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Jordanien: Unnötige Einschränkung der Zivilgesellschaft soll beendet werden

USA und EU sollen Finanzmittel an Schutz der Zivilgesellschaft binden

Jordanien soll seine Gesetze ändern, die die Versammlungsfreiheit und die Unabhängigkeit von Nichtregierungsorganisationen stark einschränken, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht.

In dem 42-seitigen Bericht „Shutting Out the Critics” fordert Human Rights Watch die Vereinigten Staaten und die Europäische Union dazu auf, Finanzmittel für Jordanien nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn das Land diese Gesetze ändert.

„Die jordanischen Behörden haben versprochen, die Zivilgesellschaft zu unterstützen. Stattdessen haben sie das Leben der Nichtregierungsorganisationen schwieriger gemacht”, erklärt Sarah Leah Whitson, Leiterin der Abteilung Naher Osten von Human Rights Watch. „Die Regierung verwendet restriktive Gesetze und Maßnahmen, um Bürger daran zu hindern, friedlich an öffentlichen Debatten über die Regierungspolitik teilzunehmen.”

Die jordanischen Behörden haben seit sechs Jahren restriktive Gesetze angewendet, um die Freiheit von Individuen und Organisationen stark einzuschränken, sich öffentlich zu treffen, sich zu organisieren und zu demonstrieren. Seit 2001 wendet die Regierung ein Gesetz zu öffentlichen Versammlungen an, das derartige Versammlung sehr weit definiert. Selbst Treffen zwischen zwei Personen in Privatwohnungen oder Büroräumen fallen darunter. Das Gesetz verpflichtet Organisatoren dazu, vor Versammlungen eine Genehmigung von den Behörden einzuholen, die diese ohne Möglichkeit auf Widerspruch verweigern können.

„Shutting Out the Critics” dokumentiert, wie die Behörden dieses Gesetz zunehmend genutzt haben, um die meisten Anträge auf regierungskritische Demonstrationen abzulehnen, wie zum Beispiel Anträge im Juni 2007 auf Demonstrationen gegen das Vorgehen Israels in den besetzen palästinensischen Gebieten. Die Regierung lehnte auch frühere Anträge für Demonstrationen gegen das Vorgehen der USA im Irak und gegen die Erhöhung der Benzinpreise ab. Der Bericht zeigt deutlich, dass die Behörden in letzter Zeit sogar noch weiter gegangen sind. Sie haben Nichtregierungsorganisationen (NGOs) verboten, sich in angemieteten Räumen zu treffen, um über eine Koalition zur Überwachung der Wahlen zu beraten.

Die Regierung ist in diesem Jahr mit zwei Gesetzesinitiativen hart gegen NGOs vorgegangen. Sie begrenzen deren Möglichkeiten, unabhängig zu handeln. Im April wurde die Arbeit von NGOs durch eine neue Verordnung unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt, die die Finanzierung durch ausländische und einheimische Geldgeber erschwert. Ein im Oktober eingereichtes Gesetz würde ausländische oder einheimische Spenden an NGOs verbieten, die nicht vorher durch die Regierung genehmigt wurden. Der Gesetzesantrag tastet jedoch die uneingeschränkte Machtfülle des Ministeriums für Soziale Entwicklung zur Überwachung und Beeinflussung von NGOs kaum an. Das Ministerium hat weiterhin das Recht, die Bildung von NGOs zu genehmigen, sie aufzulösen oder deren Geschäftsführung zu übernehmen.

Der Bericht dokumentiert mehrere Versuche der Regierung, unabhängige NGOs zu kontrollieren. Im Jahr 2006 übernahm die Regierung die Leitung der Islamic Center Society und der General Union of Voluntary Societies, zwei große und seit langem bestehende jordanische NGOs, anstatt lediglich diejenigen Mitglieder der Organisationen strafrechtlich zu verfolgen, denen Finanzvergehen vorgeworfen worden waren. Im Jahr 2007 hat die Regierung Druck auf eine NGO ausgeübt, ihre Satzung zu ändern, um die darin vorgeschlagene Menschenrechtsarbeit zu begrenzen. Diese Maßnahmen haben es für NGOs sehr viel schwieriger gemacht, unabhängig zu arbeiten und die Regierung zu kritisieren.

Die USA und die EU stellen mehr als 600 Millionen US-Dollar Finanzhilfe für Jordanien bereit. Beide Geber haben erklärt, dass sie die Entwicklung demokratischer Institutionen und die Stärkung der Zivilgesellschaft in Jordanien unterstützen wollen. Dennoch sind keine entsprechenden Mechanismen entwickelt worden, wie etwa zu erfüllende Auflagen bei der Verwendung der Finanzmittel, die sicherstellen, dass Jordaniens Gesetze und Vorschriften internationalen Standards zur Versammlung- und Vereinigungsfreiheit entsprechen. Die USA und die EU blieben tatenlos und stellten weiterhin Finanzhilfen für die Regierung bereit, obwohl deren Gesetze und Vorschriften zunehmend die Arbeit von NGOs beeinträchtigten. Dies unterminierte die finanzielle Unterstützung von lokalen NGOs, die immer weniger die Möglichkeit haben, unabhängig zu arbeiten.

„Es ist unangebrachte Philanthropie, dass die Vereinigten Staaten und die EU Jordanien dafür belohnen, die Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Gruppen einzuschränken”, erklärte Whitson. „Die USA und die EU sollen Gelder zurückhalten, bis die Regierung die unnötigen Restriktionen aufhebt.”

Die Einschränkung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit durch jordanische Gesetze verletzt den Geist der jordanischen Verfassung sowie internationales Recht. Artikel 16 der jordanischen Verfassung garantiert das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigung. Die Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der 2006 in Jordanien als Gesetz wirksam wurde, erlaubt nur geringfügige und begrenzte Einschränkungen dieser Rechte, die für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung, den Schutz der öffentlichen Gesundheit, der Moral oder der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Jordaniens weitgehende Einschränkungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit widersprechen diesen Kriterien.

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