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(Johannesburg) – Anti-Balaka-Milizen haben mindestens 72 muslimische Männer und Jungen bei zwei Angriffen im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik getötet, so Human Rights Watch. Einige Opfer waren erst neun Jahre alt. Die am 1. und 5. Februar 2014 verübten Angriffe fanden in dem Dorf Guen statt. In dieser Region kam es bereits häufig zu schweren Menschenrechtsverletzungen, jedoch wurde über diese kaum berichtet. Human Rights Watch sprach mit Überlenden des Massakers, die in ein nahegelegenes Nachbardorf geflüchtet waren.

Bei einem weiteren Angriff im Südwesten des Landes haben bewaffnete Seleka-Kämpfer, unterstützt von Peuhl-Hirten, 19 Menschen in Yakongo ermordet, einem Dorf, das etwa 30 Kilometer von Guen entfernt liegt. Beide Dörfer liegen an einer Straße, die die Städte Boda und Carnot verbindet. Zwar haben Frankreich und die Afrikanische Union Friedenstruppen in die größeren Städte entsendet, diese patrouillieren jedoch nicht regelmäßig auf den Verbindungsstraßen zwischen den Städten. Nur in geringem Umfang erhalten die Dörfer in der Region Unterstützung, um Angriffe auf Zivilisten zu verhindern.

„Diese schrecklichen Morde zeigen, dass die Friedenstruppen Frankreichs und der Afrikanischen Union den Dorfbewohnern keinen Schutz vor solch tödlichen Angriffen bieten”, so Lewis Mudge, Afrika-Experte von Human Rights Watch. „Der Sicherheitsrat darf keine Minute länger zögern und soll UN-Friedenstruppen in die Region entsenden, sodass die Schwächsten des Landes geschützt werden können.”

Ein Mitarbeiter von Human Rights Watch verbrachte mehrere Tage in Djomo, östlich von Carnot, und sprach in einer katholischen Mission mit Überlebenden der Angriffe in Guen. Da es keine humanitäre Unterstützung gab, hatten die Opfer Zuflucht in der Mission gesucht. Alle Opfer sind Muslime, die meisten von ihnen ältere Menschen, Frauen und Kinder. Selbst in der Mission wurden sie weiterhin von Anti-Balaka-Kämpfern angegriffen.

Die Anti-Balaka-Milizen wurden im ganzen Land aktiv, um die Seleka zu bekämpfen. Die Seleka ist eine Koalition mehrerer muslimischer Rebellengruppen, die am 24. März 2013 die Kontrolle über die Hauptstadt Bangui übernommen hatte. Die Anti-Balaka begannen bald damit, muslimische Zivilisten, besonders im Westen des Landes, anzugreifen. Sie machten keinen Unterschied zwischen muslimischen Zivilisten, Seleka-Mitgliedern oder Sympathisanten der Koalition. Einige Anti-Balaka-Mitglieder sind schwer bewaffnet, die Mehrheit im Südwesten kämpft jedoch mit selbst gemachten Jagdgewehren oder Macheten. Häufig werden die Opfer mit solchen Macheten getötet.

Zeugen berichteten Human Rights Watch, Anti-Balaka-Kämpfer aus dem Norden seien am frühen Morgen des 1. Februar nach Guen gekommen, wo sie, kaum im muslimischen Teil des Ortes angekommen, sofort auf die fliehenden Menschen schossen.

Eine Witwe aus Guen sagte Human Rights Watch: „Mein Mann rannte mit unserem viereinhalbjährigen Sohn weg... aber ihm [dem Ehemann] wurde in den Bauch geschossen. Ich rannte los und nahm mir unser Kind. Die Anti-Balaka fielen mit Macheten über meinen Mann her. Ich wollte bei ihm bleiben, aber mein Bruder zog mich in ein Gebüsch.” Das Kind überlebte.

Auch vor Kindern machten die Anti-Balaka bei ihrem Angriff am 1. Februar nicht Halt. Der Vater des 10-jährigen Oumarou Bouba berichtete Human Rights Watch:

„Ich nahm meinen Sohn, als die Anti-Balaka angriffen. Als wir wegrannten, wurde mein Sohn von ihnen angeschossen. Er wurde am rechten Bein getroffen und fiel hin. Dann töteten sie ihn mit einer Machete. Mir blieb keine andere Wahl, als weiterzurennen. Sie hatten mich ebenfalls getroffen. Später kam ich zurück, um seinen Leichnam zu sehen. Ihm war in den Kopf und in den Hals gestochen worden.“

Am 5. Februar, nach dem Überfall auf die muslimischen Ortsteile Guens, griffen die Anti-Balaka ein Anwesen an, auf das sich Hunderte Muslime geflüchtet hatten. Bei diesem Angriff teilten sie die etwa 45 Männer in zwei Gruppen, führten sie vom Grundstück, zwangen sie, sich auf den Boden zu legen und richteten sie dann regelrecht hin. Frauen, kleine Kinder und Verletzte wurden hierbei verschont.

Ein Mann, der sich zwischen den Verletzen verstecken konnte, sagte Human Rights Watch: „Sie teilten die Männer in zwei Gruppen und schossen dann auf sie. Dann gingen sie mit Macheten auf sie los. Die Opfer waren völlig hilflos, sie wurden wie wilde Hunde umgebracht. Sie lagen da und wurden einfach erschossen.”

Der Angriff auf das Dorf Guen ereignete sich in einem Klima großer Unsicherheit im Südwesten. Diese Unsicherheit herrschte besonders auf der Strecke zwischen Boda und Carnot, wo Seleka-Anhänger gemeinsam mit verbündeten Peuhl-Kämpfern am 22. Februar das Dorf Yakongo angegriffen hatten.

Die Übergangsregierung um Präsidentin Catherine Samba-Panza soll diese Morde untersuchen und sowohl die Angreifer selbst als auch die Hintermänner zur Rechenschaft ziehen. Zudem soll die internationale Gemeinschaft den Schutz der Zivilbevölkerung verbessern und die Entsendung von UN-Friedenstruppen schnellstmöglich beschließen und durchführen. Am 1. April bestätigte die Europäische Union, dass 1000 Soldaten einer Friedenstruppe in die Zentralafrikanische Republik entsandt werden sollen, um die Afrikanische Union und eine eventuelle UN-Friedensmission zu unterstützen. Diese Soldaten sollen so schnell wie möglich entsandt werden.

„Die Massaker im Südwesten zeigen, dass sowohl die Anti-Balaka als auch die Seleka in einem Zustand vollständiger Rechtlosigkeit agieren”, so Mudge. „Die Regierung und die Friedenstruppen müssen schnell und wirksam handeln, um die Zivilbevölkerung zu schützen, die Sicherheitslage zu verbessern und dafür zu sorgen, dass die Gesetze im Land eingehalten werden.“

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