Demokratische Regierungen und internationale Organisationen äußern sich in dieser Woche schockiert und empört über die unrechtmäßige Zwangslandung einer Ryanair-Maschine in Minsk und die anschließende willkürliche Verhaftung des prominenten belarussischen Aktivisten und Journalisten Raman Protasewitsch und seiner Freundin Sofya Sapega. Doch trotz der Verurteilungen durch wichtige internationale Akteure und der daraufhin ergriffenen Maßnahmen, wie Flugverbote über den belarussischen Luftraum durch zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten, unterdrücken die dortigen Behörden die unabhängige Presse weiterhin brutal.
Arina Malinovskaya, eine lokale Korrespondentin des in Polen ansässigen Senders Belsat, die seit langem im Visier der Behörden steht, verließ Belarus, nachdem Vollzugsbeamte am 21. Mai versucht hatten, in ihre Wohnung einzudringen. Zuvor hatte die Polizei eine Razzia im Studio von Belsat in Minsk durchgeführt und sechs Mitarbeiter festgenommen. Drei Tage später verurteilte ein Gericht sie zu 15 Tagen Verwaltungsarrest unter dem Vorwurf der „Missachtung rechtmäßiger Anordnungen eines Beamten“.
Am 24. Mai riefen Ermittler aus Minsk Malinovskaya vom Handy ihres Schwagers Valentin Kucherenko an, teilten ihr mit, dass die Behörden Kucherenko festgenommen hätten und drohten, Malinovskayas Großeltern in Gewahrsam zu nehmen, falls sie nicht nach Belarus zurückkehre und sich zur Befragung melde.
Am 25. Mai telefonierte Kucherenko mit Malinowskaja und sagte, er würde hinter Gittern bleiben, bis sie zurückkommt.
Der Angriff auf Belsat kommt kurz nach der Razzia gegen eine andere unabhängige Nachrichtenseite, TUT.BY. Letzte Woche durchsuchte die Finanzpolizei die Büros von TUT.BY, blockierte die Website und nahm mindestens 13 Mitarbeiter*innen fest, die wegen „Steuerhinterziehung“ in Haft bleiben. Am 25. Mai verhafteten die Behörden kurzzeitig zwei weitere Journalisten*innen und zwei Redakteur*innen der sozialen Medien, die für das Blatt arbeiten.
Das belarussische Parlament hat diese Woche auch neue Gesetze verabschiedet, die die Arbeit der unabhängigen Presse weiter einschränken und die offiziellen Grundlagen für den Entzug von Akkreditierungen, die Schließung von Massenmedien und die Sperrung ihrer Websites erweitern.
Diese Maßnahmen sowie die schockierende Verhaftung von Protasewitsch zeigen, dass belarussische Aktivist*innen und Journalist*innen mehr als je zuvor auf Hilfe angewiesen sind. Die Unterstützung für die belagerte freie Presse und die Zivilgesellschaft im Land sollte im Mittelpunkt der internationalen Reaktionen auf die menschenrechtsverletzende und gesetzlose Regierung stehen.