Zum Beginn ihrer fünftägigen Europareise hat die US-Außenministerin Condoleezza Rice versucht, den Transport von Terrorverdächtigen in andere Länder als rechtmäßig darzustellen.
Rice betonte, dass die amerikanische Regierung Gefangene nicht in andere Länder transportiert habe, um sie zu foltern. Aber die Außenministerin vergaß dabei, dass die USA Häftlinge nach Ägypten und Syrien gebracht haben, wo Folter alltäglich ist. Die Anti-Folter-Konvention verbietet eine solche Praktik.
Auf die Bedenken europäischer Regierungen bezüglich der angeblichen Geheimgefängnisse in Europa ist Rice nicht eingegangen. "Condi Rice kann nicht verleugnen, dass es geheime Gefangenenlager gibt, da sie tatsächlich existieren", erklärte Tom Malinowski, Advocacy Director von Human Rights Watch in Washington. "Aber sie kann nicht sagen, wo sie sich befinden, weil das für die USA peinlich wäre. Außerdem brächte dies die betroffenen Länder in eine unmögliche Lage – doch das hätte sich die Bush-Regierung vorher überlegen sollen."
Rice äußerte sich nur zu alten Präzedenzfällen, bei denen Verdächtige an die USA zur Strafverfolgung ausgeliefert wurden. Sie verwies auch darauf, dass legale Verhörmethoden nicht immer angemessen seien. Tatsächlich transportiert die US-Regierung Verdächtige in andere Länder, um sie ohne Einmischung der Justiz unbegrenzt verhören zu können. "Die US-Außenministerin wollte den Anschein erwecken, als wären unrechtmäßige Überstellungen nur eine andere Form förmlicher Auslieferungsverfahren", kritisierte Malinowski. "Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Art Entführung und Verschleppung."
Rice betonte, dass die USA, falls nötig, Zusicherungen einholen, damit überstellte Personen nicht gefoltert würden. Laut Human Rights Watch sind diese Zusicherungen unwirksam. Die USA können aufgrund dieser Abmachungen Menschen nicht einfach in Länder senden, in denen sie sehr wahrscheinlich gefoltert werden. "Niemand glaubt ernsthaft, dass man sich auf Zusicherungen von Staaten wie Ägypten oder Syrien verlassen kann", so Malinowski.
Die US-Außenministerin hob hervor, dass die USA Verhöre nach den Richtlinien der Anti-Folter-Konvention durchführe. Sie verbieten grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlungen. Doch die US-Regierung hatte zuvor erklärt, dass diese Konvention nicht gelte, wenn sie Nicht-Amerikaner im Ausland verhört. Außerdem versucht sie, Folter sehr eng zu definieren. "Es ist allgemein bekannt, dass die CIA Gefangene schwer misshandelt", erklärte Malinowski. "Wenn die Bush-Regierung Foltervorwürfe zurückweist, hat das nichts zu bedeuten."
Human Rights Watch appellierte an die europäischen Regierungen, Rice zu den angeblichen Geheimgefängnissen zu befragen. Auch sollen sie mit der Europäischen Kommission und der EU kooperieren, die diesbezüglich Untersuchungen durchführen.