter die Verbesserung der Rentenzuschüsse für Mütter von Kleinkindern und die Verbesserung der Steuererleichterungen für Alleinerziehende und ältere Menschen, die über das gesetzliche Rentenalter hinaus weiterarbeiten. Sie verspricht auch, die Grundrente für ältere Menschen mit niedrigem Einkommen zu erhöhen und die bestehende Bildungsförderung für berechtigte Familien mit niedrigem Einkommen um 5 € pro Monat aufzustocken.

Diese vorgeschlagenen Maßnahmen werden jedoch von der zunehmenden Armut zunichte gemacht werden. Denn diese ist eine Folge der Verschärfung der sogenannten „grundlegenden“ Formen der sozialen Sicherung, die für die neue Regierung eindeutig Priorität hat.

Anstatt einen solchen restriktiven und von Sanktionen geprägten Weg einzuschlagen, sollte sich die neue deutsche Regierung zu einer echten Reform verpflichten, beginnend mit der Überprüfung der Angemessenheit der Sozialleistungen und der Überprüfung der Berechnungsmethode für das Existenzminimum, um sicherzustellen, dass alle Menschen im Land ihr Recht auf einen angemessenen Lebensstandard wahrnehmen können.

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