Bewaffnete Gruppen, die in der Nähe der kolumbianisch-venezolanischen Grenze kämpfen, haben schwere Menschenrechtsverletzungen an der Bevölkerung begangen und Tausende vertrieben.
Seit Mitte Januar führt die Nationale Befreiungsarmee (ELN) eine Kampagne durch, um die Kontrolle über große Teile der Catatumbo-Region zurückzugewinnen. Das Gebiet ist als Standort für die Drogenproduktion und den Drogenhandel bekannt.
Die ELN, die jahrelang von den Komplizenschaften der venezolanischen Sicherheitskräfte profitierte, kämpft gegen eine andere bewaffnete Gruppe in Kolumbien, die 33. Front. Die 33. Front ging 2017 aus der Demobilisierung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) als eine von vielen FARC-Dissidentengruppen hervor.
Jahrelang hatten die ELN und die 33. Front in einer Art „bewaffneter Koexistenz“ die Kontrolle über große Teile des Catatumbo-Territoriums geteilt.
All dies brach im Januar mit den neuen Kämpfen zusammen, die den Menschen vor Ort Elend und Leid gebracht haben.
Ein neuer HRW-Bericht beschreibt, wie die ELN Zivilist*innen getötet, angegriffen, entführt und gewaltsam verschwinden lassen hat, die sie beschuldigen, Verbindungen zur 33. Front zu haben.
Die von uns befragten Augenzeugen berichteten auch von schweren Misshandlungen durch die 33. Front, darunter die Rekrutierung von Kindern und Zwangsarbeit.
Die Kämpfe und Übergriffe beider Seiten haben Berichten zufolge mehr als 56.000 Menschen zur Flucht aus ihren Häusern gezwungen. Es handelt sich um eine der größten Massenvertreibungen in Kolumbien seit Jahrzehnten.
Welche Rolle spielen die kolumbianischen Behörden in dieser Angelegenheit?
Als die Kämpfe im Januar ausbrachen, setzte die kolumbianische Regierung die laufenden Friedensgespräche mit der ELN aus und rief in der Region Catatumbo den Ausnahmezustand aus. Das Militär setzte Hubschrauber ein, um mehr als 750 Menschen zu evakuieren, die von Gewalt durch die ELN bedroht waren.
Die Regierung hat außerdem mehrere neue lokale Entwicklungsmaßnahmen angekündigt. Dazu gehört ein Programm, das einzelnen Landwirten Geld zur Verfügung stellt, die versprechen, ihren Kokaanbau durch den Anbau von Nahrungsmitteln und andere legale Einkommensquellen zu ersetzen.
Das klingt vielversprechend, aber wenn man die jüngste Geschichte als Maßstab nimmt, birgt es auch Risiken.
ie kolumbianische Regierung führt schon seit Langem Gespräche mit der 33. Front, und lange vor den erneuten Kämpfen in diesem Jahr hatten sich die Parteien auf einen Waffenstillstand und lokale Entwicklungspläne geeinigt. Die Vereinbarung sah vor, dass die 33. Front, die Regierung und die lokalen Gemeinschaften diese Pläne umsetzen würden.
Wie die Befragten in dem neuen Bericht jedoch beschreiben, waren Zivilist*innen, die bei diesen lokalen Entwicklungsinitiativen halfen, einem hohen Risiko von ELN-Angriffen ausgesetzt.
Die neuen Entwicklungspläne für die Region müssen solche widersinnigen Anreize vermeiden.
Im weiteren Sinne muss die Regierung dringend eine Justiz- und Sicherheitspolitik einführen, um die Bewohner*innen vor bewaffneten Gruppen zu schützen und die Rechtsstaatlichkeit in Catatumbo wiederherzustellen. Andernfalls werden weiterhin die Bürger*innen die Leidtragenden sein.