In den letzten zehn Jahren haben wir erlebt, wie Geflüchtete in Nordamerika, Europa und anderswo zu einem wichtigen politischen Thema wurden. Das Schicksal von Menschen, die Schutz vor Krieg und Unterdrückung suchen, wurde von Politiker*innen und Medien ins Rampenlicht gerückt. Beiden liegt viel daran, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen, und viele sind bereit, Angst und Hass zu verbreiten, um diese zu bekommen.
Häufig wird das Thema in einen allgemeinen Diskurs über Migration verpackt und auf ein Wir-gegen-sie-Argument reduziert. Wenn die Öffentlichkeit nach ihrer Meinung gefragt wird, werden ihr manchmal Fragen gestellt, die im Wesentlichen lauten: „Was hältst du von denen?“, oder „Möchtest du mehr von denen oder weniger?“
Die Antworten der Öffentlichkeit spiegeln dann manchmal dieselbe angstgetriebene Sichtweise wider. Wenn man eine Fangfrage gestellt bekommt, ist es schwierig, sich davon zu lösen und freier zu antworten.
Es ist wie das alte Sprichwort: Wer eine blöde Frage stellt, bekommt eine blöde Antwort.
Die eigentliche Frage, die Meinungsforscher*innen und Reporter*innen der Öffentlichkeit stellen sollten, lautet: Möchtest du, dass deine Regierung Menschen an Orte schickt, an denen sie wahrscheinlich gefoltert werden?
Das ist eine viel relevantere Frage. Sie ist so formuliert, dass sie den Kern des Problems trifft: die Moral und Rechtmäßigkeit dessen, was deine Regierung tut oder zu tun plant.
In den USA wurde während des jüngsten Präsidentschaftswahlkampfs viel über die „Rückführung von Menschen“ und die „Massenabschiebung“ gesprochen, was Geflüchtete im Land stark beunruhigt hat. Wir haben schon früher erlebt, dass die USA Asylsuchende an Orte wie Kamerun zurückgeschickt haben, wo sie tatsächlich misshandelt wurden.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten arbeiten mit repressiven Regierungen zusammen, die Asylsuchende und Migrant*innen misshandeln, um sie daran zu hindern, die EU zu erreichen. Die EU hilft auch dabei, sie nach Libyen zurückzuschicken, wo sie gefoltert werden.
Erst letzte Woche schob die deutsche Regierung einen tadschikischen politischen Aktivisten ab, obwohl sie genau wusste, dass Tadschikistan Folter gegen Regierungskritiker einsetzt. Und europäische Politiker*innen in mehreren Ländern schlagen ernsthaft vor, syrische Geflüchtete nach Syrien zu schicken, wo Folter weit verbreitet ist.
Im Vereinigten Königreich sieht es nicht besser aus. Man denke nur an den alarmierenden politischen Vorstoß der letzten Regierung, Asylsuchende nach Ruanda zu schicken, wo Folter an der Tagesordnung ist. Die damalige britische Innenministerin war so sehr darauf erpicht, diese Grausamkeit an Menschen zu verüben, dass sie dies als ihren „Traum“ und ihre „Besessenheit“ bezeichnete.
Aber stellt man normalen Menschen in einem dieser Länder die richtige Frage – wollt ihr, dass eure Regierung Menschen an Orte schickt, an denen sie wahrscheinlich gefoltert werden? – dann werden die meisten Menschen mit Sicherheit die richtige Antwort geben: Natürlich nicht.
Und tatsächlich reagieren die Menschen mit Mitgefühl, wenn sie von Meinungsforscher*innen Fragen gestellt bekommen, die eher in diese Richtung gehen – in den USA, der EU und Großbritannien. Auf der ganzen Welt unterstützt die überwiegende Mehrheit der Menschen die Idee, dass Menschen, die vor Krieg oder Verfolgung fliehen, in einem anderen Land Schutz suchen können sollten.
Wenn ihr also das nächste Mal hört, wie aufmerksamkeitssüchtige Politiker*innen und Medien über Asylsuchende schwadronieren, denkt daran, was die eigentliche Frage ist. Und fragt dann vielleicht mal euer Umfeld: Möchtet ihr, dass eure Regierung Menschen an Orte schickt, an denen sie wahrscheinlich gefoltert werden?