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(Moskau, 14. Juni 2007) – Die gewaltsamen Übergriffe auf friedliche “Gay Pride”-Demonstranten Ende Mai in Moskau zeigen den immer geringeren Respekt für die Menschenrechte in Russland, erklärten Human Rights Watch und die Europäische Sektion der „International Lesbian and Gay Association” (ILGA-Europe) in einem heute veröffentlichten Hintergrundbericht.

Anstatt die Menschen zu schützen, die für die Rechte Homosexueller protestieren wollten, hat die Moskauer Polizei mit Skinheads zusammengearbeitet, um die Demonstration aufzulösen. Beide Organisationen dokumentierten die Gewaltakte und forderten den rechtlichen Schutz der Versammlungsfreiheit für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle.

„Die Demonstranten versuchten, sich in den Straßen Moskaus zu versammeln. 20 von ihnen landeten dafür im Gefängnis”, so Scott Long, Direktor des Programms für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen bei Human Rights Watch, der das Geschehen in Moskau selbst miterlebte. „Die Gewalt und die Festnahmen machen deutlich, wie weit reichend die Bedrohung grundlegender Rechte im heutigen Russland ist.”

Am 27. Mai versuchten einige Dutzend Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, begleitet von russischen und ausländischen Sympathisanten, vor dem Moskauer Rathaus friedlich zu demonstrieren. Die Polizei nahm sofort mehrere der Veranstalter des Moskauer „Gay Pride”-Festivals fest, unter ihnen den Veranstaltungsleiter Nikolay Alexeyev, als diese dem Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow eine Petition überreichen wollten.

Dutzende Gegendemonstranten, darunter Skinheads, Nationalisten und Ultra-Orthodoxe, griffen die friedfertigen Aktivisten an. Ohne daran gehindert zu werden, schlugen und traten sie Lesben, Schwule und deren Sympathisanten - unter den teilnahmslosen Blicken der Bereitschaftspolizei. Informanten unter den schwulenfeindlichen Demonstranten zeigten offenbar auf bestimmte Personen, die die Polizei festnehmen sollte.

„Die Polizei ergriff eindeutig Partei für die Angreifer, nicht für die Opfer”, so Maxim Anmeghichean, Programmdirektor der europäischen Sektion von ILGA, der ebenfalls Zeuge der Vorfälle wurde. „Anstatt beide Gruppen zu trennen, trieb die Polizei sie zusammen, um die Angriffe anzuheizen. Sie sah zu, wie Demonstranten zusammengeschlagen wurden.”

Laut offiziellen Zahlen, die die Moskauer Behörden später veröffentlichten, wurden 18 Teilnehmer der Homosexuellen-Demonstration sowie zwölf Skinheads festgenommen. Die Polizei verhaftete auch den Bundestagsabgeordneten Volker Beck, den EU-Parlamentarier Marco Cappatto und einen Mitarbeiter des Europaparlaments.

Die meisten Festgenommenen wurden in der Nacht wieder freigelassen. Drei Mitveranstalter der „Moscow Pride”, Nikolay Alexeyev, Nikolay Khramov und Sergey Konstantinov, wurden angezeigt, da sie Anordnungen der Polizei missachtet hatten und auf der Straße gelaufen waren (nicht auf dem Bürgersteig).

Bei den Anhörungen Alexeyevs und Khramovs am 8. und 9. Juni weigerte sich der Richter, Beweismaterial der Verteidigung zuzulassen, und bezeichnete vorherige Aussagen von Volker Beck und Marco Cappatto zugunsten der Angeklagten als „frivol”. Khramov und Alexeyev wurden zu einer Geldstrafe von 1.000 Rubel (ca. 30 Euro) verurteilt. Konstaninovs Anhörung findet am 22. Juni statt.

In diesem Jahr wurden im Vergleich zum letzten Jahr dreimal mehr Menschen verhaftet, die die „Gay Pride” in Moskau feiern wollten. Beide Male verweigerte die Stadtverwaltung die Genehmigung für die Demonstration. Im Februar 2007 erklärte Bürgermeister Luschkow: „Im vergangen Jahr war Moskau wie nie zuvor unter Druck gesetzt worden, diese Parade zu erlauben, die sich mit keinem anderen Wort als satanisch beschreiben lässt. Wir haben damals nicht zugelassen, dass sie stattfindet, und wir werden es auch in Zukunft nicht tun.”

Im Verlauf des vergangenen Jahres haben Human Rights Watch und ILGA-Europa auch zunehmende Beschränkungen der Rechte von Lesben, Homo-, Bi- und Transsexuellen dokumentiert. Dazu gehören Versuche, die so genannte „Propaganda für Homosexualität” zu kriminalisieren.

In den letzten Monaten wurden auch friedliche Proteste der Oppositionsbewegung „Anderes Russland” regelmäßig von der Polizei aufgelöst, ihre Veranstalter bedroht und festgenommen. (mehr)

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