Ein geleaktes Dokument zeigt, dass die konservativen Parteien Deutschlands, die Christlich Demokratische Union und die Christlich Soziale Union (CDU/CSU), eine Klausel in das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz aufnehmen wollen, die es dem Land ermöglicht, Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, wenn sie als „Unterstützer des Terrorismus, Antisemiten und Extremisten“ gelten.
Der Vorschlag definiert nicht, wer als „Antisemit“, „Terrorunterstützer“ oder „Extremist“ gelten würde. Keiner der Begriffe ist in irgendeinem Straftatbestand definiert, und es ist unklar, welche Schutzmaßnahmen es geben würde, um eine willkürliche und diskriminierende Auslegung sowie Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.
Diese Entwicklung erfolgt vor dem Hintergrund von Restriktionen in Deutschland gegen pro-palästinensische Solidarität und einer kürzlich verabschiedeten, weithin in der Kritik stehenden parlamentarischen Resolution zu Antisemitismus, die die Menschenrechte in Deutschland bedroht.
Das geleakte Dokument der Arbeitsgruppe zur Migration stammt aus den Koalitionsverhandlungen zwischen der CDU/CSU und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), die die nächste Bundesregierung bilden wollen. Der Vorschlag birgt ernsthafte Risiken für Rechte wie die Meinungsfreiheit und kann zu Diskriminierung führen. Bisher hat die SPD diesem Vorschlag nicht zugestimmt und lehnte ihn zuvor ab.
Kritiker*innen des Vorschlags der CDU/CSU haben zu Recht bemängelt, dass er den Anschein erweckt, die deutsche Staatsbürgerschaft für eine politische Agenda zu instrumentalisieren, die auf subjektiven Einschätzungen von Fehlverhalten beruht. Die Gefahr, dass deutschen Staatsbürger*innen aufgrund ihrer politischen Meinung die Staatsbürgerschaft entzogen wird – beispielsweise, weil sie ihre Meinung zum Gaza-Krieg äußern –, birgt die Gefahr, dass unliebsame Ansichten unterdrückt werden.
Auch wenn das Völkerrecht die Staatsbürgerschaft als Vorrecht eines Staates behandelt, sollte der Entzug nicht willkürlich vorgenommen werden und nur in eng definierten Ausnahmefällen erfolgen, es sei denn, er führt zur Staatenlosigkeit. Darüber hinaus hat Deutschland klare Verpflichtungen nach internationalem Recht und deutschem Verfassungsrecht, die Meinungsfreiheit zu schützen und Diskriminierung zu vermeiden.
Artikel 16 des deutschen Grundgesetzes besagt, dass „keinem Deutschen die Staatsangehörigkeit entzogen werden darf“. Diese Klausel wurde als Reaktion auf die Verfolgung von Jüdinnen und Juden und Kritiker*innen des NS-Regimes durch die Nazis eingeführt, denen die deutsche Staatsangehörigkeit aus rassistischen, religiösen und politischen Gründen entzogen wurde. Das reformierte deutsche Staatsangehörigkeitsrecht sieht vor, dass die Staatsangehörigkeit nur in sehr seltenen Ausnahmefällen verloren gehen kann, z. B. wenn man einer terroristischen Vereinigung beitritt.
Die SPD und andere Parteien im Parlament sollten den Vorschlag der CDU/CSU ablehnen, der zu Spaltung und Diskriminierung führen würde. Stattdessen sollten die Parteien sicherstellen, dass alle deutschen Staatsbürger*innen vor dem Gesetz gleich sind.