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"Wo deng si." Unsere Researcher hörten es ein ums andere Mal, wenn sie HIV-Infizierte und AIDS-Kranke in China interviewten: "Ich warte auf den Tod."

"Wo deng si." Unsere Researcher hörten es ein ums andere Mal, wenn sie HIV-Infizierte und AIDS-Kranke in China interviewten: "Ich warte auf den Tod."

In China weisen Krankhäuser routinemäßig AIDS-Patienten ab, weil das Personal befürchtet, sich selbst zu infizieren und weil befürcht wird, dass zahlende Kunden abgeschreckt werden. Also warten mindestens eine Million - und wahrscheinlich weitaus mehr - Menschen in China ohne jegliche medizinische Versorgung auf den Tod.

Offiziell tritt Chinas staatliche AIDS-Politik der Diskriminierung von Menschen, die mit HIV/AIDS leben, entgegen. Aber in der Realität werden diese Menschen häufig aus ihren Wohnungen gejagt, verlieren ihren Arbeitsplatz, wird der Zugang zu medizinischer Versorgung verweigert und haben keine Chance auf Entschädigung. Chinesische Krankenhäuser führen bei Patienten routinemäßig HIV-Tests durch, ohne diese zuvor darüber zu informieren. Ein Mitarbeiter gab gegenüber Human Rights Watch zu, dass sein Krankenhaus Arbeitgeber oder Familien anruft, um sie zu warnen, dass eine ihnen bekannte Person HIV-positiv ist.

Die AIDS-Stationen der Krankenhäuser könnten kaum abweisender sein. In einem Krankenhaus in Yunnan, in einem Gebiet mit hoher Infizierungsrate, mussten die Researcher von Human Rights Watch feststellen, dass die AIDS-Station mit einem Vorhängeschloss verschlossen war.

Ji, ein 19-Jähriger, den wir in Kunming, der Hauptstadt von Yunnan interviewten, sagte, er sei vor einem Jahr mit Gesundheitsproblemen in ein örtliches Krankenhaus gegangen, ohne zu wissen, dass er HIV-positiv war. Anschließend war er darüber informiert worden, dass eine Operation nötig sei. Als Ji eines Nachts auf einer Pritsche lag, wurde ihm unvermittelt und ohne weitere Erklärung gesagt: "Wir können Sie hier nicht behandeln." Später als Ji ein örtliches Gesundheitszentrum aufgesucht hatte, fand er die Wahrheit über seinen Zustand heraus. Jetzt leben Ji und andere Betroffene praktisch im Untergrund, ohne Zugang zu jeglicher Gesundheitsversorgung.

Sie verbergen ihre Symptome vor ihren Familien. Einige von ihnen tragen Schals und Hüte, um sich vor ihren Nachbarn zu verstecken. Sie ziehen von einer Gegend in die nächste, und fliehen vor Nachbarn und Vermietern, wenn diese herausfinden, dass sie HIV-positiv sind. Dann verkriechen sie sich in abgelegene, zwielichtige Unterkünfte, wo ihnen niemand zu Essen bringt, ihre Bettwäsche wechselt, geschweige denn menschliches Mitgefühl zeigt - und warten auf das Ende.

Peking hat eine offizielle Politik zur Verhinderung der Ausbreitung von AIDS. Aber die Diskriminierung im Gesundheitssystem führt zu einer gegenteiligen Entwicklung: HIV-Infizierte leben häufig am Rande der Gesellschaft, außerhalb des Zugriffs sowohl von Beratern als auch von anderen qualifizierten Hilfskräften, die die Verbreitung der Krankheit eindämmen könnten. Es gibt in China keine Gesetze gegen Diskriminierung aufgrund einer HIV-Erkrankung und keinen Regressanspruch für Menschen mit HIV/AIDS.

Peking hat sich in letzter Zeit positiv über HIV/AIDS geäußert. Es hat sogar die Bedeutung der Nichtdiskriminierung in nationalen Aktionsplänen anerkannt, obwohl solche Pläne keine rechtlich bindende Wirkung haben. Die Gesetzgeber in der Stadt Suzhou haben Bestimmungen verabschiedet, um die Rechte von Menschen mit HIV/AIDS zu schützen.

1989 meldete die Provinz Yunnan die landesweit ersten Fälle von HIV unter Drogenabhängigen. Die Epidemie breitete sich schnell nördlich entlang der Drogenschmuggelrouten aus. Während die AIDS-Epidemie in einigen anderen chinesischen Provinzen vertuscht wurde - insbesondere der Blutskandal, der zur Infektion chinesischer Bürger in sieben zentralen Provinzen geführt hat -, hat die aufgeschlossenere Regierung von Yunnan internationale Hilfsorganisationen unterstützt, innovative Projekte gegen die Ausbreitung von AIDS zu initiieren.

Aber HIV-Infizierte leben nach wie vor am Rande der Gesellschaft, so dass sie einige dieser Projekte nie erreichen. Wenn die Zentralregierung sich des Diskriminierungsproblems nicht annimmt - was eine fundamentale Menschenrechtsverletzung darstellt -, werden gutgemeinte AIDS-Projekte ihr Ziel verfehlen.

Die SARS-Epidemie zeigte, wie wichtig nationale Führung und ein leistungsfähiges Gesundheitssystem bei der Bekämpfung von Krankheiten dieses Ausmaßes sind. Es wird Zeit, dass Peking die gleiche Entschlossenheit auch bei der Unterstützung von HIV/AIDS-Patienten zeigt. Die neue politische Führung in Peking sollte Gesetze schaffen, die die Rechte von Menschen mit HIV/AIDS schützen, und Regierungsbehörden aufbauen, die Beschwerden über Diskriminierung nachgehen und diese bekämpfen. Die Regierung sollte ebenfalls weitaus mehr Mittel für AIDS-Aufklärung, Vorbeugung und Behandlungsprojekte zur Verfügung stellen. Um ein erfolgreiches Modell zu schaffen, sollte Peking die erfolgreichen Gesetze und Maßnahmen in Hongkong in Betracht zeihen.

In China besteht eine der schwersten HIV/AIDS-Epidemien der Welt. Einfach "auf den Tod zu warten", ist keine Antwort.

*Brad Adams ist Direktor der Asienabteilung von Human Rights Watch.

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