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Audio Interview

Durch die politische Krise in Zimbabwe sind Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben worden, es kommt zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung, und das Land ist vom Rest der Welt isoliert. Die Bewohner von Zimbabwe haben praktisch keine Möglichkeit, eine angemessene Entschädigung für ihnen zugefügtes Unrecht zu erhalten.


© 2006 Patricia Williams
© 2006 Patricia Williams

Ausländischen Journalisten wird nur selten die Einreise ins Land gestattet. Human Rights Watch ist eine der wenigen internationalen Organisationen, die sich von der immer schlechter werdenden Lage im Land ein Bild machen konnten. Und es sieht wirklich düster aus …

Etwa drei Millionen Zimbabwer sind in das benachbarte Südafrika geflohen, wodurch die Stabilität der ganzen Region gefährdet ist. Niemand auf der Welt hat eine niedrigere Lebenserwartung als die Menschen in Zimbabwe: Nach Aussagen der Weltgesundheitsorganisation ist die durchschnittliche Lebenserwartung im Vergleich zum Jahr 2000, in dem sie noch bei 69 Jahren lag, um 50 Prozent gesunken: Sie beträgt derzeit 35 Jahre. Nach Angaben des Welternährungsprogramms sind bis zu vier Millionen Menschen dringend auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind. Mit einer Inflationsrate von etwa 7.000 Prozent steht Zimbabwe weltweit an erster Stelle.

Diese besorgniserregenden Zahlen verdeutlichen den Abstieg, den Zimbabwe seit der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft erlebt hat. Damals galt Zimbabwe als das erfolgreichste Land im südlichen Afrika. Trotz dieser Zahlen scheint die internationale Gemeinschaft jedoch nicht imstande zu sein, die Situation in Zimbabwe zu verbessern. Und selbst die schrecklichen Statistiken helfen wenig, wenn Menschen gegen den Machtmissbrauch der Regierung oder den Entzug des Wahlrechts vor Gericht klagen. Um diese Aufgaben kümmern sich Rechtsanwälte, und einer dieser Rechtsanwälte ist Arnold Tsunga.

Arnold Tsunga ist eine wichtige „Kontaktperson“ in Zimbabwe. Er leitet die Organisation „Zimbabwe Lawyers for Human Rights“, die Opfer von Menschenrechtsverstößen vor zimbabwischen Gerichten vertritt und sich für die Achtung der Menschenrechte einsetzt.

In Zimbabwe hat es schwerwiegende Konsequenzen, wenn man in politischen Fragen eine regierungskritische Meinung vertritt.

Arnold Tsunga war zunächst Anwalt für Handelsrecht. Sein Weg zu einem führenden Verteidiger der Menschenrechte begann im Jahr 2002 mit einem Schlag in den Magen. Er war gerade mit Kollegen unterwegs, um einen Klienten zu besuchen, als eine verzweifelte Frau ihr Auto anhielt. Als er sich mit der Frau unterhielt, näherten sich Soldaten und begannen, wahllos und ohne irgendwelche Erklärungen auf sie einzuprügeln. Tsunga und seine Begleiter wurden daraufhin in eine Polizeistation gebracht, wo sie erneut geschlagen wurden. Tsunga verlangte vom zuständigen Polizeibeamten, dass jemand die Verantwortung für diese grundlose Brutalität übernimmt.

„Auf dem Heimweg erkannte ich jedoch, dass sich ein Anwalt nicht zurücklehnen und ruhig bleiben kann, wenn der Rechtsstaat immer stärker angegriffen wird“, so Tsunga. An diesem Nachmittag nahm das Leben von Arnold Tsunga einen völlig neuen Verlauf. Seine Frau wunderte sich darüber nicht. Doch seine Kollegen rieten ihm, die Sache dabei zu belassen. „Sie waren der Meinung, ich mache einen riesigen Fehler“, erklärte uns Tsunga in einem Telefongespräch, das er von seinem Büro in Zimbabwe aus führte.

Tsunga ließ sich aber nicht abhalten. Inzwischen setzt er sich bereits seit vier Jahren für Opfer des autoritären Regimes von Robert Mugabe ein.

In einem 2006 im Wall Street Journal veröffentlichten Artikel erläuterte Tsunga seine Beweggründe und erklärte, welche Art von Arbeit er leistet. „Nachdem ich jahrelang als Fachanwalt für Handelsrecht in Mutare tätig war, wurde ich entführt, gefoltert und bedroht. Und das nur, weil ich Menschen verteidigt habe, die Herrn Mugabe im Weg standen. Meine Kollegen und ich wurden festgenommen und vor Gericht gestellt, weil wir versucht haben, die von der Regierung begangenen Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und öffentlich zugängliche Aufzeichnungen zu erstellen. Manchmal wurde ich gefragt, weshalb ich überhaupt versuche, mich innerhalb des Rechtssystems zu bewegen, wenn die Chancen auf Erfolg doch so schlecht stehen. Ich bin der Meinung, dass es noch immer eine Art von Gerichtssystem gibt und einige mutige Richter sich dafür einsetzen, dass die Herrschaft des Rechts auch weiterhin gilt. Sie stecken jedoch in Zwangsjacken und sind dringend auf Unterstützung angewiesen, um auch in Zukunft richtig handeln zu können.“

Tsunga ist auch Geschäftsführer der „Law Society of Zimbabwe“, Vorsitzender der „Zimbabwe Human Rights Association“ und einer der Treuhänder des privaten Radiosenders „Voice of the People“. Jede dieser Organisationen ist von der zimbabwischen Regierung ins Visier genommen und schikaniert worden. Tsunga befürchtet, dass diese schon viel zu lange andauernden Unterdrückungs¬maßnahmen tödliche Folgen haben könnten.

„Ich dachte, dass in Zimbabwe in ein oder zwei Jahren wieder eine gewisse Normalität herrschen würde. Es ist wirklich verblüffend, wie lange sich diese Regierung an der Macht halten kann“, meint Tsunga. „Wenn im Land nicht bald Veränderungen eintreten, besteht die Gefahr, dass es zu weit verbreiteter Gewalt mit verheerenden Auswirkungen kommt.“

Tsunga macht Mugabe dafür verantwortlich. „Mugabe war sehr glaubwürdig als Befreier“, erklärt er. „Aber irgendwann zwischen 2000 und 2002 haben wir erkannt, dass wir seine totalitären Tendenzen damit gerechtfertigt haben. Mugabe ist die Hauptperson, die hinter den systematischen Menschenrechtsverletzungen in unserem Land steht. Inzwischen wurde er zum Symbol des Bösen.“ Für Tsunga ist die Fähigkeit Mugabes, „das Böse dauerhaft aufrechtzuerhalten“, ein echter Schock.

In der Politik sieht er jedoch keine Möglichkeit, gegen Mugabe vorzugehen. „Ich habe keine politischen Ambitionen, möchte mich aber definitiv für die Gesellschaft einsetzen“, erklärt er uns. „Es motiviert mich, wenn ich beobachte, was um mich herum geschieht. Es könnte mich ja auch deprimieren, aber je stärker das System versucht, gegen Menschenrechtler vorzugehen und Menschen ihre Würde zu nehmen, desto stärker motiviert es mich. Ich möchte dazu beitragen, dass sich die Situation im Land zum Besseren wendet.“

Weitere Links:

Zimbabwe Lawyers for Human Rights (Englisch)

The Law Society of Zimbabwe (Englisch)

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