Die Covid-19-Pandemie zeigt, welchen Risiken Asylsuchende in großen Gemeinschaftsunterkünften ausgesetzt sind. In Deutschland sind Asylsuchende gesetzlich verpflichtet, für die Dauer ihres Asylverfahrens in Aufnahmezentren zu leben. Es ist an der Zeit, dieses Unterbringungsmodell zu überdenken.
In den Unterkünften gibt es meist nicht genug Platz für social distancing. Oft teilen dutzende Menschen Küchen und Bäder, und auch in den Zimmern sind jeweils mehrere Personen untergebracht. Ausbrüche können eine enorme Anzahl von Menschen betreffen. Im Mai wurden zwei Drittel der rund 600 Bewohner eines Aufnahmezentrums im süddeutschen Ellwangen positiv auf das Virus getestet, das Covid-19 verursacht.
Die deutschen Behörden haben kurzfristige Notfallmaßnahmen gegen solche Ausbrüche ergriffen, unter anderem wurden in mehreren Fällen Unterkünfte komplett abgeriegelt. Im März mussten mehr als 500 Menschen in einer Gemeinschaftsunterkunft in Suhl unter Quarantäne gestellt werden, nachdem eine Person erkrankt war. Im April mussten alle 400 Bewohner eines Zentrums in Hennigsdorf bei Berlin in Quarantäne, nachdem 68 Bewohner positiv getestet worden waren. Die Quarantäne wurde erst aufgehoben, als es keine neuen Fälle mehr gab – sechs Wochen später.
Während sich das öffentliche Leben in Deutschland wieder normalisiert, sind einige Unterkünfte weiterhin im Lockdown. Dies schränkt nicht nur die Freiheit der Bewohner, sondern auch ihren Zugang zu rechtlicher Beratung für ihr Asylverfahren, psychologischen Angeboten und Bildung ein.
Einige Kommunen haben separate Notquarantäne-Unterkünfte eingerichtet, um positiv getestete Asylsuchende und in einigen Fällen deren enge Kontaktpersonen unterzubringen. Ich war auf Spannungen und Beschwerden eingestellt, als ich im April in der Berliner Quarantäneeinrichtung, einer Containerunterkunft am Stadtrand, arbeitete. Doch ein Bewohner erzählte mir stattdessen, dass er es genoss, etwas Raum für sich allein zu haben, ein Luxus. Andere sagten, dass sie angesichts des anhaltenden Infektionsrisikos in ihren eigentlichen Unterkünften besorgt waren, dorthin zurückzukehren.
Die schlechten Unterbringungsmöglichkeiten Geflüchteter erfordern – wie viele andere Fragen der Ungleichheit und Ausgrenzung, die durch Covid-19 aufgedeckt wurden – bedeutsame Schritte hin zu langfristigem Wandel.
Im Juni verabschiedete die Stadt Potsdam eine Vereinbarung, durch die Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete und Asylsuchende schrittweise abgeschafft werden sollen. Stattdessen soll die Unterbringung in Wohnungen oder wohnungsähnlichen Einheiten mit eigener Küche und Bad erfolgen. Auch wenn dies nicht von heute auf morgen geschehen wird, sind so die Weichen für einen inklusiveren Ansatz gestellt. Dadurch wird die Prävention von Covid-19 ermöglicht und die Grundrechte der Menschen können geschützt werden, in Zeiten der Pandemie und darüber hinaus.