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(Osch, 12. Juni 2010) - Der UN-Sicherheitsrat soll der kirgisischen Regierung durch Sofortmaßnahmen helfen, die ausufernde Gewalt in Osch zu beenden und den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten, so Human Rights Watch. Human Rights Watch forderte die Entsendung von Truppen unter einem UN-Mandat, um die kirgisische Regierung beim Schutz der öffentlichen Sicherheit zu unterstützen und um zu verhindern, dass ethnische Gewalt, die seit dem 10. Juni in der süd-kirgisischen Stadt Osch wütet, auf andere Landesteile übergreift.

„Schwarzer Rauch verdunkelt den Himmel über Osch, die Menschen – in panischer Angst vor plündernden Gangs – verschanzen sich in ihren Häusern. Sie brauchen sofort Hilfe“, so Andrea Berg, Zentralasien-Expertin von Human Rights Watch. „Die kirgisische Regierung benötigt Unterstützung, um die Menschen vor ethnisch motivierten Vergeltungsakten zu schützen, sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen und ihnen gegebenenfalls die Flucht aus Osch zu ermöglichen. Doch ohne internationale Hilfe kann sie den Menschen keinen wirksamen Schutz bieten.“

Human Rights Watch-Mitarbeiter in Osch erhielten Berichte, wonach ganze Wohngebiete menschenleer seien, weil die Menschen vor den Angriffen geflohen seien. Aus verschiedenen Quellen erfuhr Human Rights Watch, dass bewaffnete Gangs usbekische Wohngegenden angreifen und dass zahlreiche Häuser, Geschäfte und Restaurants der usbekischen Minderheit in Brand gesetzt wurden. In der Hoffnung, Angreifer abzuschrecken, sollen manche Usbeken den Hilferuf „SOS“ auf ihre Häuser gemalt haben.

Bei Human Rights Watch gingen Telefonanrufe verängstigter Usbeken ein, die um Hilfe baten, um der drohenden Gewalt zu entgehen. Ein Mann aus dem Osten von Osch berichtete, das einzige zum Schutz seiner usbekisch bewohnten Nachbarschaft abgestellte Militärfahrzeug sei in der Nacht zum 12. Juni von einer kirgisischen Gang gekapert worden.

Es ist äußerst schwierig, sich innerhalb von Osch sicher zu bewegen oder die Stadt zu verlassen. Bewaffnete Gruppen auf beiden Seiten haben Straßensperren errichtet und lassen niemanden durch.

Die Gewalt scheint auch auf Dschalalabad, der 50 km von Osch entfernten Heimatstadt des im April entmachteten Ex-Präsidenten Kurmanbek Bakijew, übergegriffen zu haben. Dort lebt ebenfalls eine bedeutende usbekische Minderheit.

Die Ministerpräsidentin der kirgisischen Interimsregierung Rosa Otunbajewa appellierte an Russland, Truppen zu entsenden, um die Ordnung in Osch wiederherzustellen. Russland kündigte humanitäre Hilfslieferungen an, nannte die Auseinandersetzungen jedoch eine „interne“ Angelegenheit und lehnte die Entsendung von Truppen „vorerst“ ab. Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO), der Russland, Weißrussland, Armenien und fast alle zentralasiatischen Staaten angehören, wird sich am 14. Juni mit der Lage in Kirgisien befassen.

„Der UN-Sicherheitsrat soll eingreifen, bevor die ethnische Gewalt auf den Rest des Landes übergreift“, so Berg. „Russland lehnt die Entsendung von Truppen zwar vorerst ab, doch ein UN-Mandat könnte die Regierungen in Moskau und anderswo umstimmen.“

Zehntausende Angehörige der usbekischen Minderheit flohen an die usbekische Grenze, um dort Schutz zu suchen. Usbekistan hat die Grenze für Frauen, Kinder und Alte geöffnet. Human Rights Watch forderte die usbekische Regierung auf, den Hilfesuchenden die Einreise zu gestatten und die Grenze geöffnet zu halten. Obwohl kirgisische Staatsbürger für die Einreise nach Usbekistan kein Visum benötigen, hat Usbekistan seine Grenze nach der Entmachtung von Präsident Bakijew im April wiederholt geschlossen.

Human Rights Watch appellierte an die kirgisische Regierung, ihre Entscheidung zu überdenken, den Sicherheitskräften den Einsatz von tödlicher Gewalt zu erlauben. Human Rights Watch rief zudem alle Sicherheitskräfte auf, die UN-Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen sowie den Verhaltenskodex für Beamte mit Polizeibefugnissen einzuhalten. Diese verpflichten Vollzugsbeamte, Maßnahmen zum Schutz von Menschenleben zu ergreifen und tödliche Gewalt nur als letztes Mittel einzusetzen.

Die Ausschreitungen und Zusammenstöße zwischen usbekischen und kirgisischen Gangs waren am 10. Juni in der süd-kirgisischen Stadt Osch ausgebrochen. Die Gewalt dauert seither an und es kommt zu Schießereien, Brandstiftung und Plünderungen. Mindestens 75 Menschen wurden bereits getötet und Hunderte verletzt.

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