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Türkei: Erneut scharfes Vorgehen gegen studentische Proteste

Regierung und Universitäten sollten abweichende Meinungen respektieren

Während der Proteste gegen die Ernennung des Rektors der Boğaziçi-Universität durch Präsident Recep Tayyip Erdoğan nimmt die Polizei eine Demonstrantin gewaltsam fest, am 1. April 2021 in Kadıköy, İstanbul. © 2021 Murat Baykara/Sipa via AP Images

Ein türkisches Gericht hat die Freilassung von zwei seit dem 4. Februar inhaftierten studentischen Demonstrierenden angeordnet. Şilan Delipalta und Anıl Akyüz wurden für die Teilnahme an einem nicht genehmigten Protest gegen Präsident Erdogans umstrittene Ernennung eines nicht gewählten Rektors an der türkischen Boğaziçi Universität im Januar verhaftet. Ihre Festnahme war Teil eines breiten Durchgreifens gegen studentische Proteste in der Türkei in diesem Jahr.   

Die Polizei hat auf friedliche Demonstrationen mit exzessiver Gewalt reagiert und seit Januar etwa 700 Demonstrierende festgenommen ­– von denen die meisten kurz darauf wieder freigelassen wurden. Mindestens fünf Studentierende wurden Berichten zufolge festgenommen, weil sie am 25. März LGBT-Fahnen trugen. Die jüngsten Bilder zeigen gewaltsame Verhaftungen von studentischen Demonstrierenden, von denen 35 am 1. April für einige Stunden festgehalten wurden. Die Polizei packte einige Studierende an der Kehle und warf sie zu Boden. Diese schockierenden Bilder zeigen die wachsende Intoleranz der Regierung gegenüber Studierenden, die die Ernennung von Rektor*Innen als Versuch der Erdogan-Regierung wahrnehmen, die Hochschulbildung zu kontrollieren.

Mindestens 12 Studierende saßen bereits in Untersuchungshaft und Dutzenden droht derzeit eine strafrechtliche Verfolgung wegen „Widerstands gegen polizeiliche Anordnungen“, „Verletzung des Demonstrationsgesetzes“ und „Aufstachelung zum öffentlichen Hass“, nur weil sie ihr Recht auf friedliche Versammlung wahrgenommen haben. Die Behörden haben Dutzenden weiteren Studierenden restriktive Maßnahmen auferlegt, darunter Hausarrest, Reiseverbote und gerichtlich auferlegte regelmäßige Meldepflichten bei der Polizeistation. Die Boğaziçi-Universität hat auch gegen Dutzende von Studierenden disziplinarische Untersuchungen eingeleitet und beschuldigt sie der „Beleidigung des Sicherheitspersonals auf dem Campus“ und der „Organisation von nicht genehmigten Protesten auf dem Campus“, was zu einem vorübergehenden oder dauerhaften Ausschluss von der Universität führen könnte.

Die türkischen Behörden sollten dringend ihre Politik der Unterdrückung friedlicher studentischer Proteste einstellen, die Rechte auf Versammlung und freie Meinungsäußerung respektieren und alle willkürlichen Anklagen und Sanktionen gegen Studierende wegen ihrer Beteiligung an den Demonstrationen fallen lassen.

Auch die Boğaziçi-Universität sollte die laufenden disziplinarischen Untersuchungen gegen Studierende einstellen und ihre Autorität nicht dazu missbrauchen, abweichende Meinungen auf dem Campus zu unterdrücken.

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