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Screenshot der Instagram-Seite der Journalistin Antoinette Lattouf. 2024 © Private

Hat eine Journalistin wirklich ihren Job verloren, weil sie Material von Human Rights Watch in den sozialen Medien veröffentlicht hat?

Das ist die Kernfrage, die wir heute Morgen in einem offenen Brief an die Australian Broadcasting Corporation (ABC), die nationale Rundfunkanstalt des Landes, stellen.

In den Medien wurde berichtet, dass die Journalistin Antoinette Lattouf gefeuert wurde, nachdem sie Inhalte von Human Rights Watch auf ihren privaten Social-Media-Account gestellt hatte.

Dabei handelte es sich um einen Repost des Instagram-Accounts von HRW, in dem es um die israelische Regierung ging, die im Gazastreifen das Aushungern als Methode der Kriegsführung einsetzt. Zu ihrem Posting fügte Lattouf eine einzeilige Zusammenfassung hinzu: "HRW berichtet über Hunger als Kriegswerkzeug".

Wie wir in diesem Newsletter bereits besprochen haben, ist das Aushungern als Waffe ein Kriegsverbrechen.

Der Sydney Morning Herald veröffentlichte eine Antwort der ABC, in der es heißt, Lattouf sei entlassen worden, "weil sie eine Anweisung der Vorgesetzten ignoriert und einen umstrittenen Social-Media-Beitrag von Human Rights Watch geteilt hat..." Die ABC sagte, Lattouf sei angehalten worden, während ihres fünftägigen Vertrags nicht über "kontroverse Themen" zu posten, aber sie habe sich angeblich nicht an diese Anweisung gehalten.

Das Bizarre an der ganzen Sache ist, dass die ABC selbst über den gleichen Bericht von Human Rights Watch berichtet hat, den Lattouf gepostet hat.

Der Vorfall hat in den australischen Medien einen Sturm ausgelöst, und einige ABC-Mitarbeiter haben sogar mit einem Streik zur Unterstützung ihrer Kollegin gedroht. Lattouf macht vor der australischen Fair Work Commission eine unrechtmäßige Kündigung geltend.

Wir überlassen es natürlich der Kommission, den gesamten Sachverhalt aufzuklären, aber wir möchten, dass die ABC eine umfassendere Erklärung abgibt: Hält der Sender eine sachliche Menschenrechtsberichterstattung wirklich für "umstritten"?

Wenn ja, wie meine Kollegin und HRW-Asien-Direktorin Elaine Pearson schreibt: "Das könnte einen abschreckenden Effekt auf australische Journalist*innen haben, die Menschenrechtsinhalte von seriösen Organisationen weitergeben."

Beunruhigenderweise haben wir bereits erfahren, dass einige ABC-Journalist*innen aus Angst vor einem Jobverlust ihre früheren Social-Media-Beiträge, in denen sie Inhalte von Human Rights Watch geteilt haben, gelöscht haben.

Das Konzept der freien Medien basiert auf dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung und anderen zentralen Menschenrechtswerten. Es ist die Grundlage des unabhängigen Journalismus. Wenn ein Medienunternehmen sachliche Menschenrechtsberichte als "umstritten" bezeichnet, sägt es an dem Ast, auf dem es sitzt.

Journalist*innen sollte es nicht nur erlaubt sein, sachliche Menschenrechtsberichte zu verbreiten, sondern sie sollten auch dazu ermutigt werden, dies zu tun. Niemand sollte deswegen bestraft werden.

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