Kinder, die sich im Unterricht nur schwer konzentrieren können, weil sie tagsüber nur einen kleinen Pausensnack gegessen haben, die ihre Hausaufgaben bei Kerzenlicht oder mit der Taschenlampe ihres Handys machen, weil es keinen Strom gibt, oder die Mühe haben, die Unterrichtssprache zu verstehen, weil sie sie nicht gut sprechen.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass wir das Bildungssystem in einem Land beschreiben, das nicht die Mittel hat, um allen Kindern eine kostenfreie und leicht zugängliche Bildung zu ermöglichen. Aber das ist hier nicht der Fall.
Hier geht es um Kinder, die in einem der reichsten Länder der Welt zur Schule gehen, nämlich in Frankreich. Genauer gesagt, im Übersee-Department Mayotte.
Mayotte liegt im Indischen Ozean, nordwestlich von Madagaskar, und ist eines von Frankreichs 13 Überseegebieten, die aus der Kolonialzeit stammen. Es ist der ärmste Teil Frankreichs.
Seit Jahren müssen die meisten Kinder in Mayotte aufgrund der unzureichenden Anzahl an Lehrkräften und Klassenräumen in Schichten unterrichtet werden, manche am Morgen, andere am Nachmittag.
Erschwerend zur ohnehin schon schlechten Situation kam hinzu, dass ein Zyklon die Inseln im vergangenen Dezember verwüstete und viele Schulen und Häuser zerstörte.
Anstatt Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass so viele Kinder wie möglich in dieser schwierigen Lage eine Schule besuchen können, verlangen die Gemeinden von Mayotte - die für die Grundschulbildung zuständig sind - oft, dass die Familien bestimmte Dokumente vorlegen, aus denen ihre Adresse hervorgeht, was für diejenigen, die in inoffiziellen Siedlungen leben, schwierig oder unmöglich sein kann.
Die Zahlen sind eindeutig: Bis zu 9 Prozent der Kinder im schulpflichtigen Alter in Mayotte waren im Jahr 2023 nicht eingeschult. Das ist nicht akzeptabel, vor allem nicht in einem so wohlhabenden Land wie Frankreich.
Die französischen Abgeordneten werden nächste Woche über einen Gesetzentwurf beraten, der den Wiederaufbau von Mayotte vorsieht. Elvire Fondacci von HRW erklärt dazu: „Dies ist eine Gelegenheit, jahrzehntelange Unterinvestitionen, Missmanagement und anhaltenden Mangel an politischem Willen zu korrigieren.“
Das Recht auf Bildung für alle Kinder in Frankreich zu gewährleisten, ist in Mayotte nicht optional, nur weil es ein Überseegebiet ist.