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Vor ein paar Wochen, am 21. Januar, traf ich mich mit Aktivisten aus Aserbaidschan und anderen Ländern bei einer Demonstration vor dem imposanten Amtssitz der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Während sich Merkel mit dem aserbaidschanischen Präsident Aliyev traf, wurde sie von Sprechchören der Demonstranten dazu aufgefordert, das Gespräch auf Menschenrechte zu richten.

Viele der aserbaidschanischen Aktivisten, die sich vor dem Kanzleramt versammelten, waren aus dem Land geflohen, da sie befürchteten, dass sie ihr Menschenrechtsaktivismus in eines der aserbaidschanischen Gefängnisse bringen würde. Ihnen war jedoch nicht bewusst, dass dieser friedliche Protest in Berlin schwerwiegende Konsequenzen für ihre Familien in Aserbaidschan nach sich ziehen würde.

Tural Sadigli, ein 31-jähriger Blogger, ist einer dieser Aktivisten. Am 13. Februar wurde sein älterer, in Baku lebender Bruder Elgiz, 37 Jahre alt, verhaftet und wegen des Besitzes von etwa 1,5 Kilogramm Marijuana angeklagt. Am nächsten Tag wurde er für zwei Monate in Untersuchungshaft genommen. Sollte er schuldig gesprochen werden, muss er mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 3 Jahren rechnen.

Besteht ein Zusammenhang zwischen der Demonstration und der Verhaftung? Er kann es nicht belegen, aber Sadigli ist überzeugt, dass die Beschuldigungen gegen Elgiz frei erfunden sind – ein politisch motivierter Versuch der Behörden, Angehörige von im Ausland lebenden Regierungskritikern zu schikanieren und zu verfolgen.

Human Rights Watch konnte viele Fälle in Aserbaidschan dokumentieren, in denen Aktivisten und deren Angehörige schikaniert werden -  mit dem Ziel, die Einzelnen dazu zu zwingen, ihren Aktivismus zu beenden. Unsere Ermittlungen dokumentierten auch, dass in vielen Fällen untergeschobene Drogen als Grundlage für gefälschte Tatvorwürfe dienten. Oftmals drehen sich die polizeilichen Vernehmungen in diesen Fällen mehr um den Aktivismus der Beschuldigten als um den tatsächlichen Drogenbesitz.

Sadigli zufolge passt der Fall seines Bruders perfekt in dieses Muster. Elgiz wurde in seinem Auto von der Polizei angehalten. Während der Fahrt im Polizeiauto bemerkte Elgiz wie ihm ein Polizeibeamter etwas –vermutlich Drogen- in die Tasche schob. Obwohl er es schaffte sie wegzuwerfen, schoben ihm Polizeibeamten erneut Drogen auf dem Polizeirevier unter und platzierten diese zusätzlich auch in seinem Auto.

Die Polizei vernahm auch Sadiglis 63-jährigen Vater, Alovsat Sadigli, und hielt ihn über Nacht fest. Sadigli erfuhr von ihm, dass die Polizei als Grund für beide Verhaftungen die Aktionen seines Sohnes in Berlin nannte.

Angehörige von anderen im Exil lebenden Aktivisten, die an den Protesten in Berlin beteiligt waren, wurden nach Informationen von Sadigli ebenfalls von der Polizei verhört. In zwei Fällen verloren Angehörige ihre Anstellung. Einem dieser Angehörigen wurde ein Bild von den Protesten in Berlin gezeigt.

Die Konsequenzen von Sadiglis Protest vor ihrer Haustür sollten Kanzlerin Merkel die Missachtung der Menschenrechte durch die aserbaidschanische Regierung deutlich machen. Sie sagte, dass sie die Menschenrechtsprobleme im Gespräch mit Aliyev angesprochen hat; jetzt hat sie allen Grund ihm mitzuteilen, dass eine solche Vergeltung absolut inakzeptabel ist und dass Elgiz Sadigli- und viele andere, die aufgrund einer politisch motivierten Anklage festgehalten werden - unverzüglich freigelassen werden sollten.

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