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Kriegsverbrecherverfahren auf nationaler Ebene in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien und Montenegro sind überschattet von ethnischer Voreingenommenheit, schlechter Vorbereitung der Fälle und anderen Faktoren, sagte Human Rights Watch heute in einem neuen Bericht. Da das Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien plangemäß seine Ermittlungen bis Ende dieses Jahres abschließt, fallen viele Kriegsverbrecherverfahren lokalen Gerichten im ehemaligen Jugoslawien zu, die nicht gerüstet sind, um dieser Aufgabe gerecht zu werden.

"Die Einrichtung von speziellen Kammern für Kriegsverbrechen, wie in diesen Ländern geschehen, ist zu begrüßen. Es bleiben jedoch Hunderte von Fällen in Kroatien und Bosnien, die vor ordentlichen regionalen Gerichten verhandelt werden müssen," erklärte Richard Dicker, Direktor des Programms für Internationale Justiz von Human Rights Watch. "Vor regionalen Gerichten herrscht Voreingenommenheit gegenüber ethnischen Minderheiten, Einschüchterung von Zeugen und fehlende Kooperation seitens der Polizei."

Der 31-seitigen Bericht: "Justice at Risk: War Crimes Trials in Croatia, Bosnia and Herzegovina, and Serbia and Montenegro," dokumentiert innerstaatliche Kriegsverbrecherverfahren ab dem Jahr 2000, die Verbrechen im Zusammenhang mit den bewaffneten Konflikten im ehemaligen Jugoslawien der 90er Jahre behandeln. Human Rights Watch war auch bei einigen dieser Verfahren Beobachter.

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle, die vor ordentlichen Gerichten verhandelt werden, insbesondere folgende Mängel aufweisen:

  • ethnische Voreingenommenheit auf Seiten der Richter und Staatsanwälte,
  • schlechte Vorbereitung der Fälle durch die Staatsanwälte,
  • unzureichende Kooperation der Polizei bei den Ermittlungen,
  • mangelnde Zusammenarbeit der einzelnen Staaten in Sachen Rechtshilfe,
  • fehlen eines Zeugenschutzprogramms,
  • Unsicherheit bei der Verurteilung von verantwortlichen Befehlshabern.

In Serbien und Montenegro werden alle betreffenden Fälle vor einer speziellen Kammer für Kriegsverbrechen des Belgrader Bezirksgerichtes verhandelt. Serbische Gerichte haben bisher nur wenige Kriegsverbrecherprozesse durchgeführt. Nur das Belgrader Bezirksgericht verfügt über Rechtsprechung in Fällen von Kriegsverbrechen.

"Es liegt an den Regierungen der drei Staaten, mit der Unterstützung der Europäischen Kommission, diese Probleme auszuräumen – nicht nur um geltendes Recht durchzusetzen, sondern auch in ihrem Interesse, EU-Mitglieder zu werden," sagte Richard Dicker. "Alle Staaten, die das UN-Kriegsverbrechertribunal unterstützt haben, haben auch ein echtes Interesse an erfolgreichen Verfahren in der Region selbst."

Human Rights Watch erklärte, dass Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte eine Grundbedingung für weitere Fortschritte in Richtung EU-Beitritt darstellten.

Als Teil des Plans zur Vollendung wird das UN-Kriegsverbrechertribunal seine Ermittlungen bis Ende des Jahres, die Verhandlungen bis 2008 und Berufungsverfahren bis 2010 abschließen. Kürzlich ist die Chefanklägerin des Tribunals dazu übergegangen, Fälle zurück an Gerichte in Kroatien und Bosnien zu verweisen, auch als Teil dieses Plans.

Human Rights Watch forderte die Regierungen im ehemaligen Jugoslawien auf, die Qualität der örtlichen Kriegsverbrecherprozesse zu erhöhen – durch das Erstellen von Zeugenschutzprogrammen, zwischenstaatlicher Zusammenarbeit bei der Ahndung von Kriegsverbrechen und Schulung sowie Unterstützung und Schutz für Richter und Staatsanwälte.

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