Im April vor zwölf Jahren stürzte das Fabrikgebäude Rana Plaza in Bangladesch ein. Mehr als 1.100 Textilarbeiter*innen kamen ums Leben und mehr als 2.000 wurden verletzt – es war einer der größten Arbeitsunfälle der modernen Geschichte.
Die Rana-Plaza-Tragödie löste eine weltweite Bewegung aus, die verbindliche Menschenrechtsvorschriften für Unternehmen forderte. Dies führte schließlich dazu, dass die Europäische Union 2024 die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) verabschiedete, die große Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren eigenen Betrieben und in ihren globalen Wertschöpfungsketten verpflichtet.
Die CDU hat nun in den Koalitionsverhandlungen angekündigt, das Gesetz „verhindern“ zu wollen, da es eine „unnötige Belastung“ darstelle. Die CDU will auch weitere EU-Gesetze zu Zwangsarbeit, Entwaldung und Konfliktmineralien (dh. Metalle, die bewaffnete Konflikte finanzieren) in globalen Lieferketten abschaffen.
Die SPD muss sich in den Koalitionsverhandlungen dafür starkmachen, dass die EU-Lieferkettenrichtlinie und weitere Gesetze zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt in Lieferketten erhalten bleiben. Die SPD wurde zum Schutz der Arbeitnehmerrechte gegründet und unterstützt seit langem gesetzliche Regelungen dieser Art, auch die EU-Lieferkettenrichtlinie.
Als größte Volkswirtschaft der Europäischen Union könnte Deutschland diese wichtigen EU-Menschenrechtsstandards zerstören, insbesondere angesichts der Rolle von EU-Kommissionspräsidentin und CDU-Politikerin Ursula von der Leyen. Von der Leyen hat die EU-Lieferkettenrichtlinie in der Vergangenheit unterstützt, kürzlich aber eine Kehrtwende vollzogen und schlägt nun vor, der EU-Lieferkettenrichtlinie alle wesentlichen Bestandteile zu nehmen und sie zu einer Hülle zu reduzieren. Viele Unternehmen wehren sich gegen diese Kehrtwende.
Der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes unterstreicht auf tragische Weise das Versagen freiwilliger Initiativen der Wirtschaft, wenn es um Sicherheit am Arbeitsplatz und Arbeitnehmer*innenrechte geht. Katastrophen im Bergbausektor sowie Kinderarbeit, Umweltschäden und andere Missstände zeigen, wie notwendig Reform ist.
Die SPD sollte sich dafür einsetzen, dass der Koalitionsvertrag eine Verpflichtung zur Einhaltung der EU-Lieferkettengesetze enthält. Sollte dies nicht möglich sein, würde ein Veto der SPD die neue Koalition zumindest dazu zwingen, sich bei einer EU-Abstimmung über Vorschläge zur Aushöhlung oder Abschaffung der EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht zu enthalten.
Die SPD muss sich für die Menschenrechte einsetzen und sich dem zerstörerischen Kurs der CDU entgegenstellen. Die Opfer von Menschenrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten brauchen den rechtlichen Schutz der EU mehr denn je.