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Während Frankreich den Ausnahmezustand verlängern will, durch den die Menschenrechte untergraben werden, und Großbritannien weiter massenhaft überwacht, hat das höchste deutsche Gericht am 20. April 2016 ein Machtwort gesprochen und gesagt: „Es reicht“.

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, 15. März 2016.  © 2016 Reuters

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das „BKA-Gesetz“ teilweise verfassungswidrig ist. Das Gesetz erteilt dem Bundeskriminalamt Überwachungsbefugnisse. Aber ihm fehlen Schutzvorschriften, die gewährleisten, dass das Recht jedes Individuums auf Privatsphäre und das Interesse des Staates, potenzielle Verbrechen zu verfolgen, sorgfältig ausbalanciert werden. Bestimmte Befugnisse seien nicht angemessen begrenzt, so das Gericht, etwa die, Gespräche aufzuzeichnen und überwachte Personen zu fotografieren, Abhörgeräte zu installieren oder Computer aus der Ferne zu durchsuchen. Zum Beispiel war es nicht vorgesehen, dass solche Maßnahmen richterlich überprüft werden können, um sicherzustellen, dass es gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, mit ihnen in die Privatsphäre eines deutschen Staatsbürgers einzugreifen.

Das Gericht beurteilte das Gesetz als zu vage und zu weit gefasst. Auch fehle es „an flankierenden rechtsstaatlichen Absicherungen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung oder zur Gewährleistung von Transparenz, individuellem Rechtsschutz und aufsichtlicher Kontrolle“. Darüber hinaus bleibe es unklar, wie und welche aus Überwachung generierte Daten an andere deutsche oder ausländische Behörden weitergegeben werden. Eine unabhängige Stelle sollte Datenübermittlungen überprüfen. Das Gesetz bleibt bis Ende 2018 eingeschränkt in Kraft.

„Man kann nicht die Freiheit verteidigen, wenn man sie opfert, obwohl es gar nicht nötig ist“, so Gerhart Baum, einer der Kläger. Der ehemalige Bundesinnenminister setzt sich seit Jahren für die Bürger- und Menschenrechte ein. Baum sagte den Medien, dass er nicht grundsätzlich gegen Überwachung sei, solange die Erfordernisse der Strafverfolgung und das Recht auf Privatsphäre gründlich abgewogen werden. Im ersten Artikel der deutschen Verfassung steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Es geht auch darum, die Menschenwürde und die Rechtsstaatlichkeit vor übermäßiger, massenhafter Überwachung zu schützen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière behauptete, das Urteil werde die Verfolgung von Terrorverdächtigen behindern. Baum aber unterstrich, dass die Behörden sehr viel über die Attentäter von Brüssel und Paris wussten und die Anschläge nicht verhindern konnten.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich erneut als erfolgreiche Verteidigerin der Menschenrechte positioniert - gegen überwachungswütige Behörden und Politiker. Und wieder einmal geht Deutschland beim Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter mit gutem Beispiel voran. Großbritannien und Frankreich sollten folgen.

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