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Tadschikistan: Aus Deutschland abgeschobener Aktivist in Haft

Berlin sollte seine Freilassung fordern und sicherstellen, dass er nicht misshandelt wird

Dilmurod Ergashev bei einer Demonstration in Berlin am 23. Dezember 2022 zur Unterstützung von Abdullohi Shamsiddin, der im Januar 2023 inhaftiert und schließlich nach Tadschikistan abgeschoben wurde. © 2022 Sharofiddin Gadoev

(Berlin, 20. November 2024) – Dilmurod Ergashev, ein tadschikischer oppositioneller Aktivist, der am 6. November 2024 nach der Ablehnung seines Asylantrags von Deutschland abgeschoben wurde, ist Berichten zufolge auf Anweisung eines Gerichts in Duschanbe vorläufig für zwei Monate in Haft genommen worden, so Human Rights Watch, Freedom for Eurasia, das Norwegian Helsinki Committee und das Projekt Abschiebungsreporting NRW heute. Was Ergashev vorgeworfen wird, ist unklar. Einer mit den Vorgängen vertrauten Quelle zufolge soll er sich aus medizinischen Gründen in einem Krankenhaus in Duschanbe befinden.

Deutschland sollte dringend Druck auf die tadschikischen Behörden ausüben, damit sie Ergashev entweder freilassen oder die rechtlichen Gründe sowie Beweise nennen, die zu seiner Verhaftung führten. Zudem müssen die Behörden sicherstellen, dass seine Verfahrensrechte gewahrt bleiben. Dazu gehören sowohl der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung als auch die Zusicherung, dass er nicht misshandelt wird. Ergashev wurde abgeschoben, nachdem ein deutsches Gericht die von ihm und Menschenrechtsorganisationen erhobenen Bedenken zurückwiesen hatte, wonach er direkt bei seiner Rückkehr nach Tadschikistan verhaftet werden würde.

„Deutschland versäumt es, jene zu schützen, die bei einer Abschiebung Gefahr laufen, misshandelt zu werden,“, so Hugh Williamson, Direktor für Europa und Zentralasien bei Human Rights Watch. „Ergashevs Beteiligung an Protesten gegen Tadschikistan in Deutschland machten ihn zu einer klaren Zielscheibe, und seine unmittelbar erfolgte Verhaftung ist der Beleg dafür. Deutschland sollte untersuchen, warum das passiert ist.“

Am Morgen des 7. November übergaben Beamt*innen der Bundespolizei Ergashev auf dem Flughafen von Duschanbe an die tadschikischen Behörden. Zeug*innen berichteten Medien gegenüber, dass die tadschikischen Sicherheitskräfte ihm sofort Handschellen anlegten, einen schwarzen Sack über dem Kopf stülpten, in ein Fahrzeug verfrachteten und wegfuhren. Am 8. November verfügte ein Gericht in Duschanbe dann seine vorläufige Inhaftierung für zwei Monate.

Ergashev wurde am 28. Oktober in Kleve verhaftet, einer Stadt in NRW an der Grenze zu den Niederlanden. Am selben Tag ordnete ein Gericht in der Stadt seine Abschiebung an. Obwohl vorherige Asylanträge negativ beschieden worden waren, reichte Ergashevs Anwältin einen neuen Asylantrag ein, um dem Abschiebungsbescheid entgegenzuwirken. Nachdem er von der Ablehnung seines Antrags durch das Gericht und der Aufrechterhaltung der Abschiebungsanordnung erfahren hatte, versuchte Ergashev Berichten zufolge, sich durch mehrere Schnitte am Körper das Leben zu nehmen. Einige der tiefen Wunden machten eine medizinische Behandlung erforderlich. Die Abschiebung fand trotzdem statt.

Seine Anwältin gab an, dass das Gericht in Frage gestellt hätte, ob Ergashevs oppositionelle Aktivitäten – ungeachtet seiner öffentlichen Teilnahme an Protesten gegen die tadschikische Regierung in Deutschland – echt seien. Stattdessen sei das Gericht der Meinung gewesen, er würde sie nur nutzen, um seine Chancen auf Asyl zu erhöhen.

Seine Verhaftung in Tadschikistan kam hingegen nicht überraschend. Bereits 2023 hatten deutsche Behörden bei unterschiedlichen Anlässen zwei tadschikische Dissidenten, Abdullohi Shamsiddin und Bilol Qurbonaliev, nach Tadschikistan abgeschoben. Dort wurden sie unmittelbar nach ihrer Ankunft inhaftiert und später aufgrund der falschen Anschuldigung, sie hätten versucht, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen und kriminelle Vereinigungen zu organisieren, zu sieben bzw. zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Shamsiddin wurde Berichten zufolge im Gefängnis misshandelt.

Ergashev ist aktives Mitglied der Gruppe 24, einer in Tadschikistan verbotenen Oppositionsbewegung, und gehört der von tadschikischen Exildissident*innen gegründeten Bewegung „Reformen und Entwicklung Tadschikistans“ an. Er hat an mehreren Demonstrationen in Berlin vor der tadschikischen Botschaft teilgenommen, darunter auch an der Demonstration im September 2023 während des Deutschlandbesuchs des tadschikischen Präsidenten Emomali Rahmon. Da in tadschikischen Medien über diese Demonstrationen berichtet wurde, war Ergashev als Aktivist der Opposition erkennbar.

Die deutschen Behörden sollten eine Untersuchung dazu einleiten, unter welchen Umständen er abgeschoben und warum er in ein Land zurückgeschickt wurde, in dem ihm mit großer Wahrscheinlichkeit Folter drohte. Laut internationalem Recht, einschließlich mehrerer von Deutschland ratifizierter Verträge, ist die sogenannte „Zurückweisung“ verboten, d. h. die Rückführung einer Person in ein Land, in dem sie der Gefahr von Folter, grausamer oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt ist.

In Tadschikistan verfolgen die Behörden systematisch Oppositionelle, insbesondere diejenigen, die sie als Anhänger*innen verbotener Bewegungen wie der Gruppe 24 betrachten, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes. Die Regierung geht regelmäßig gegen im Ausland lebende Kritiker*innen vor, die des Extremismus und terroristischer Aktivitäten beschuldigt werden, was zu langen Haftstrafen und Misshandlungen führt, wenn sie abgeschoben werden. In einem aktuellen Bericht von Human Rights Watch über diese Art der transnationalen Repression wird Tadschikistan als besonders betroffenes Land genannt.

„Ergashevs Verhaftung direkt nach seiner Abschiebung sollte ein Weckruf für deutsche Behörden sein. Für sie gilt es jetzt, das reale Risiko von Menschenrechtsverletzungen durch die tadschikische Regierung anzuerkennen und sofort die Praxis zu beenden, friedliche oppositionelle Aktivisten ins Gefängnis nach Duschanbe zurückzuschicken“, so Williamson.

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