(New York, 18. Juni 2009) – Die iranische Regierung soll den Tod von mindestens sieben Demonstranten, die durch Polizei- und Militäreinheiten in Teheran umgebracht wurden, sofort untersuchen. Zudem soll die exzessive Gewalt gegen friedliche Demonstranten in der Hauptstadt und in anderen Städten beendet werden, so Human Rights Watch.
Am 16. Juni 2009 berichtete das iranische Staatsradio, dass in der vorangangenen Nacht bei einer Demonstration in Teheran sieben Menschen starben. Die Demonstranten protestierten gegen den angeblichen Wahlbetrug bei den Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni, aus denen nach offiziellen Angaben Mahmoud Ahmadinedschad als Sieger hervorgegangen war. Laut dem Bericht wurden die Opfer erschossen, als Demonstranten versuchten, eine Militärstation anzugreifen. Die Regierung nannte die Kundgebung Hunderttausender Menschen ein „unerlaubtes Zusammenkommen“.
„Die Anwendung von Gewalt gegenüber friedlichen Demonstranten diskreditiert Iran in den Augen der Welt - nichts anderes“, sagte Sarah Leah Whitson, Direktorin der Abteilung Naher Osten von Human Rights Watch.
Nach internationalem Recht ist Iran dazu verpflichtet, die Koalitionsfreiheit zu gewährleisten. Dies fordert etwa Artikel 21 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, der auch von Iran ratifiziert wurde.
Seit den Wahlen vom 12. Juni hat die Regierung immer wieder verschiedene Kommunikationskanäle gesperrt, inklusive des Mobiltelefonnetzes sowie Diensten für die Übertragung von Textnachrichten (SMS) mit der offensichtlichen Absicht, die Mobilisierung von Demonstranten zu verhindern.
Ein Informant berichtete Human Rights Watch aus dem Rasool-e-Akram Krankenhaus in Teheran, dass neun Menschen nach den Protesten vom 15. Juni gestorben seien, drei davon seien im Koma und 40 weitere in einem kritischen Zustand. Weitere Verletzte seien in andere Krankenhäuser gebracht worden, darunter das Meymanat, Shariati, Shahriar, Eghbal und Imam Khomeini Krankenhaus. Bisher gibt es keine Informationen, was den Zustand der betroffenen Personen betrifft.
Einige Zeugen berichteten Human Rights Watch, dass am 16. Juni Spezialeinheiten der Polizei auf den Straßen Teherans Personen wahllos attackiert hätten, die sich in der Nähe der Kundgebung für die Reformkandidaten aufhielten, welche nach offiziellen Angaben von Ahmadinedschad besiegt worden waren.
„Wir taten nichts anderes, als uns der Menge zu nähern”, sagte einer der Zeugen. „Die Polizisten wollten jenen Leuten Angst machen, die sich an der Demonstration beteiligen wollten.“
Human Rights Watch fordert die iranischen Behörden auf, bei der Überwachung der Demonstrationen durch Sicherheitskräfte die Einhaltung der UN-Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen sicherzustellen. Die Prinzipien besagen, dass Waffengewalt nur dann eingesetzt werden soll, wenn dies absolut notwendig ist - und selbst dann nur in geringstem Maße, um einen legitimen Zewck zu erreichen. Zudem fordern die Prinzipien eine effektive Berichterstattung und einen Überprüfungsprozess, insbesondere bei Todesfällen und ernsthaften Verletzungen.
Das international kodifizierte Recht auf Leben, etwa Artikel 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, fordert eine wirksame und offene Untersuchung, wenn Staatsbeamte Mitschuld an Todesfällen tragen. Die Verantwortlichen, die an diesem Verbrechen mitgewirkt haben, sollen identifiziert und strafrechtlich verfolgt werden.