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Nigeria: Schießereien der Polizei verschlimmern die Gewalt in Kano

Polizei darf tödlichen Schusswaffengebrauch nur als äußerste Maßnahme anwenden

Nigerianische Polizeikräfte haben bei der Anwendung von tödlicher Gewalt möglicherweise duzende unrechtmäßige Morde unter dem Deckmantel der Wiederherstellung von Recht und Ordnung begangen, verkündete Human Rights Watch heute. Die Polizeikräfte wurden in die im Norden des Landes gelegene Stadt Kano entsandt, um den gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den muslimischen und christlichen Bevölkerungsgruppen ein Ende zu bereiten.

Glaubwürdigen Quellen vor Ort zufolge feuerte die Polizei am 13. Mai in eine Menschenmenge, wobei etwa 40 Personen zu Tode kamen und zahlreiche weitere verletzt wurden. Die selben Quellen berichteten ferner, dass die Polizeikräfte auch bei anderen Gelegenheiten tödliche Gewalt anwandten.

„Die nach Kano entsandten Polizisten wurden angewiesen, blindlings auf die Menschen zu schießen,“ erklärte Peter Takirambudde, Direktor der Afrika-Abteilung von Human Rights Watch. „In einer solch unbeständigen Situation sollte die Polizei versuchen, für Sicherheit zu sorgen und nicht noch mehr Menschen töten.“

Polizeiverstärkung wurde nach Kano entsandt, nachdem während Unruhen am 11. und 12. Mai, bei denen Moslems Angehörige der christlichen Bevölkerungsgruppe angriffen, unzählige Menschen ermordet wurden. Die Übergriffe waren ein Vergeltungsschlag für einen Angriff seitens der Christen gegen die moslemische Bevölkerung am 2. Mai in der Stadt Yelwa im Platau-Staat. Einige Hundert Menschen kamen beim Massaker von Yelwa ums Leben.

Die Täter in Kano verwendeten im Angriff auf die christlichen Bewohner der Stadt eine Reihe verschiedener Waffen - darunter Macheten, Messer, Dolche, Pfeile und Steine. Zeugenaussagen zufolge setzten sie keine Schusswaffen ein. Dennoch weisen viele der Toten und Verletzten Schusswunden auf. Quellen vor Ort glauben, dass diese von der Polizei zugefügt wurden. In mehreren Fällen bestätigten Augenzeugen, dass die Opfer von der Polizei beschossen wurden.

Polizeibeamte haben in öffentlichen Stellungnahmen zugegeben, dass die Polizei einige Menschen erschossen hat. Sie behaupteten jedoch, dass dies in Notwehr geschah.

Im Laufe der letzten drei Jahre hat Human Rights Watch ein ähnliches Schema von unrechtmäßigen, willkürlichen und außergerichtlichen Tötungen durch die Polizei im Anschluss an gewaltsame Ausschreitungen zwischen den Bevölkerungsgruppen in Plateau, Kaduna und anderen Staaten festgestellt. Einige der Opfer nahmen nicht einmal an den Ausschreitungen oder den gewaltsamen Handlungen teil.

In der Vergangenheit wurden keine der für die unrechtmäßigen oder außergerichtlichen Morde verantwortlichen Polizeibeamten zur Rechenschaft gezogen.

„Die Spannungen zwischen den beiden Gemeinden und die Vergeltungsschläge von beiden Seiten werden vermutlich andauern, bis die Drahtzieher dieser Gräueltaten zur Verantwortung gezogen werden,“ sagte Takirambudde.

Human Rights Watch forderte die nigerianische Regierung und die Polizeibehörden dringend dazu auf, den bei Unruhen in Kano und in anderen Orten eingesetzten Sicherheitskräften strenge Anweisungen zu geben, tödliche Gewalt nur als äußerste Maßnahme anzuwenden und alle anderen möglichen Mittel auszuschöpfen, um Verdächtige festzunehmen.

Alle Polizeibeamte müssen in den internationalen Standards, was die Strafverfolgung angeht, geschult werden. Dem Verhaltenskodex der Vereinten Nationen für Beamte mit Polizeibefugnissen zufolge haben Beamte „die Menschenrechte aller Personen zu wahren und zu verteidigen“ und „dürfen Gewalt nur anwenden, wenn dies unbedingt notwendig ist und nur in dem Maß, wie es die Ausübung ihrer Pflichten erfordert“. Die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen besagt, dass Beamte, wenn der rechtmäßige Einsatz von Gewalt und Schusswaffen unabwendbar ist, Zurückhaltung zu üben, Schaden und Verletzungen auf ein Mindestmaß zu beschränken und das menschliche Leben zu achten und zu wahren haben.

Darüber hinaus beschreiben die Prinzipien der Vereinten Nationen hinsichtlich der wirksamen Prävention von außergerichtlichen, summarischen und willkürlichen Hinrichtungen die Maßnahmen, die Regierungen im Falle von unrechtmäßigen Tötungen zu treffen haben wie z.B. eine gründliche, sofortige und unparteiische Untersuchung der Vergehen und die Verpflichtung, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Human Rights Watch hat seine Forderung an die nigerianische Regierung und die Justizbehörden wiederholt, die für die Organisation und die Ausführung der Morde in Kano und Plateau-Staat Verantwortlichen zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen.

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