In Ungarn folgt ein neuer Tiefpunkt dem anderen unter dem autoritär regierenden Viktor Orbán. Dieser scheint entschlossen, aus seinem Land den höchsten Pro-Kopf-Exporteur von Peinlichkeiten der EU zu machen.
Hier in Brüssel dominiert derzeit die Androhung der ungarischen Regierung, Migrant*innen und Asylsuchende in Busse zu setzen und in die europäische Hauptstadt zu schicken, die Schlagzeilen. Dies hat zu einem weiteren diplomatischen Streit zwischen Ungarn und seinen EU-Partnern geführt.
Sollte diese Drohung tatsächlich umgesetzt werden, würde Ungarn Migrant*innen und Asylsuchende in einer Weise zu Waffen machen, die schon sehr stark an die Diktatur in Belarus erinnert.
Die ungarische Regierung behauptet, sie protestiere gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, des obersten Gerichts für EU-Rechtsfragen, vom Juni, wonach Ungarn einen „beispiellosen und außergewöhnlich schwerwiegenden Verstoß gegen das EU-Recht“ begangen habe, als es das Asylrecht einschränkte.
Das Urteil des Gerichtshofs wurde mit einer Geldstrafe in Höhe von 200 Millionen Euro verbunden, die nächste Woche fällig wird, sowie mit einer Geldstrafe über 1 Million Euro pro Tag, solange Budapest sich weigert, das EU-Recht einzuhalten.
Verstöße gegen das EU-Recht sind für die ungarische Regierung eine Art Routine, vielleicht sogar eine gewisse Sucht - nach internationaler Aufmerksamkeit? - vor allem, wenn es um die Migrations- und Asylpolitik geht.
Kürzlich erließ die Regierung ein weiteres drakonisches Dekret, mit dem sie die staatlich finanzierten Unterkünfte für Geflüchtete aus der Westukraine aufhob, wodurch etwa 3.000 ukrainische Geflüchtete obdachlos wurden.
Mit dem neuen Erlass wird die Unterstützung für die Unterbringung von Geflüchteten aus Teilen der Ukraine gestrichen, in die die ungarischen Behörden die Rückkehr für sicher halten, auch wenn Russland nur allzu häufig Raketen auf diese Gebiete abschießt. Erst vor wenigen Tagen haben russische Streitkräfte die westukrainische Stadt Lwiw angegriffen, wobei sieben Zivilpersonen, darunter zwei Kinder, getötet und 66 Personen verletzt wurden.
Die ungarische Regierung hält das offenbar für sicher.
In Bezug auf das EU-Recht verstößt das Dekret gegen die EU-Richtlinie über den vorübergehenden Schutz aus dem Jahr 2001, die im März 2022 nach Russlands von Gräueltaten geprägter Invasion in der Ukraine in Kraft trat. Sie verpflichtet EU-Mitgliedstaaten wie Ungarn, allen Geflüchteten aus der Ukraine vorübergehenden Schutz und Hilfe zu gewähren.
Die ungarische Regierung hat eine miserable Erfolgsbilanz in Bezug auf die Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen, und das nicht nur in Bezug auf Ukrainer*innen. Die jüngsten Maßnahmen und Drohungen sind Teil der seit langem andauernden Bemühungen von Orbáns Regierungspartei, schutzbedürftige Menschen als politische Sündenböcke zu missbrauchen, um den Menschen in Ungarn vorzugaukeln, dass ihre Probleme von den Machtlosen und nicht von den Machthabern verursacht werden.
Aber dieses Dekret ist wirklich ein neuer Tiefpunkt für Orbán und seine Bande. Meine Kollegin Lydia Gall fasst folgendermaßen zusammen: Es handelt sich um ein „grausames Gesetz, das Tausende von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, auf die Straße setzt.“