Verurteilungen von Kriegsverbrechern positiv aber nicht ausreichend
In Untersuchungen von Kriegsverbrechen ist es sehr ungewöhnlich, dass Namen von Tätern ermittelt werden können.
Für Opfer und Zeugen ist es meist sehr schwierig, zwischen den einzelnen Truppen – Polizei, Spezialeinheiten und Sondereinsatzkräften – zu unterscheiden, ganz zu schweigen von deren Untereinheiten. Ein Individuum zu identifizieren ist nur im seltensten Fall möglich.
Es war deshalb eine Überraschung als kurz nach dem Krieg im Kosovo im Jahre 1999 eine Reihe von Fotos auftauchten, die Mitglieder der serbischen Paramilitärs in Nahaufnahmen zeigten: bewaffnete Männer, die vor einem brennenden Gebäude posierten. Darüber hinaus kannten Kosovo-Albaner aus der Region einige der Männer beim Namen. Sie alle stammten aus der selben Gegend und hatten als Nachbarn in der multi-ethnischen Region rund um Pec (auf Albanisch: Peja) gelebt.
Die Verbrechen, die rund um Pec stattfanden, waren grauenhaft. Am 14. Mai 1999, während der Zeit der NATO Bombardierung Jugoslaviens, exekutierte eine Einheit serbischer Paramilitärs an einem Tag 41 albanische Männer in Cuska (Qyshk), 19 Männer in Zahac (Zahaq) und 10 weitere in Pavljan (Pavlan). Drei Überlebende berichteten davon, aufgereiht worden zu sein, um dann erschossen zu werden. Sie überlebten nur, weil sie sich unter den Körpern ihrer tödlich getroffenen Verwandten und Freunden verstecken konnten.
Nach gründlichen Überprüfungen benannte Human Rights Watch in dem Bericht „A Village Destroyed“ drei der Männer, die eindeutig in der Gegend der Verbrechen an diesem Tag verortet werden konnten. Wir wussten nicht, ob sie unter denjenigen waren, die die tötlichen Schüssen abgegeben hatten, aber mehrere Zeugen sagten aus, sie an den Tatorten gesehen zu haben.
Fünfzehn Jahre später, hat ein serbisches Kriegsverbrechergericht in Belgrad sein Urteil gesprochen. Neun Mitglieder der Einheit, die als „die Schakale“ identifiziert werden konnten, wurden vergangene Woche zu Freiheitsstrafen zwischen zwei und zwanzig Jahren verurteilt. Unter ihnen waren zwei der Männer, die in dem Human Rights Watch-Bericht genannt worden waren (der dritte von ihnen verstarb im Jahr 2005 in Argentinien).
Es ist eine große Genugtuung zu sehen, dass nun, nach 15 Jahren, Gerechtigkeit geübt wurde. Es ist zudem wichtig, dass diese Urteile von einem serbischen Gericht gesprochen wurden. Dies führt dazu, dass die Urteile in der Region einen größeren Nachhall finden und ihre intendierte Wirkung, weitere Verbrechen zu verhindern, gestärkt wird.
Allerdings sind die neun verurteilten Paramilitärs lediglich „kleine Fische“. Sie waren einfache Fußsoldaten in einer großangelegten und gut koordinierten Kampagne quer durch den Kosovo, der darauf ausgelegt war, ethnische Albaner gewaltsam zu vertreiben und zu töten. Cuska ist nur eines auf einer langen Liste von Dörfern, die durch serbische Truppen gewaltsam für immer verändert wurden.
Der damalige jugoslawische Präsident Slobodon Milosevic und fünf weitere führende Funktionäre mussten sich vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag für Kriegsverbrechen während des Kosovo-Krieges verantworten (vier von ihnen wurden verurteilt und Milosevic starb während des Verfahrens).
Es bleibt die Frage offen, was aus den Befehlshabern der Polizei- und Armee-Einheiten wird, die die Kampagne in Pec und anderen Orten am Laufen hielten.
Staatsanwälte und Gerichte in Serbien—und anderen Ländern der Region—sollten ihren Fokus erweitern, über diejenigen hinaus, die entweder ganz unten oder ganz oben in der Befehlskette standen.